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Die altehrwürdige Karosserie sattelt nach getaner Arbeit auf die „kundenspezifisch entwickelte, vollelektrische, aufrüstbare Bodenplatte mit Batteriesystem“ auf, so heißt es beim Bulli-Umrüster eClassics.
Foto: eClassics GmbH & Co.KG
Die altehrwürdige Karosserie sattelt nach getaner Arbeit auf die „kundenspezifisch entwickelte, vollelektrische, aufrüstbare Bodenplatte mit Batteriesystem“ auf, heißt es beim Bulli-Umrüster eClassics.

Retro wird Elektro

Retrofit: Upcycling oder Tabubruch?

Vom Old- zum „Volttimer“: Der Elektroantrieb macht auch vor klassischem Design nicht halt. Die Zahl der Umrüster, die den Motor der Zukunft mit automobilem Kulturgut vereinen, nimmt zu. Ein Streifzug.

Oldtimer-Messen entwickeln sich zum Tête-à-Tête für Aussteller, für die so mancher Liebhaber automobilen Kulturguts nur verächtliche Blicke übrig hat. Im Messegepäck von Anbietern wie Incari, Voltimer oder MLT Automotive sind umgerüstete Klassiker wie der DeLorean DMC-12, VW Käfer oder Citroën 2CV, besser bekannt als Ente. Der Originalzustand der Oldtimer ist passé, die Techniker haben herkömmliche Antriebskomponenten entfernt und durch den Elektromotor ersetzt. Was für die einen eine Art „Upcycling“ ist, daran nehmen die Wahrer der Tradition Anstoß.

Remade in Germany

Darf man das denn? Das fragte sich auch ein Autor von „Motor Klassik“ anlässlich einer Probefahrt im strombetriebenen Samba-Bus. Dem „Special Interest“-Magazin aus dem Verlag Motorpresse Stuttgart tritt man nicht zu nahe, wenn man es zu den kulturellen Gralshütern zählt. Dennoch lautete die Antwort vor gut drei Jahren „Ja, man darf“. Denn den Urhebern um die Firma eClassics GmbH & Co.KG ging es um die Bewahrung des T1-Busses.

Nach Angaben des Bielefelder Retrofitters arbeitet man mit Volkswagen zusammen. Die Volkswagen Group Components stelle Originalteile beispielsweise in Form des „E-Kits“ zur Verfügung: Antriebsstrang, Batterien und weitere Komponenten würden baugleich auch im ID.3 sowie ID.4 für den Vortrieb sorgen, heißt es von Seiten eClassics. Die Ausgangssituation beim Samba-Bus damals: Der an Bord befindliche Boxermotor hatte das Zeitliche gesegnet und wurde durch das „E-Kit“ ersetzt – eine Transplantation, die dem Kultmobil aber zum zweiten Leben verhalf.

So einfach ist das für eClassics, man sieht die eigene Entwicklung als lebensverlängernde Maßnahme: „Bei alten Autos bedeutet ein Motor- oder Getriebeschaden oft das Aus für das Fahrzeug, da Ersatz entweder gar nicht erst zu finden oder aufgrund der Seltenheit extrem teuer ist.“ Käfer, T1 oder T2 werden gegebenenfalls restauriert und im zweiten Schritt auf eine „kundenspezifisch entwickelte, vollelektrische, aufrüstbare Bodenplatte mit Batteriesystem montiert“, fertig sind „e-Käfer“, „e-Bus T1“ oder „e-Bus T2“.

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Einen Vorgeschmack auf die Nachrüstung klassischer Renault-Baureihen wie des R4 gab es auf der Rètromobile in Paris zu sehen.
Foto: jorisclerc.com
Einen Vorgeschmack auf die Nachrüstung klassischer Renault-Baureihen wie des R4 gab es auf der Rètromobile in Paris zu sehen.

„Ihr volt ihn doch auch“

Auch die Firma Voltimer hat eine VW-Spezialisierung und zeigte zur Stuttgarter Retro Classics das Umrüstpotenzial alter Käfer und Bullis. Die schwäbische Firma greift dabei nicht auf Kundenfahrzeuge zurück, sondern setzt auf Importe aus Amerika. Dort fuhren die Modelle länger vom Band und sind preiswerter zu bekommen, heißt es. Als Nachrüst-Akkus dienen ausrangierte Tesla-Packs. Mehrere 5,3-kWh-Module nehmen nach dem Umbau hinter der Rückbank oder anstelle des Tanks Platz.

Zur Frage nach dem passenden Leistungspaket hat Voltimer ein nettes Feature: Die Webadresse „ihr-volt-ihn-doch-auch.de“ bietet einen „Volt-O-Mat“ und potenziellen Kunden damit Entscheidungshilfe. Je nach Einsatzszenario darf es entweder der „City-Voltimer“, der „Country-Voltimer“ oder ein „Hobby-Voltimer“ sein. Der „City-Sparkäfer“ soll nach dem Umbau mit zwei Akkupacks rund 70 Kilometer weit kommen. Bei der „Country“-Variante reicht es für 140 Kilometer und den „Hobby“-Stromer gibt es für Alt-Bullis (Reichweite: 180 Kilometer).

Nicht nur deutsche Klassiker wecken Begehrlichkeiten: So hatte zur letztjährigen Retro Classics der „e-Lorean“ seinen Auftritt: Das Tech-Unternehmen Incari tat sich dafür u.a. mit dem französischen Unternehmen „Design 1880“ zusammen und präsentierte einen elektrifizierten und digitalisierten DeLorean DMC-12. Während die Integration des Elektromotors den Projektpartnern vorbehalten blieb, lag der Beitrag von Incari in der Digitalisierung des Fahrzeugcockpits – die Berliner rüsteten eine HMI-Schnittstelle nach. Mit diesem Ansatz bearbeiteten die Partner auch einen Fiat 500, der elektrifiziert und in puncto Ergonomie modernisiert wurde, gaben die Unternehmen im Februar 2022 bekannt.

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Auch Franzosen wertschätzen historische Fahrzeuge und fügen in diesem Kontext gerne eine Prise Nationalstolz hinzu: Was könnte französischer sein, als der Citroën 2C, dachte sich Mehari Loisirs Technologie Automotive (MLT) und wandelte die Ente zur „E-Classic“ um. Einer Mitteilung zufolge versuchte man sich zuerst am Citroën Méhari. Nach der geglückten „E-Story“ genannten Generalprobe baute MLT die auch im Freizeitmobil verbauten Lithium-Eisen-Phosphat-Akkus in die „E-Classic“ 2CV ein. Damit soll die Stromer-Ente 135 bis 250 Kilometer weit kommen, heißt es vom Unternehmenssitz in der Ardèche.

Auch Renault ist stolz auf die eigene Klassikersammlung. Hinzu kommt: Die Franzosen haben eine gewisse Tradition in der Elektromobilität. Was liegt also näher, als beides zu verknüpfen? In Kooperation mit R-Fit elektrifiziert Renault die Modelle R4, R5 und die erste Generation Twingo. Das E-Kit für den R4 ist seit Februar für Preise ab 11.900 Euro zu haben, heißt es in der Mitteilung. 

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Zurück in die Zukunft mit dem „e-lorean“: Incari kümmert sich um die Digitalisierung des DMC-12-Cockpits, während internationale Projektpartner zur Elektrifizierung des DeLorean beitragen.
Foto: Incari
Zurück in die Zukunft mit dem „e-lorean“: Incari kümmert sich um die Digitalisierung des DMC-12-Cockpits, während internationale Projektpartner zur Elektrifizierung des DeLorean beitragen.

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