Direkt zum Inhalt
Elektromobilität 15. September 2023

Billigere Batterien für E-Autos

Schwindende Kaufkraft und steigende Rohstoffkosten setzen die Hersteller von Elektroautos weltweit unter Druck. Das macht preiswerte Batteriekonzepte attraktiv, die vor kurzem noch als zu leistungsschwach für Fahrzeuganwendungen galten.

Neue Verfahren sollen die Traktionsbatterien billiger machen
Neue Verfahren sollen die Traktionsbatterien billiger machen

Kleiner, schneller, weiter – auf diese kurze Formel könnte man die Batterieentwicklung für Elektroautos in den vergangenen Jahren bringen. Im Trend lagen immer kompaktere, leistungsfähigere Batterien, die in immer kürzerer Zeit aufgeladen werden konnten und zu mehr Reichweite führten. Doch mit der weltweiten Masseneinführung von E-Mobilen bahnt sich ein Paradigmenwechsel an. Statt Performance bekommen die Kosten stärkeres Gewicht in der Batteriezellentwicklung. Bei heutigen Lithium-Ionen-Batterien, deren Kathode aus exotischen Materialien wie Nickel, Mangan und Kobalt (NMC-Zelle) oder Nickel, Kobalt und Aluminium (NCA) besteht, entfällt allein ein Drittel der Gesamtkosten des Elektrofahrzeugs auf die Batterie. Und dieser Anteil könnte künftig weiter zunehmen, denn die Rohstoffkosten für NMC- und NCA-Zellen steigen kontinuierlich. 2022 betrug der Preis von Li-Ionen-Batterien mit dieser Zelltechnologie im Durchschnitt 151 Dollar/kWh – im Vergleich zum Vorjahr eine erhebliche Steigerung von etwa sieben Prozent. Hinzu kommen Probleme, die mit dem oftmals umweltschädlichen Abbau der Rohstoffe und den schlechten Arbeitsbedingungen in den Minen vor Ort sowie geopolitischen Spannungen mit den Exportländern zusammenhängen.

LFP-Batterie

Aufgrund der unkalkulierbaren Kostensteigerungen und der fortlaufenden Lieferprobleme bei den Li-Ionen-Rohstoffen rüsten immer mehr Automobilhersteller insbesondere Fahrzeuge des Einsteigersegments mit einfacheren Lithium-Ferrophosphat(LFP)-Batterien statt Li-Ionen-Batterien aus. Als Kathodenmaterial wird bei LFP-Zellen billiges und weltweit problemlos verfügbares Lithium-Eisenphosphat eingesetzt. Das macht das Batteriesystem bis zu 20 Prozent preisgünstiger und damit bedeutend wirtschaftlicher für die Automobilhersteller. Da ist es nicht verwunderlich, dass das Einsatzvolumen von LFP-Batterien zuletzt sprunghaft angestiegen ist. Derzeit sich schon mehr als 30 Prozent aller weltweit neuzugelassenen Elektro-Pkw damit ausgerüstet, Tendanz stark steigend.

Vorreiter waren die beiden großen Hersteller Tesla und BYD. Zwischenzeitlich setzen aber auch andere Unternehmen LFP-Zellen ein oder planen diesen Schritt. Beispielsweise hat Volkswagen erklärt, LFP-Batterien für das Einstiegssegment der Fahrzeugpalette anbieten zu wollen. Es ist davon auszugehen, dass im Jahr 2025 die Modelle ID.1 und ID.2 damit ausgerüstet werden. Ebenso soll der Einsatz in den neuen EQA- und EQB-Baureihen von Mercedes-Benz erfolgen, die ab 2024 auf den Markt kommen. Ähnliche Pläne verfolgen Stellantis (Peugeot, Citroen, Opel, Fiat) und Ford.

Ad

Die Technologie der LFP-Zellen ist seit Jahren bekannt und hat sich in vielen Einsatzbereichen bewährt, nur für die Nutzung im Fahrzeugbereich wurde sie nicht weiterverfolgt, weil das System eine vergleichsweise geringere Energiekapazität aufweist. Derzeitige LFP-Zellen liegen bei einer Energiedichte von rund 200 kWh/kg, 20 Prozent unterhalb üblicher Werte von NMC- oder NCA-Zellen.

Weiterentwicklungen der LFP-Zelle umfassen eine Zumischung von bis zu 75 % Mangan zum Lithium-Eisenphosphat (sogenannte LMFP-Zelle). Das führt zu einer Erhöhung der Zellspannung von heute 3,3 Volt auf mehr als 4 Volt, sodass die Nachteile gegenüber den anderen Zellchemien kompensiert werden könnten. Allerdings muss dabei gewährleistet sein, dass die Ionen-Leitfähigkeit in der Kathode nach wie vor ausreichend hoch ist und das Material trotz des hohen Mangananteils stabil bleibt. Berichten zufolge wird Tesla die in China produzierte Neuauflage des Model 3 mit einer LMFP-Batterie des chinesischen Batterieherstellers CATL ausrüsten. Angeblich soll damit ein Batteriepack mit 66 kWh Kapazität möglich sein – im aktuellen Model 3 und Model Y ist eine 60-kWh-LFP-Batterie verbaut. In Zusammenhang mit künftigen Lieferungen an Tesla wird derzeit auch über die sogenannte M3P-Zelle von CATL spekuliert. Genaue Details hat der Batteriehersteller noch nicht verlautbart, aber offenbar wird Eisen in der Kathode teilweise durch Metalle wie Magnesium, Zink oder Aluminium ersetzt. Nach CATL-Angaben soll die Zelle dadurch soll zehn bis 20 Prozent mehr Energiedichte als konventionelle LFP-Zellen bieten. Damit wäre die M3P-Zelle auf dem Leistungsniveau heutiger NMC-Zellen.

Der Ford Mustang Mach-E wird künftig auch mit LFP-Batterie ausgeliefert.
Der Ford Mustang Mach-E wird künftig auch mit LFP-Batterie ausgeliefert.

Natrium-Ionen-Batterie

Eine weitere Alternative zur herkömmlichen Li-Ionen- bietet die Natrium(Na)-Ionen-Batterie. Statt Lithium wird hier Natrium als Kathodenmaterial eingesetzt. Aus chemischer Sicht ist Natrium dem Stoff Lithium in den Grundeigenschaften sehr ähnlich. Nachteil einer Na-Ionen-Batteriezelle ist die potenziell geringere volumetrische Energiedichte. Die Erklärung für dieses Phänomen liefert ein Blick in die Atomstruktur: Na-Ionen sind rund 30 Prozent größer als Li-Ionen, sodass bei identischem Elektrodenvolumen weniger Atome als Ladungsträger eingelagert werden können. Der Vorteil der Na-Ionen-Technik ist die große Vielfalt an einsetzbaren Anoden- und Kathodenmaterialien und -strukturen. Das eröffnet vielfältige Möglichkeiten für die individuelle Anpassung der Zelleigenschaften und schafft großes Potenzial für künftige Weiterentwicklungen. Als Kathodenmaterialien werden verschiedene Na-Ionen enthaltende Materialien wie Phosphate und Diphosphate erforscht, beispielsweise Natriumeisenphosphat (NaFePO4). Eine andere Möglichkeit aufgrund ihrer chemischen Zusammensetzung bietet die anorganische Verbindung Preußisch Blau, eher bekannt als Pigment zum Färben von Jeansstoffen. Für die Anode können unter anderem ungeordnete Kohlenstoffstrukturen oder Zinn eingesetzt werden.

Vorangetrieben wird die Entwicklung von Na-Ionen-Batterien derzeit vor allem durch China. Dort erhofft man sich eine größere Unabhängigkeit von Rohstofflieferungen für Li-Ionen-Batterien. Zudem sind die Rohstoffe für Na-Ionen-Batterien weltweit preiswert verfügbar. Erste serienmäßige Na-Ionen-Zellen haben chinesische Unternehmen für Ende 2023 angekündigt. Die spezifische Energiedichte dürfte bei 160 kW/h liegen. Allerdings sind weitere Steigerungen sehr wahrscheinlich. CATL verspricht eine künftige Energiedichte von 200 kW/h, damit läge die Na-Ionen- gleichauf mit einer heutigen LFP-Zelle.

Die Beispiele der LFP- und Na-Ionen-Zelle zeigen, dass es viele Wege gibt, die Batterien und damit die Elektrofahrzeuge von morgen preiswerter zu machen – nur gleichzeitig hohe Performance wird sich in den nächsten Jahren aber wohl nicht realisieren lassen. Die Schere bei der Batterieentwicklung wird daher künftig weiter aufgehen: Auf der einen Seite stehen preiswerte und relativ leistungsschwache Batterien für den Massenmarkt, auf der anderen Seite High-Tech-Batterien für hohe Leistungsanforderungen und ultraschnelles Laden.

TIPP: Sie interessieren sich für Reparaturtipps, technische Hintergründe und nützliche Werkzeuge? Der amz.de-Newsletter informiert Sie zweimal wöchentlich. Jetzt gleich anmelden!

 

Passend zu diesem Artikel