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Interview 25. März 2021

"Ein starker Markenname"

Haldex führt mit Grau und Reman Marken für die zeitwertgerechte Reparatur im Portfolio. Im amz-Interview erklärt Manager Kai Fischer die Zweitmarken-Strategie des Nfz-Zulieferers.

Die preissensible Kundschaft locken Industrie, Teilehandel und Werkstatt mit besonderen Angeboten. Hat das Fahrzeug ein paar Jahre auf dem Buckel, so wird häufig auf Produkte für eine zeitwertgerechte Reparatur zurückgegriffen. Diese Komponenten haben im Aftermarket unterschiedliche Bezeichnungen – mal spricht man in Handel und Werkstatt von Reman-Teilen, mal von Identteilen, Retrofit oder einer zweiten Teileschiene. Auch Haldex führt entsprechende Nfz-Teile unter den Markennamen Grau und Reman im Angebot. Im amz-Interview spricht Kai Fischer, Head of Market Communication, Business Performance & Benchmarking EMEA bei Haldex, über Selbstverständnis und Anspruch. Dankenswerterweise ließ er sich auch für eine Begriffsklärung gewinnen.

Im Budgetbereich gibt es viele Begriffe: Reman-Teile, Identteile, Retrofit oder die zweiten Teileschiene – welche dieser Technologien bzw. Definitionen nutzt Haldex bei Produkten für die zeitwertgerechte Reparatur?

Kai Fischer: Vielen Dank für diese Frage, ich stimme Ihnen zu, es gibt aktuell sehr viele Bezeichnungen, welche allerdings nicht immer die gleiche Bedeutung haben. Um ein Beispiel zu nennen: Reman, ist die Bezeichnung für ein wiederaufbereitetes Produkt, allerdings auch ein Markenname bei der Firma Haldex. Unter Retrofit versteht man eigentlich die Modernisierung bestehender Anlagen oder Fahrzeuge durch neuere Komponenten, als Beispiel aus unserem Bereich wäre die Umrüstung von ABS auf EBS zu nennen. Die Beschreibungen Ident-Teile oder zweite Teileschienen kommen unserer Bezeichnung wohl am nächsten. Für uns ist Grau in erster Linie ein starker Markenname, unter dem wir seit 2016 wertige Produkte verkaufen, die im guten Verhältnis zum Restwert des Fahrzeuges stehen.

 Welche Strategie verfolgen Teilehersteller wie Ihr Unternehmen damit?

Kai Fischer: Unser Ziel ist es, für unsere direkten und nicht direkten Kunden ein auf Ihre Bedürfnisse angepasstes Produktangebot anzubieten. Somit wollen wir Prozesse, die Warenvorhaltung und die Servicefähigkeit unterstützen und optimieren.

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Oftmals wird mit dem Lebenszyklus der Fahrzeuge argumentiert. Bei älteren Fahrzeugen mit geringen Restwerten lohnt sich die Reparatur ggf. nicht mehr – es sei denn, die Ersatzteile werden günstiger erworben und evtl. die Verrechnungssätze angepasst. Ist dieser Grund auch für den deutschen Markt gegeben?

Kai Fischer: Ja, dies ist und war auch für uns eines der treibenden Argumente für diesen Schritt. Mindestens genauso wichtig und eventuell in der aktuellen Zeit noch wichtiger, ist die Vereinfachung und somit die Effizienzsteigerung von Prozessen innerhalb der Lieferkette. Ein stabiler Partner mit einem an die Marktbedürfnisse angepassten Sortiment ist aus unserer Sicht nicht nur in der Beziehung zwischen Werkstatt und Teilehandel, sondern auch in der Beziehung Industrie und Teilehandel ein Schlüsselfaktor, um agil und effizient agieren zu können.

Welche Produktgruppen umfassen die Programme Grau bzw. Reman?

Kai Fischer: Das aktuelle Grau-Produktprogramm umfasst vor allem Fastmover, wie Bremszylinder und Bremsbeläge, um nur zwei Produktgruppen zu benennen. Im Bereich Reman haben wir uns auf den Bereich der Kompressoren fokussiert.

Auch Haldex setzt auf eine Zweitmarke – genau genommen pflegen die Schweden derer zwei: Da ist zum einen das Grau-Portfolio, zudem gibt es das Wiederaufbereitungs-Programm Reman. Die Grau-Markenrechte kamen 1998 durch die Übernahme der Firma Grau Bremse zu Haldex.
Auch Haldex setzt auf eine Zweitmarke – genau genommen pflegen die Schweden derer zwei: Da ist zum einen das Grau-Portfolio, zudem gibt es das Wiederaufbereitungs-Programm Reman. Die Grau-Markenrechte kamen 1998 durch die Übernahme der Firma Grau Bremse zu Haldex.

Was ist bei einer befürchteten Gradwanderung zwischen Sicherheit und Kosteneffizienz zu beachten?

Kai Fischer: Dies ist nicht zwingend eine Gradwanderung, es kommt aus meiner Sicht vielmehr auf die Wahl des Partners an. Es ist wie im privaten Bereich auch: Produkte, die von Marktführen als Zweitmarke angeboten werden, schneiden vor allem im Bereich der Qualitätsanforderung und Sicherheit sehr gut ab. Allerdings gibt es auch Produkte, vorrangig Importware, welche deutlich unter den Marktansprüchen liegt und hierbei reden wir teilweise noch nicht mal von einer Zweitmarke. Daher stellt, wie schon eingangs erwähnt, nicht zwingend die Bezeichnung eines Produktes als Second Brand [Zweitmarke, Anm. des Autors], sondern der Partner das Zünglein an der Waage dar. Für Haldex steht Sicherheit immer an oberster Stelle.

Wie viele Servicepartner hat Haldex in Deutschland? Welche Kriterien müssen Werkstätten erfüllen?

Kai Fischer: Wir haben als Haldex in den letzten Jahren unser Augenmerk auf den Ausbau und die Verbesserung unseres Partnernetzes gelegt. Somit können wir nun gewährleisten, dass alle in Deutschland gelisteten Werkstattpartner geschult sind und zur Aufrechterhaltung Ihres Status sowohl ein jährliches Audit als auch Ihre Schulung mindestens alle drei Jahre auffrischen müssen. Hinzu kommt noch, dass wir mit zwei der großen Lkw-Hersteller in Deutschland eine seit Jahren gute Kooperation leben und pflegen. Als zusätzliche Verbesserung unserer Servicefähigkeit haben wir dank einer Kooperation mit Wabcowürth den europäischen Zugriff auf unsere Diagnose deutlich verbessern können. Abschließend darf ich sagen, dass wir unseren Endkunden ein nie zuvor dagewesenes Servicenetz bieten können.

Inwiefern muss man als Nfz-Zulieferer und Erstausrüster auch die Servicebrille aufhaben und Ersatzteil- sowie Reparaturlösungen im Blick haben<strong>?</strong>

Kai Fischer: Wie kann man ohne zufriedene Endnutzer überhaupt erfolgreich sein? Wir bieten innovative Produktlösungen an, also haben wir auch den Anspruch, einen entsprechenden Service zu offerieren. Dieser Punkt ist nicht nur in den Gesprächen mit unseren OE-Kunden immer ein wichtiges Thema, sondern auch bei Haldex intern: Ich habe Kollegen, die sich im Verbund unserer "European Technical Service Organisation" explizit nur diesem Thema annehmen.

Bitte gestatten Sie uns abschließend noch eine Frage zum Markt bzw. zur Erstausrüstung: Bei welchen OEM ist Haldex gelistet?

Kai Fischer: Wir sind bei allen namhaften OE-Herstellern gelistet und liefern je nach Erfordernissen unterschiedlichste Produkte. Im Lkw-Bereich sind wir sehr stark mit unseren Gestänge-Stellern vertreten und im Bereich der Achsen- und Trailerhersteller ist unsere ModulT-Scheibenbremse das führende Produkt, zusammen mit unserem EBS-System und der Luftfederung, im Agrar-Bereich sind es eindeutig unsere Ventile die eine Vielfalt der dortigen Kundenanforderungen abdecken.

Herr Fischer, besten Dank für das Gespräch!

Zur Person: Kai Fischer besitzt 17 Jahre Erfahrungen auf dem Independent Aftermarket (IAM). So war der Manager unter anderem bei Point S, Vergölst und Goodyear Dunlop beschäftigt. 2016 startete er bei Haldex als Vertriebsleiter IAM D/CH und später kam auch Österreich dazu. Seit November 2020 fungiert er als Head of Market Communication, Business Performance & Benchmarking EMEA beim schwedischen Zulieferer.

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