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Reifenverschleiß 11. September 2023

Wenn es nicht mehr rund läuft

Oldtimer, Cabriolets oder teure Sportwagen werden im Vergleich zu Alltagsfahrzeugen nur wenig gefahren. Umso wichtiger ist ein regelmäßiger Reifencheck.

Bei der Demontage des Rades sollte immer auch der Reifen gecheckt werden, besonders seine Innenseite.
Bei der Demontage des Rades sollte immer auch der Reifen gecheckt werden, besonders seine Innenseite.

Egal, an welchem Fahrzeug Reifen montiert sind, sie unterliegen immer einem gewissen Verschleiß und müssen deshalb regelmäßig auf ihren Zustand hin kontrolliert werden. Doch was muss genau geprüft werden? Ein professioneller Reifencheck beginnt stets mit der Überprüfung des Profils. Stimmt die Fahrwerksgeometrie, Stoßdämpfer und der Luftdruck der Reifen, fährt sich dieser gleichmäßig ab? Wegen der allgemeinen Verbreitung von Antiblockiersystemen sind die so genannten Bremsplatten heute praktisch nicht mehr zu finden. Dann ist das Profil aufgrund einer Vollbremsung an einer Stelle meist handtellergroß stark abgerieben.

Die nach §36 StVZO gesetzliche Mindestprofiltiefe bei Pkw-Reifen beträgt über den gesamten Reifenumfang mind. 1,6 Millimeter. Um die Aquaplaninggefahr zu minimieren, sollten es aber nicht weniger als 3 Millimeter beim Pkw sein. Ist hingegen das Profil lediglich am inneren oder äußeren Rand abgefahren, sollte die Achse bzw. die Spur vermessen werden, da die Fahrwerksgeometrie (Nach- oder Vorspur, Sturz) nicht mehr stimmt. Zeigt der Reifen hingegen wellenförmige „Profil-Auswaschungen“, sind meist die Stoßdämpfer verschlissen oder die Reifen sind schlecht ausgewuchtet.

Der Gesetzgeber schreibt 1, 6 Millimeter Mindest-Profiltiefe vor, besser aber man wechselt schon bei 3 Millimeter.
Der Gesetzgeber schreibt 1, 6 Millimeter Mindest-Profiltiefe vor, besser aber man wechselt schon bei 3 Millimeter.

Innere Schäden

Ist der Profilverschleiß noch leicht zu überprüfen, wird es bei inneren Beschädigungen des Reifens schwieriger. Wurden die Karkasse oder der Gürtel aufgrund unsanften Bordsteinkontakts beschädigt, zeigt der Reifen an diesen Stellen oft leichte Beulen, da das im Gummi eingearbeitete Stützgewebe bzw. Metallgeflecht gebrochen ist. Ein Reifenplatzer ist dann nur eine Frage der Zeit. Gleiches gilt auch für Profil-Ausbrüche, die ebenfalls oft ihre Ursache im unsanften Bordsteinkontakt haben, aber auch Folgen von „Kavalierstarts“, harter Fahrweise oder zu geringem Reifenluftdruck sind. Wer solche Schäden im Profil findet, muss die Reifen sofort wechseln.

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Die Delle zwischen den beiden „B“ zeigt, hier ist die Karkasse wegen hartem Bordsteinkontakt gebrochen.
Die Delle zwischen den beiden „B“ zeigt, hier ist die Karkasse wegen hartem Bordsteinkontakt gebrochen.

Eine Frage des Alters

Doch auch unbeschädigte oder nicht verschlissene Reifen können aufgrund Überalterung verkehrsunsicher sein. Verdächtig sind hier Reifen mit geringen Jahreslaufleistungen, da sie auch nach vielen Jahren nicht an ihre Verschleißgrenze kommen. Mit zunehmenden Alter verringert sich sogar noch ihr Verschleiß. Was zunächst paradox klingt, erklärt aber der Umstand, dass dem Gummi mit der Zeit die Weichmacher verloren gehen. Die Folge: Der Reifen härtet völlig aus. Das hat sicherheitsrelevante Folgen, denn die Haftungseigenschaften gehen als Folge der Verhärtung verloren. Dies bemerkt man übrigens zuerst bei nasser und später dann auch bei trockener Fahrbahn durch ein unpräzises, schwammiges Fahrverhalten in Kurven. Kfz-Profis sollten daher das Alter der Reifen am Kundenfahrzeug routinemäßig kontrollieren.

Doch nicht jeder ältere Reifen muss gleich entsorgt werden. Um den Zustand eines Reifens richtig beurteilen zu können, muss man jedoch wissen, welchen Alterungsprozessen Reifen unterliegen und welche Einflüsse besonders schädlich sind. Neben betriebsbedingten Belastungen (Verformungskräfte) sind es vor allem physikalische und chemische Prozesse, wie UV-Licht, Frost oder Hitze, die einen Reifen altern lassen, egal, ob er gefahren wird oder nicht. Vor allem Ozon verursacht zusammen mit dem UV-Licht der Sonne und dem Luft-Sauerstoff eine unterschiedlich starke Mikrokristall- und Clusterbildung bei zusätzlicher Weichmacherdiffusion in der Reifenmischung.

Einfach ausgedrückt: Die Reifen verspröden und werden hart. Kommt dann noch (Regen-) Wasser und der Kontakt mit reaktiven Metallen wie Kupfer oder Zink dazu, beschleunigt sich der Alterungsprozess noch. Dies liegt vor allem an den im Regenwasser gelösten Säuren (Schwefelsäure). Die Gummi-Versprödung zeigt sich dann in Form von kleinen Rissen an den mechanisch hochbelastenen Stellen des Reifens wie der Profil-Flanke). Durch diese kann dann Wasser oder Feuchtigkeit in den Reifen eindringen und im Inneren bei Stahlkarkassen Rost verursachen. Das schwächt den Reifen zusätzlich, bis hin zum Reifenplatzer.

Die Zersetzung des Gummis (besonders durch Ozon) erkennt man im Frühstadium daran, dass sich die Reifenoberfläche gräulich verfärbt. Auch riecht der Reifen dann bereits charakteristisch sehr bitter. Das gelegentliche Riechen am Reifen kann also tatsächlich helfen, einen beginnenden Reifenschaden rechtzeitig zu erkennen.

Alterung stoppen

Natürlich kennen die Reifenhersteller diese Probleme und mischen deshalb dem Gummi so genannte statische und dynamische Alterungsschutzmittel bei. Die ersteren bewirken an der Reifenoberfläche einen Wachsfilm, der Ozonrisse verhindert. Die dynamischen Mittel sind Antioxidantien, die mit Ozon und Sauerstoff reagieren und diese so für den Gummi unschädlich machen.

Wer Reifen über längere Standphasen was Gutes tun möchte, kann sich nach den Vorgaben von DIN 7716:1982-05 (Richtlinie für Lagerung, Wartung und Reinigung von Gummierzeugnissen) oder ISO 2230:2002-04 (Produkte aus Gummi - Leitlinie für die Lagerung) richten. Demnach sind Reifen (auch Kompletträder) stets kühl (< 25°C), trocken, sauber und vor Sonnenlicht oder starkem künstlichen Licht geschützt einzulagern. Zu beachten ist auch, dass sich keine Öle, Fette, Lacke oder Kraftstoffe im unmittelbaren Umfeld der Reifen befinden, da direkter Kontakt oder Ausdünstungen das Gummi angreifen können.

Der UV-Schaden an diesem Oldtimerreif en ist so stark, dass sich das aufvulkanisierte Profil bereits ablöst.
Der UV-Schaden an diesem Oldtimerreif en ist so stark, dass sich das aufvulkanisierte Profil bereits ablöst.

Gleiches gilt für elektrische Geräte. Sie können, wie Sonnenlicht, Ozon produzieren, das besonders schädlich für Gummi ist. Steht ein Fahrzeug länger im Freien, sind die Reifen zumindest mit einer lichtundurchlässigen Plane zu schützen. Um Verformungen (Standplatten) vorzubeugen, ist das Fahrzeug zudem aufzubocken und der Luftdruck um ca. ein bar zu erhöhen.

Bleibt noch zu klären, wie lange Reifen am Fahrzeug verbleiben dürfen, bevor sie aus Altergründen (nicht wegen Verschleiß) gewechselt werden müssen. Der BRV (Bundesverband Reifenhandel und Vulkaniseur-Handwerk e.V.; siehe: https://www.bundesverband-reifenhandel.de/verbraucher/sicherheitstipps/) empfiehlt, Reifen, die älter als 10 Jahre sind, nur dann noch zu fahren, wenn sie durch einen Reifenexperten auf ihre weitere Verwendungsfähigkeit untersucht wurden. Dieser kann auch zuverlässig sagen, ob Profil, Lauffläche und Gummi noch sicher sind (abweichende Empfehlungen der Reifenhersteller sind hier zu beachten).

An der Reifenflanke ist der Hinweis auf das Produktionsdatum zu finden.
An der Reifenflanke ist der Hinweis auf das Produktionsdatum zu finden.

Reifenalter

Das Reifenalter erkennt man an der so genannten DOT-Nummer (DOT: Department of Transportation = US-amerikanisches Verkehrsministerium) auf der Reifenflanke. Sie wird wie folgt gelesen:

DOT 385

Die ersten beiden Ziffern „38“ geben die Kalenderwoche an, in der der Reifen hergestellt wurde; die Ziffer „5“ gibt das Jahr der Herstellung an, in diesem Fall 1985, da keine Zusatzkennung „“ (= Winkel, Dreieck, oder Stern), verwendet wird. Mit Zusatzkennung neben der dreistelligen DOT-Nummer wurde der Reifen in den 1990er Jahren produziert.

DOT 0915

Seit dem Jahr 2000 haben Reifen eine 4-stellige DOT-Nummer. Zum Beispiel: DOT 0915. Die ersten beiden Ziffern geben wieder die Kalenderwoche an, also hier die 09. Woche. Die 3. und 4. Ziffer geben das Jahr an, in unserem Beispiel das Jahr 2015.

Häufig steht das Reifenalter nur auf einer Seite des Reifens!

 

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