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Partikelmessung 4. September 2023

„Aufrüstung mit PN-Messtechnik lohnt sich bereits ab 100 AU pro Jahr“

Zum 1. Juli ist die Partikelmessung für Euro-6-Fahrzeuge in Kraft getreten. Harald Hahn, Leiter des Fachbereichs Diagnose und Abgasmessgeräte im ASA-Bundesverband, zieht im amz-Interview ein positives Fazit.

Zum 1. Juli ist die Partikelmessung in den Werkstätten angekommen. 
Zum 1. Juli ist die Partikelmessung in den Werkstätten angekommen. 

Herr Hahn, wer ist der typische Kunde für PN-Geräte? Sind es vor allem Prüforganisationen? Fabrikatsgebundene Autohäuser? Freie Werkstätten?

Harald Hahn: Die Prüforganisationen haben sich frühzeitig auf die Situation eingestellt und Geräte bei den Herstellern bestellt, die auch weitgehend ausgeliefert sind. Der Handel hat sich ebenfalls frühzeitig um die Beschaffung gekümmert. Zwischen fabrikatsgebundenen und Freien Werkstätten sind keine Unterschiede feststellbar, da in der Regel auch fabrikatsgebundene Werkstätten nicht mehr zentral über den Fahrzeughersteller bestellen.

Vor dem Hintergrund, dass der Bestand an Dieselfahrzeugen der Schadstoffklasse Euro 6 begrenzt ist: Ab welcher Werkstattgröße macht die Investition in ein Partikelmessgerät der neuen Generation betriebswirtschaftlich Sinn? Gibt es entsprechende Kennzahlen oder zumindest Empfehlungen dazu?

Harald Hahn: Ganz grob kann man sagen, dass bei Weiternutzung der bestehenden AU-Station sich die Aufrüstung mit PN-Messtechnik bereits ab 100 AU pro Jahr lohnt. Muss die Werkstatt eine komplett neue AU-Station auch für 4-Gas und Diesel inkl. PN-Messtechnik kaufen, steigt die Amortisationsgrenze auf ca. 150 AU pro Jahr. In diesen Kosten ist nicht nur die Anschaffung enthalten, sondern auch die Wartung, Kalibrierung und weitere Nebenkosten wie Schulung, AU-Solldaten etc. Eine durchschnittliche Werkstatt führt im Jahr im Mittel ca. 350 AU pro Jahr durch. 

Welcher Aufwand muss bei den Partikelmessgeräten für Wartung, Kalibrierung, Softwareupdates etc. betrieben werden? Mit welchen jährlichen Kosten ist in etwa zu rechnen?

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Hier gibt es unterschiedliche Umsetzungsszenarien: Das beginnt bei einer einfachen Kalibrierung, setzt sich fort mit einer Wartung mit Kalibrierung oder einem Voll-Servicevertrag inkl. Wartung, Kalibrierung, Gewährleistung oder Tausch. Von daher sind die Preise nicht vergleichbar und hängen sehr stark vom jeweiligen Leistungsumfang des gewählten Servicepakets ab.  

Harald Hahn: „Gemessen an der Dimension eines komplett neuen Messverfahrens verlief die Einführung nach Aussage der Gerätehersteller und der Prüfstützpunkte relativ reibungslos.“
Harald Hahn: „Gemessen an der Dimension eines komplett neuen Messverfahrens verlief die Einführung nach Aussage der Gerätehersteller und der Prüfstützpunkte relativ reibungslos.“

Seit dem 1. Juli wird bei der AU die PN-Messung bei Euro 6/VI-Diesel-Fahrzeugen durchgeführt. Wie sind die bisherigen Erfahrungen? Gab es technische, organisatorische oder sonstige Probleme bei den bisher durchgeführten Prüfungen?

Harald Hahn: Gemessen an der Dimension eines komplett neuen Messverfahrens verlief die Einführung nach Aussage der Gerätehersteller und der Prüfstützpunkte relativ reibungslos. Nach etwa zwei Wochen waren die Anfragen an den Hotlines wieder auf dem Niveau wie vor der Einführung. Dies zeigt, dass offenbar alle sehr gut vorbereitet waren.

Wieviel Geräte sind bereits im Feld und wann schätzen sie ist der Markt abgedeckt?

Harald Hahn: Mit Ende Juli wurden in Summe ca. 28.000 Partikelzähler produziert und nach ISO 17025 kalibriert. Alleine im Juli wurden nach unserer ASA-Statistik etwa 4.000 Geräte verkauft. Wir gehen davon aus, dass die nächsten Monate noch auf einem hohen Niveau bleiben werden und sich zum Jahresende die Stückzahlen „normalisieren“.  

Hat man in den Betrieben im Umgang mit der neuen Prüfung Anwendungsschwierigkeiten festgestellt? Wenn ja, welcher Art waren/ sind die?

Harald Hahn: Die PN-Messung an sich hat am wenigsten Probleme bereitet. Sehr positiv wird über den einfacheren Ablauf berichtet, da die Messung im Leerlauf erfolgt und keine aufwändigen Gasstöße mehr durchzuführen sind. Die meisten Probleme lagen im Bereich der Installation der SW, Bluetooth-Anbindung und OBD-Kommunikation bzw. ganz allgemeinen Anfragen zum PN-Verfahren.  

Wie viele PN-Messungen wurden seit dem 1. Juli schätzungsweise durchgeführt? Mit wie vielen Prüfungen rechnen Sie künftig insgesamt pro Monat?

Harald Hahn: Die Anzahl der Prüfungen dürfte aktuell weit über 500.000 liegen. Bezogen auf den aktuellen Fahrzeugbestand Euro 6/VI werden im Durchschnitt ca. 400.000 PN-AU pro Monat durchgeführt.  

In Belgien deckten die PN-Messungen schon nach den ersten Wochen auffällig viele Fehler (häufig ausgebaute/ defekte Partikelfilter) an Euro 6/VI-Dieselfahrzeugen auf. Liegen von den PN-Messungen in Deutschland schon zusammenfassende Ergebnisse vor?

Harald Hahn: Der Zeitraum ist noch zu kurz um zuverlässige Aussagen zu den Ergebnissen zu treffen. Im September soll es erste Aussagen auch zu den in den Prüfungen festgestellten Auffälligkeiten geben.  

Mitte 2021 hat man zur Einführung der PN-Messung eine Taskforce gegründet, die für eine reibungslose Einführung der Prüfung zum 1. Juli sorgen sollte. Welche konkreten Ergebnisse hat diese Taskforce erarbeitet und werden diese Einfluss auf künftige Einführungsprozesse für neue Prüfverfahren haben?

Harald Hahn: Ziel der Task Force Arbeitsgruppe war, frühzeitig Engpässe bzw. Schwachstellen zu erkennen und Maßnahmen einzuleiten. In den Meetings, die alle zwei Monate stattfanden, wurden Themen wie Stand der Baumusterprüfung, Stand der Akkreditierungen der Kalibrierlabore, Inverkehrbringung der Geräte (ModulD/F) sowie die Liefersituation durchgesprochen und berichtet. Alle Projektteilnehmer hatten so immer einen guten Überblick über die Gesamtsituation und wussten genau, wo Engpässe bestanden. Diese Vorgehenseise dürfte entscheidend dafür gewesen sein, dass trotz aller Widrigkeiten die Einführung zum 1. Juli relativ reibungslos verlief und keine weitere Terminverschiebung für den Start der Partikelmessung erforderlich war.

Ist die Arbeitsgruppe mit Einführung der PN-Messung aufgelöst?

Harald Hahn: Die Arbeitsgruppe soll vorerst bis Ende 2023 die weitere Einführung begleiten. Falls die eine oder anderer Problematik noch auftreten sollte, dann wird darüber berichtet und in der Folge daraus Maßnahmen abgeleitet.

Was werden künftig die Aufgaben der Taskforce sein? 

Harald Hahn: Der eigentliche Zweck ist mit Einführung der PN-Messung erfüllt. Für künftige neue Aufgaben wäre wiederum eine neue Task Force Gruppe zu etablieren. Der ASA kann diese Vorgehensweise nur begrüßen.

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