Der Europäische Gerichtshof (EuGH) hat sich mit dem teilweise eingeschränkten Zugang zu Onboard-Diagnose-Systemen (OBD) von Fahrzeugen befasst und die Praxis einiger Autobauer am 5. Oktober als rechtswidrig eingestuft. ZDK-Referent Dominik Lutter, Koordinator Daten und Digitalisierung, findet die neue Rechtslage begrüßenswert, wie er im amz-Interview erklärt. Die OEM müssten nun reagieren.
amz: Wie beurteilt der ZDK die aktuelle Rechtsprechung aus Luxemburg?
Dominik Lutter: Der ZDK begrüßt das jüngste EuGH-Urteil in der Rechtssache CarGlass/ATU vs. FCA als bedeutenden Schritt zur Förderung eines fairen Wettbewerbs im Kfz-Service, von dem letztlich die europäischen Verbraucher profitieren. Diese bedeutsame Entscheidung spiegelt das unerschütterliche Engagement des ZDK wider, gleiche Wettbewerbsbedingungen zu schaffen und einen gleichberechtigten Zugang zu Diagnose-, Reparatur- und Wartungsinformationen (RMI) und Fahrzeugdaten zu gewährleisten. Diese Grundsätze sind von grundlegender Bedeutung für die Erhaltung der Wettbewerbsfähigkeit von Reparaturdienstleistungen für die rund 60 Millionen Fahrzeuge von Verbrauchern und Unternehmen in Deutschland.
Wie geht es Ihren Einschätzungen zufolge nach dem Urteil beim Zugang zum Onboard-Diagnosesystem der Fahrzeuge weiter?
Dominic Lutter: Zunächst ist das Urteil für alle Fahrzeughersteller bindend und binnen zwei Wochen umzusetzen. Wie dies seitens der Fahrzeughersteller realisiert wird, ist aktuell noch vollkommen offen. Allerdings bleibt hier anzumerken, dass es ohne Cybersicherheitsmechanismen auch nicht geht. Der ZDK beobachtet die Situation genau.
Wie vollzieht sich die gegenwärtige Mehrmarkendiagnose-Praxis in freien Werkstätten Ihren Erfahrungen nach?
Dominik Lutter: Die Multimarkendiagnose ist für die Werkstätten unverzichtbar, da diese Tester eine breite Abdeckung für Diagnoseoperationen an vielen verschiedenen Marken und Modellen bieten. Der direkte OE-Zugang wird in erster Linie dort eingesetzt, wo der Multimarkentester an seine Grenzen kommt, beispielsweise bei der Codierung und Softwareanpassung. Durch das Gerichtsurteil sollen die Restriktionen für den Zugang zum Fahrzeug mit einem Multimarkentool verbunden mit hohen Kosten entfallen. Dies ist außerordentlich zu begrüßen und schafft einen Vorteil für die Werkstatt und letztlich für den Verbraucher.
Könnte das Urteil die gegenwärtige Geschäftspraxis der Hersteller gefährden, wonach der digitale Zugang freier Marktteilnehmer zu den Fahrzeug- und Diagnosedaten monetarisiert wird?
Dominic Lutter: Davon gehen wir nicht aus, da dies die aktuelle Gesetzeslage auch nicht zulässt. Der ZDK setzt sich aktiv für eine pragmatische Lösung ein, die einen sicheren Zugang gewährleistet und den Zugang marktverträglich gestaltet. Dazu gehört beispielsweise eine standardisierte Autorisierung nach dem SERMI-Schema.
In welchem Zusammenhang stehen der „Data Act“ und der aktuelle Richterspruch aus Luxemburg?
Dominic Lutter: Das EuGH-Urteil bezieht sich ausschließlich auf die Typgenehmigungsverordnung 2018/858. Der Data Act kann hier keine Rolle spielen, da er weder genannt wurde noch bisher in Kraft getreten ist.
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