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VW Info Services: „Wir sind ein Start-up innerhalb des Konzerns“

Volkswagen verfolgt mit einem überarbeiteten Datenhub große Pläne. Kommerzielle Nutzer erhalten Fahrzeugdaten jetzt über die Plattform „Drivesomethinggreater.com“. amz hatte Gelegenheit, IT-Expertin Patricia Stich zum Daten-Marktplatz zu befragen.

Patricia Stich ist Vorständin der Volkswagen Group Info Services AG.
Patricia Stich ist Vorständin der Volkswagen Group Info Services AG.

amz: Frau Stich, als Vorständin der Volkswagen Group Infoservices AG kümmern Sie sich um das schwer angesagte Thema Fahrzeugdaten. Wie fühlt sich die Datenhoheit in der Volkswagen-Gruppe an?

Patricia Stich: Die Datenhoheit habe ich nicht. Was aber stimmt, ist, dass ich zwei Funktionen innerhalb der Unternehmensgruppe ausübe und mich dem Thema Fahrzeugdaten widmen darf. Einmal bin ich in der Cariad SE verantwortlich dafür, das Thema technologisch im Backend zu konsolidieren. Gleichzeitig beschäftige ich mich als Leiterin der Volkswagen Group Info Services AG, kurz VW GIS, damit, über den neuen Datenhub einen zentralen Zugang zu Fahrzeugdaten für Dritte zu schaffen.

Wie werden die Daten bereitgestellt und was ist das Neue?

Patricia Stich: Wir bieten markenübergreifende Datenprodukte an und konnten in Sachen Nutzerfreundlichkeit einen großen Schritt nach vorne machen. Wir fokussieren uns auf die fünf Marken VW, VW Nutzfahrzeuge, Skoda, Seat/ Cupra und Audi. Der Kunde kann die gewünschten Daten über einen Ansprechpartner, einen Vertrag und letztlich eine Schnittstelle erwerben. Das ist das Neue: Es ist uns gelungen, den Prozess für den Kunden radikal zu vereinfachen. Früher war es mitunter umständlich, Datenprodukte zu kaufen – ich habe diese Erfahrung während meiner vorherigen Tätigkeit für Continental selbst machen müssen. In der VW Group Info Services hat ein Team aus Spezialisten nun ein professionelles Kunden-Interface geschaffen.

Wie groß ist der Unternehmensbereich Volkswagen Group Infoservice?

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Patricia Stich: Wir sind letztlich ein Start-up innerhalb des Konzerns und arbeiten technologisch sehr eng mit Cariad und den einzelnen Marken zusammen.

Welche Art von Daten erhalten die Kunden?

Patricia Stich: Statische Daten vermarkten wir beispielsweise mit dem Produkt „Vehicle Identity“ bereits seit einiger Zeit. Hier liefern wir die Informationen zur Konfiguration einzelner Fahrzeuge auf Basis von 26 Datenpunkten, beispielsweise hinsichtlich Farbcode, Produktionszeitraum oder Motorkennung, und unterstützen so die Arbeit der Werkstätten in GVO-konformer Weise. Neu ist jetzt, wie erwähnt, dass wir uns fokussierter um den kundenfreundlichen Bezug kümmern und darüber hinaus an einer vereinfachten, weil automatisierten Abrechnung arbeiten.

Wie sieht es mit dem Zugriff auf dynamische Daten aus?

Patricia Stich: Seit neustem gibt es einen „Pay-as-you-Drive“-Service, der auf diesen Echtzeit-Daten aufbaut und sich an die Kundengruppe der Versicherer richtet. Dieses Produkt funktioniert natürlich nur in der direkten Interaktion mit dem Halter. Diese müssen in einem ersten Schritt ihre Zustimmung geben. In Zusammenarbeit mit einigen Flottenkunden gibt es weitere Pilotprojekte. Wir steigen immer tiefer in das Feld der dynamischen Fahrzeugdaten ein und arbeiten an neuen Datenprodukten.

Sie haben die an Volkswagen Group Infoservice beteiligten Marken genannt. Wie sieht es im Bereich der schweren Nutzfahrzeuge aus, hätten nicht auch MAN und Scania Interesse beizutreten?

Patricia Stich: Wir haben uns für den Moment auf die Bereiche Pkw und leichte Nutzfahrzeuge fokussiert. In meiner Wahrnehmung ist der Lkw-Bereich hier deutlich organisierter und beschäftigt sich bereits sehr viel länger mit dem Datenthema. Durch die Tachografen-Gesetzgebung und auch das Thema Flottenmanagement setzte die Digitalisierungs- und Datenaffinität in diesem Segment früher ein. Ein weiterer Faktor ist das Kostenthema: Für die Optimierung von Betriebskosten sind Daten überaus hilfreich. Diese Faktoren spielen vermehrt im Pkw-Segment eine Rolle und wir sehen derzeit einen großen Handlungsbedarf.

Der Data Hub trägt die vielsagende Bezeichnung „drivesomethinggreater“ – ist das als Arbeitstitel gemeint oder schwingt bereits die Internationalisierung mit?

Patricia Stich: Wir finden den Namen der Internetseite toll! Aber im Ernst: Wir planen derzeit keine Änderung. Wir möchten, wie gesagt, den Automobil- und Mobilitätssektor bei der Digitalisierung unterstützen. Und wir richten uns in Sachen Vermarktung bereits bestehender und geplanter Produkte durchaus international aus. Übrigens: Wir werden mit „VIN Specification“ in Kürze ein weiteres statisches Datenprodukt herausbringen. Zielgruppe sind Retailer und Flottenmanager. Beide Geschäftspartner benötigen digitale Stammdaten, um die eigenen Prozesse zu verschlanken.

Könnten Sie uns ein Beispiel geben?

Patricia Stich: Wenn Flottenfahrzeuge in ihren zweiten Lebenszyklus übergehen, benötigen die verschiedenen Weitervermarktungs-Plattformen Datenmaterial. „VIN Specification“ liefert diese Retail-Details.

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