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Abgassensorik 30. Januar 2024

Anfälliger Abgas-Schnüffler

Die Vorschriften für Fahrzeugemissionen werden immer strenger. Seit der Euro-5-Norm kommen daher NOx-Sensoren zum Einsatz, um die Stickoxidemissionen des Fahrzeugs zu messen. Doch der Sensor stellt die Werkstatt in der Praxis regelmäßig vor Probleme.

Der NOx-Sensor ist nicht mehr wegzudenken – verursacht aber häufig Probleme in der Werkstatt.
Der NOx-Sensor ist nicht mehr wegzudenken – verursacht aber häufig Probleme in der Werkstatt.

Die aktuelle Euro-6d-Norm schreibt einen Ausstoß von höchstens 80 mg/NOx (Stickoxide) pro Kilometer für Dieselfahrzeuge vor, beim Benziner sind es 60 mg. Um den Ausstoß zu überwachen, verbauen die Fahrzeughersteller die NOx-Sensoren zur Detektion der Stickstoffverbindungen. Diesel-Motoren sind dabei die größten Emittenten im innerstädtischen Verkehr, weshalb moderne Motoren sowohl im Lkw als auch im Pkw-Bereich mit SCR-Reinigungsanlagen ausgestattet sind, die den NOx-Ausstoß deutlich reduzieren. Doch die Technik hat ihre Tücken: Die Sensoren reagieren empfindlich auf Störungen in ihrem Umfeld und stellen so selbst gestandene Diagnosetechniker vor Herausforderungen.

Aufbau und Funktion des Sensors

Der eigentliche Sensor besteht aus einer Keramik, in der aus verschiedenen Schichten „gebacken“ wird – inklusive Heizung und Pumpkammer. 
Der eigentliche Sensor besteht aus einer Keramik, in der aus verschiedenen Schichten „gebacken“ wird – inklusive Heizung und Pumpkammer. 

Um jedoch die Probleme verstehen zu können, wollen wir zunächst auf den Aufbau eingehen: Technisch ist der NOx-Sensor eng mit der Lambdasonde verwandt: Eine mit Zirkoniumoxid beschichtete Keramik ermöglicht es, den Sauerstoffgehalt im Abgas durch eine veränderte Ausgangsspannung zu messen. Der Stickstoffgehalt wird im Steuergerät anschließend indirekt über den Sauerstoffgehalt errechnet und in PPM (Parts per million) an das Motorsteuergerät weitergegeben. Die Umrechnung der des Sauerstoffgehalts erfolgt im NOx-Steuergerät, welches typischerweise am Unterboden in Sensornähe befestigt ist.

Da in die Umrechnung noch weitere Faktoren einfließen, ist das Steuergerät via CanBus in das Fahrzeugbordnetz eingebunden. Während dem Benziner ein NOx-Sensor zur Abgaskontrolle reicht, bedarf es beim SCR gleich zweier Sonden: Eine vor dem SCR-Kat, die den tatsächlichen NOx-Ausstoß motornah erfasst, und ein nachgeschalteter Sensor, der hinter dem SCR-Kat den dort reduzierten Ausstoß misst und entsprechend die AdBlue-Einspritzung steuert.

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Schuld ist meist das Umfeld

Auch wenn NOx-Sensoren selbst relativ neu sind, so ist die Technologie dahinter in Form von Breitband-Lambdasonden schon seit bald drei Jahrzehnten bewährt. Der gravierendste Unterschied ist eine separate Steuereinheit, die als Verbindung zwischen dem Messkopf und dem Motorsteuergerät fungiert. Die Kommunikation erfolgt hier über ein CAN-Bus System.

„Wir sehen vor allem Störungen im Umfeld, die für den vorzeitigen Ausfall der Sensoren sorgen“, so Andreas Berntgen, Technischer Leiter bei der IKA Industrie- und Fahrzeugausrüstung GmbH, die sich als Spezialist auf dem Gebiet der NOx- und Abgastechnik sieht. Die Problemfelder lassen sich laut Berntgen in fünf große Ursachenfelder eingrenzen:

Verrußung

Die Qualität der Verbrennung und somit der Abgase, Ruß aus unverbranntem Kraftstoff sowie Motoröl, aber auch zu hohe AGR-Raten führen zur Verrußung des Sensors. Gerade bei viel Kurzstreckenverkehr ist dies ein häufiger Ausfallgrund.

Überhitzung

Das Gegenteil von Versottung ist Überhitzung: Zwar sind die Sonden für den Betrieb im Abgasstrom gedacht, dürfen jedoch auch nicht zu heiß werden. Rund 180-270 Grad sind die „Optimaltemperatur“. Sollte es heißer werden, wird es den empfindlichen Fühlern schnell zu warm. Spätestens wenn die demontierte Sonde blau angelaufen ist (300> Grad) deutet dies auf eine erhebliche Störung im Gesamtsystem hin. Dies reicht von defekten Injektoren bis hin zu Chiptuning. 

Kabelbrüche

Die Sensoren müssen in einer rauen Umgebung auskommen und sind starken Vibrationen und Bewegungen ausgesetzt – im Lkw-Bereich noch mehr als beim Pkw. Entsprechend viele Probleme gibt es laut den Spezialisten aus Königswinter im Bereich der Kabelschäden, sowohl sondenseitig als auch anschlussseitig. Die Anschlussleitung sollte daher beim Ausfall des Sensors immer einem besonderen Augenmerk unterliegen. Vermehrt kommt es durch den Einbau von „minderwertigen NOx-Sensoren“ zu einer Kapillarwirkung der die fahrzeugseitigen Steckkontakte oxidieren lässt.

Beschädigung durch AdBlue

Auch der Harnstoff, der eigentlich zur Reduktion der giftigen Stickoxide im SCR-Kat gedacht ist, sorgt regelmäßig für Ausfälle. Bei einer mangelhaften AdBlue-Qualität kommt es durch Falschbetankung, gealterten AdBlue oder Kondenswasser immer wieder zu einer Beeinträchtigung der Messung durch den NOx-Sensor. Mit einem Refraktometer kann die AdBlue-Qualität überprüft werden. Der Sollwert liegt bei ca. 32,5%. Kommt dann noch ein ungünstiges Fahrprofil hinzu. Besonders bei Fahrzeugen, die aufgrund ihres Fahrprofils nicht auf Betriebstemperatur gelangen, stellt dies ein Problem dar.

Softwarestand des Fahrzeugs entscheidend

Neben den bekannten angeordneten Rückrufaktionen spielen Fahrzeughersteller sogenannte „produktverbessernde Maßnahmen“ teilweise unbemerkt vom Besitzer auf die Fahrzeuge auf, wenn diese in der Wartung sind. Mit den Updates sollen die Abgasgrenzwerte verbessert werden, allerdings gehen diese Anpassungen zulasten der Lebensdauer von vielen Komponenten. Damit der Sensor einwandfrei funktioniert, muss dessen Software mit der des Motorsteuergerätes abgestimmt sein – ansonsten funktioniert der Sensor nicht oder zumindest nur fehlerhaft.

Das Thema Kompatibilität der Softwarestände ist auch laut Geschäftsführer Dr. Roman Schoenen eine große Herausforderung im Handelsgeschäft. „Um hier stets einsatzbereite Ersatzteile liefern zu können, pflegen wir eine enge Kommunikation und Kooperation mit unseren Partnern. Wir sind durch unser Labor dazu in der Lage, schnell auf Softwareupdates der Hersteller zu regieren und stellen mit erfahrenen Technikern unseren Kunden kompetente Ansprechpartner zu Verfügung. Ohne diesen Support ist die Komplexität zwischen Hard- und Software nicht zu beherrschen.“

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