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Energiekosten sparen 19. September 2022

Kostenfalle Druckluftsystem

Druckluft ist als Betriebsstoff in Kfz-Werkstätten unverzichtbar, aber nur mit hohem Energieaufwand herzustellen. Ein Autohaus in Hanau hat mit geschickter Planung der neuen Druckluftanlage kräftig an der Kostenschraube gedreht.

Auf dem übersichtlichen Display des Kompressors kann der Betriebsinhaber schnell alle Informationen abrufen.
Auf dem übersichtlichen Display des Kompressors kann der Betriebsinhaber schnell alle Informationen abrufen.

Radwechseltag, kurz nach halb acht. An allen Hebebühnen rattern fast  pausenlos die Schlagschrauber, mit lautem Zischen und abschließendem Knall schnalzen im Minutentakt neue Reifenwulste über den Felgenhump. Durch vielen Werkstätten dröhnt dazu, je nach baulicher Gegebenheit, noch ein lautes Wummern – hier arbeitet ein Kolbenkompressor unter permanenter Volllast. Mit etwas Glück liefert das am Limit laufende Aggregat die nötige Druckluft. Doch oft genug kommt es zu ungewollten Pausen und Verzögerungen, weil der Druck nicht reicht. Spätestens jetzt muss sich der Betriebsinhaber näher mit seinem Druckluftnetz beschäftigen.

Meist schlechte Datenlage

Es geht um viel Geld, denn Druckluft ist eine praktische, aber auch teure Energieform. Nur etwa ein Zehntel des vom Kompressor verbrauchten Stroms steht als nutzbare Kraft am Vierkant eines Schlagschraubers zur Verfügung. Der Rest verschwindet in Kfz-Betrieben als meist ungenutzte Wärme oder fällt der fleißigsten Mitarbeiterin anheim – der Leckage. Sie kennt keine Pause, Urlaub oder Krankheit und arbeitet sogar rund um die Uhr, wenn der Inhaber das nächtliche Absperren des Druckluftnetzes vergisst.  

Ein Löchlein mit 1 mm Durchmesser erzeugt einen zusätzlichen Leistungsbedarf von fast einem halben Kilowatt. Übers Jahr verschwinden so bei einem Kilowattstundenpreis von aktuell  37 Cent gut 1.000 Euro aus des Inhabers Geldbeutel. Das mag Betriebe mit einer  großen Photovoltaikanlage auf dem eigenen Dach vielleicht weniger hart treffen, doch bei allen normalen Stromkunden wird es bei diesem Preis perspektivisch kaum bleiben.

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Trotzdem erntet man auf die Frage nach den Energiekosten des Kompressors in den meisten Autohäusern (mangels Zwischenzähler) allzu oft nur ein bedauerndes Schulterzucken. Das könnte sich bald bitter rächen, denn fast dreiviertel der Gesamtbetriebskosten entfallen auf den Energiebedarf, die Anschaffungskosten sind eher nebensächlich.

50 Prozent Ersparnis

Thilo Emge und Thomas Maurer, die Geschäftsführer der „Autohaus am Hafen GmbH“  in Hanau, haben dieses Problem erkannt und mit einem neuen Schraubenkompressor gelöst. Für die Konzeption der Druckluftanlage griffen sie, auch wegen der bei näherer Betrachtung erheblichen Komplexität des Themas, auf die Hilfe von Heiko Kritz zurück. Er ist Gebietsverkaufsleiter der Firma Schneider Druckluft GmbH und untersuchte im Vorfeld des anstehenden Umzugs die bestehende Druckluftanlage am alten Standort.

Ein Absperrhahn verhindert unnötige Leckageverluste über Nacht.
Ein Absperrhahn verhindert unnötige Leckageverluste über Nacht.

Dort sorgte laut Thomas Maurer „als Interimslösung“ ein Kolbenkompressor eines Drittherstellers für den nötigen Druck. Genaue Daten für seinen alten Betrieb hat Maurer mangels Zwischenzähler allerdings nicht parat. Heiko Kritz hingegen kann mit aufschlussreichen Zahlen dienen. „Im alten Betrieb kostete ein Kubikmeter Druckluft gut vier Cent, der Neue hier am Standort schafft das für 2,1 bis 2,2 Cent. Wir haben durch den neuen Schraubenkompressor die Energiekosten für Druckluft halbiert“, erklärt Kritz. Das ist ein mehr als deutliches Statement in Zeiten sich überschlagender Energiepreise.

Besser den Profi fragen

Das Grundkonzept für ihr neues Autohaus und die Ausstattung der Werkstatt mit acht Mitarbeitern haben sich Thilo Emge und Thomas Mauer selbst ausgedacht. Die Feinplanung von beispielweise der zentralen Motorölversorgung oder der Druckluftanlage überließen sie dann aber doch lieber den einschlägigen Experten. „Wir brauchen Druckluft und wir können Autos reparieren – aber wir wissen nicht, wie man eine Druckluftleitung berechnet“, gibt Thilo Emge unumwunden zu.

Diese weise Einsicht teilen leider nicht alle Werkstattinhaber und bauen selbst. Das Ergebnis sind oft ineffiziente Installationen, die spätestens in den saisonalen Stoßzeiten zu Frust bei den Mechanikern und nachfolgend der Werkstattkunden führen. Typisches Erkennungszeichen: Ein aus purer Luftnot viel zu hoch eingestellter Leitungsdruck. Das vergrößert massiv die Leckageverluste und erhöht exponentiell den Verschleiß aller angeschlossenen Endgeräte.

Die Rohrleitungsdosen des AIRnet Stecksystems kann der Anwender mit unterschiedlichen Anschlussdeckeln ausstatten und so genau auf seine Anforderungen anpassen.
Die Rohrleitungsdosen des AIRnet Stecksystems kann der Anwender mit unterschiedlichen Anschlussdeckeln ausstatten und so genau auf seine Anforderungen anpassen.

Großer Durchmesser – wenig Druckabfall

Hier in Hanau dagegen präsentiert sich die von Schneider Airsystems konzeptionierte Anlage effizient und praktisch. Herzstück ist ein „AirMaster“ Schraubenkompressor mit 7,5 kW Leistung und integriertem Kältetrockner, der platzsparend direkt auf dem 500 Liter fassenden Luftkessel sitzt. Auch unter Volllast ist er auffällig leise, 64 dB(A) verrät ein Blick in den Prospekt. Er steht zusammen mit den Tanks der Motorölzapfanlage in einem gut belüfteten und dank großer Deckenhöhe auch recht voluminösen separaten Raum neben der Werkstattzufahrt. 

Die getrocknete und gefilterte Luft findet ihren Weg mühelos durch eine mit 24 Millimeter großzügig dimensionierte Alurohrleitung in die Werkstatthalle sowie die separate Direktannahme. In der Werkstatt selbst übernimmt eine unter der Decke verlaufende Ringleitung die druckverlustarme Zuleitung zu den einzelnen Entnahmestellen. Diese sind mit Stichleitungen an die Ringleitung angekoppelt.

Hier dominiert in charakteristischem Blau das „Airnet“-Stecksystem von Schneider Airsystems. Es lässt sich schnell und unkompliziert verlegen, eine spätere Erweiterung von Rohrleitungsdosen und Leitungen soll problemlos möglich sein. Nur eine Wärmerückgewinnung sucht man vergeblich, laut Heiko Kritz rechnet sich eine solche Anlage bei der aus heizungstechnischer Sicht geringen Verlustwärmemenge des hier installierten Kompressors (noch) nicht.

Wenn der Anwender die Schallschutzhaube öffnet kann er alle regelmäßig zu wartenden Filter gut erreichen.
Wenn der Anwender die Schallschutzhaube öffnet kann er alle regelmäßig zu wartenden Filter gut erreichen.

Installieren und vergessen?

Viele Betriebsinhaber widmen ihrer Druckluftanlage nicht die nötige Aufmerksamkeit. Der Wartungsaufwand der bei guter Pflege recht langlebigen Kompressoren ist meist gering, und so segelt eine leidlich funktionierende Anlage oft unter dem Radar der Aufmerksamkeit. Im Lauf der Jahre expandiert so manche Werkstatt, und der alte Kompressor rödelt dann an der Kapazitätsgrenze vor sich hin. Viele vergessen das Leitungssystem zu pflegen – und merken nicht, wie viel Geld sie täglich in die Luft blasen. Kleine Leckagen sind oft schwer oder gar nicht zu hören, kosten aber trotzdem viel Geld. 

Abhilfe ist in beiden Fällen einfach: Die Profis der Schneider Druckluft GmbH überprüfen sowohl das Leitungsnetz auf Leckagen wie auch komplette Anlagen ob der Kompressor noch wirtschaftlich arbeitet. Ein neuer Kompressor ist oft günstiger als man denkt.  Das Bundesamt für Wirtschaft und Ausfuhrkontrolle (BAFA) fördert viele energieeffiziente Modelle mit bis zu 40 Prozent der Anschaffungskosten. Auch für effizientere Luftverteilsysteme gibt es Zuschüsse. Doch Eile ist geboten, Ende 2022 laufen die Förderungen aus. (Ottmar Holz)

BAFA-Förderung

Hinweis: Jede Maßnahme bedarf eines eigenen Antrags, der beim Bundesamt für Wirtschaft und Ausfuhrkontrolle zur Prüfung eingereicht werden muss. Die Entscheidung, ob ein Projekt eine Förderung erhält, obliegt dieser Institution.

Was ist förderfähig?

  • Energieeffiziente Kompressoren – öleingespritzt und ölfrei, mit und ohne Drehzahlregelung
  • Trockner, die den neuen Kompressor ergänzen
  • Übergeordnete Steuerungen
  • Planungs- und Installationskosten (anteilig) Wärmerückgewinnungssysteme in Druckluftanlagen
  • Ultraschallmessgeräte zur Leckagebestimmung   

Voraussetzungen der Förderung

Schraubenkompressoren:

  • Das Druckniveau liegt zwischen 3 und 15 bar
  • Die spezifischen Leistungswerte müssen die BAFA Vorgaben in Abhängigkeit des Druckniveaus und der Nennleistung erreichen (Richtlinie Einzelmaßnahmen, Seite 10, Tabelle 4); gemessen nach ISO 1217 Annex C und den dort genannten Toleranzen
  • Bei drehzahlgeregelten Kompressoren gilt die spezifische Leistungsaufnahme im Bestpunkt

Wärmerückgewinnungssysteme:

Die thermische Rückgewinnungsleistung muss mindestens 70 % der elektrisch aufgenommenen Leistung des Kompressors im Nennbetrieb entsprechen

(Stand 09/2022)

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