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Interview 7. Juli 2021

BPW mit OE-Perspektive und Werkstattbrille

Wartungsfreundlichkeit, Umweltschutz und Produktqualität wollen verknüpft werden – was nach einer Quadratur des Kreises klingt, gehört bei BPW zum Selbstverständnis. Über einen scheinbaren Zielkonflikt und wie Werkstätten profitieren, spricht Dirk Hoffmeister im amz-Interview.

„Wenn wir ein Produkt entwickeln, geht es nie nur um die Funktion und die Kosten, sondern immer auch darum, wie ein Teil im Fall eines Verschleißes oder eines Unfalls mit so wenig Aufwand wie möglich ausgetauscht werden kann“, erklärte Dirk Hoffmeister, Vertriebsleiter OES bei BPW. 
„Wenn wir ein Produkt entwickeln, geht es nie nur um die Funktion und die Kosten, sondern immer auch darum, wie ein Teil im Fall eines Verschleißes oder eines Unfalls mit so wenig Aufwand wie möglich ausgetauscht werden kann“, erklärte Dirk Hoffmeister, Vertriebsleiter OES bei BPW. 

Nachhaltigkeit, Serviceorientierung sowie zeitwertgerechte Reparatur spielen bei der BPW Bergische Achsen KG eine große Rolle. Zwar bietet der Nutzfahrzeugzulieferer noch keine Remanufacture-Ersatzteile, doch haben die Wiehler auch ältere Fahrzeuge und preissensible Speditionen im Blick. Nichtsdestotrotz, so verrät Dirk Hoffmeister, Leiter Vertrieb OES Trailer Solutions & Mobility Services, werden bei der Produktqualität keine Abstriche gemacht. Standzeiten und Lohnkosten spielen schließlich für Transporteure nicht selten eine größere Rolle als vergünstigte Ersatzteile. Diesen Zielkonflikt sollten auch Nfz-Werkstätten berücksichtigen.

amz: Für preissensible Kunden hat die Branche besondere Angebote. Häufig wird bei älteren Fahrzeugen auf Produkte einer zeitwertgerechten Reparatur zurückgegriffen. Die Begrifflichkeit ist im Aftermarket uneinheitlich. Welche Technologien nutzt BPW?

Dirk Hoffmeister: Aktuell sprechen wir bei BPW ausschließlich von BPW Original Ersatzteilen, worunter wir Neuteile verstehen, welche in identischer Form auch in unserer Achsproduktion zum Einsatz kommen oder – bei ausgelaufenen Serien – kamen. Dennoch befassen auch wir uns mit dem Gedanken, in der Zukunft wiederaufgearbeitete Ersatzteile anzubieten – vor dem Hintergrund, Ressourcen zu schonen. Für uns ist dabei ausschlaggebend, dass es sich auch bei diesen Produkten um 100 Prozent BPW handelt und die Bauteile denselben Qualitätsanforderungen entsprechen wie Neuteile. Unterschiede werden lediglich in der Standzeit bestehen, da wiederaufgearbeitete Ersatzteile in der Regel in älteren Fahrzeugen zum Einsatz kommen, die nicht mehr die Laufzeiten zu erbringen haben, wie ein Neufahrzeug.

Inwieweit muss man als Nfz-Zulieferer die Erstausrüstungsperspektive ablegen und eine "Servicebrille" aufsetzen, also auch Reparaturlösungen in den Blick nehmen?

D. Hoffmeister: Wenn wir ein Produkt entwickeln, geht es nie nur um die Funktion und die Kosten, sondern immer auch darum, wie ein Teil im Fall eines Verschleißes oder eines Unfalls mit so wenig Aufwand wie möglich ausgetauscht werden kann. Unsere eigenen Bremssättel sind dabei das beste Beispiel. Durch das sogenannte BPW ECO-Prinzip, eine spezielle Konstruktionsweise, ist es möglich, eine Bremsscheibe auszutauschen, ohne den Sattel oder den Bremszylinder demontieren zu müssen. Gegenüber Bremskonstruktionen anderer Hersteller entsteht dadurch eine Einsparung von circa einer Stunde pro Achse. Zudem bietet BPW sehr viele sogenannte Service-Kits an, welche speziell auf die Belange der Werkstätten zugeschnitten sind.

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Welchen Stellenwert haben Produkte von PE Automotive bei der "Zweitmarken-Strategie" bzw. einer zeitwertgerechten Teilelinie?

D. Hoffmeister: In erster Linie ist PE eine Marke unter dem Dach der BPW-Gruppe, die Ersatzteile mit einem sehr guten Preis-Leistungs-Verhältnis bietet. Und zwar für alle Marken und Anwendungen, die im Nfz-Teilehandel eine Rolle spielen. Dennoch bieten die Kollegen von PE Automotive eine Vielzahl an Referenzen für BPW-Anwendungen, welche wir bei BPW als Ergänzung sehen. Für Fahrzeuge, die acht Jahre oder sogar noch älter und damit aus der Garantiezeit sind, greifen die Fahrzeugbetreiber in vielen Ländern gerne auf Alternativteile zu. Hier bietet PE Automotive auch für Kunden mit BPW-Fahrwerken preislich attraktive Alternativen, die allerdings von anderen Lieferanten kommen. Wir sind da sehr transparent – nur so können unsere Kunden sicher sein, dass da, wo BPW draufsteht, auch BPW drin ist.

Welche Produktgruppen und wie viele Artikel umfassen die Programme für zeitwertgerechte Reparatur bei BPW bzw. PE?

D. Hoffmeister: Wie zuvor erwähnt, vertreibt BPW ausschließlich Original Ersatzteile. Aufgrund der hohen Qualität und nicht selten längerer Standzeiten werden diese auch oft dann noch eingesetzt, wenn ein Fahrzeug älter ist und damit einen deutlich geringeren Wert hat als zum Zeitpunkt des Kaufs. Prinzipiell empfehlen wir daher jedem Kunden, auch bei einem älteren Fahrzeug eine Total Cost of Ownership (TCO) Betrachtung zu erstellen, denn was hilft ein zum Beispiel 20 Euro günstiges Ersatzteil, wenn das Fahrzeug dadurch bereits nach zwei Jahren wieder in die Werkstatt muss anstatt nach vier Jahren? Standzeiten und Lohnkosten spielen für Transporteure oftmals eine größere Rolle als ein paar Euro günstigere Ersatzteile. Dennoch, um Ihre Frage auch konkret zu beantworten: Unter der Marke PE bieten die Kollegen von PE Automotive etwa 700 preisgünstige BPW-Referenzen für die sogenannte zeitwertgerechte Reparatur an.

Die Kernmarke ist eher für das Trailersegment gedacht, PE deckt insbesondere den Lkw -Bedarf ab – lässt sich diese vereinfachte Sortiments-Differenzierung aus der Vergangenheit fortschreiben oder führt z.B. PE Data mittlerweile auch Trailerachsen auf?

D. Hoffmeister: Selbstverständlich enthält die Datenbasis von PE Data und damit auch der Webshop, den PE Data dem Handel anbietet, die komplette Datenbasis aller BPW-Achsen, sofern bei BPW elektronisch dokumentiert. Durch Eingabe der Achsnummer lässt sich so schnell und eindeutig jedes einzelne Ersatzteil identifizieren.

Auf welche Herausforderungen stoßen Werkstätten bei Teileidentifizierung und Einbau – schließlich sind Dokumentation und Datenlage im Trailerbereich uneinheitlich…

D. Hoffmeister: Unsere Kunden schätzen unsere schnelle und eindeutige Identifizierung der Ersatzteile durch die MyBPW-Plattform, zu der wir all unseren Kunden und Werkstätten weltweit Zugriff geben. Seit zwei Jahren sind BPW-Achsen darüber hinaus mit einem QR-Code gekennzeichnet, durch den einfach und sogar noch in der Werkstattgrube alle Ersatzteile eindeutig identifiziert werden können. Eine Verknüpfung mit der VIN-Nummer der Fahrzeuge, wie bei Pkw oder einer Zugmaschine bereits gegeben, ist ab September 2021 geplant. Dann sind Trailerhersteller in Europa dazu angehalten, Daten zu erfassen und dem Teilehandel gegen eine Gebühr zur Verfügung zu stellen.

Oftmals wird mit dem Lebenszyklus der Fahrzeuge argumentiert. Ist dieser Grund auch für den deutschen Markt gegeben, schließlich sind die hiesigen Fuhrparks zumeist vergleichsweise jung?

D. Hoffmeister: Selbstverständlich müssen auch in Deutschland Transporteure mit einem spitzen Bleistift rechnen und jeder Fahrzeugbetreiber wird sich überlegen, ob er in seinen neun Jahre alten Auflieger mit einem Zeitwert von ein paar tausend Euro noch Ersatzteile von zwei- oder dreitausend Euro investiert oder günstige Alternativen suchen. Wir sehen jedoch, dass die Mentalität in den Märkten sehr unterschiedlich ist. Während zum Beispiel in manchen osteuropäischen Ländern viele Fahrzeugbetreiber bereits im Rahmen der Garantiezeit billigere Nachbauprodukte einbauen und damit im schlimmsten Fall sogar im Gewährleistungsfall den Anspruch auf Kostenerstattung verlieren, sind Kunden in Deutschland bei diesem Thema weniger beim Preis und mehr in Sachen Qualität und Funktion kritisch. Insofern ja, auch in Deutschland greift ein Fahrzeugbetreiber von älteren Fahrzeugen gerne auf kostengünstige Alternativteile zurück. Ist deren Qualität jedoch fraglich oder hat er sogar schon einmal schlechte Erfahrungen mit alternativen Ersatzteilen gemacht, nimmt er Originalteile, die ihn unter dem Strich günstiger kommen können.

Nicht nur der Preis, auch die für den Austausch benötigte Zeit ist in Werkstätten ein wichtiges Kriterium. Welche Entwicklungen und Trends gibt es beispielsweise im Bereich der Trailerbremse?

D. Hoffmeister: Die BPW ECO Disc ist mit rund drei Millionen verkauften Einheiten die erfolgreichste Trailerscheibenbremse Europas. Ein Grund dafür ist sicherlich ihre besondere Wartungsfreundlichkeit: Im Fall eines Wechsels der Bremsscheibe müssen weder Bremssattel noch Bremszylinder ausgebaut werden. Das spart in einem Dreiachser rund drei Stunden Zeit. Die zweite Generation der ECO Disc kommt dazu noch mit deutlich weniger Bauteilen aus als ihr Vorgänger, womit wir über weniger Verschleißteile und eine größere Servicefreundlichkeit sowie deutliche Gewichtsvorteile sprechen. Damit haben wir einen neuen Standard gesetzt und unseren Vorsprung weiter ausgebaut.

Was ist bei einer befürchteten Gradwanderung zwischen Sicherheit und Kosteneffizienz zu beachten?

D. Hoffmeister: Für BPW steht Sicherheit grundsätzlich an erster Stelle. Das ist eines der Grundprinzipien von BPW. Zwar sucht und findet auch BPW, unter dem Kostendruck der Fahrzeughersteller und letztendlich der Fahrzeugbetreiber, Lösungen, um Produkte so kostengünstig wie möglich zu entwickeln. Eine Unterschreitung der Testkriterien und damit auch der Sicherheit von Produkten ist jedoch zu keiner Zeit eine Option.

Wie viele BPW-Servicepartner gibt es in der DACH-Region, wie viele in Deutschland? Welche Kriterien müssen Werkstätten erfüllen?

D. Hoffmeister: In Deutschland gibt es etwa 85 eingetragene BPW-Servicepartner, in der gesamten DACH-Region sind es circa 120 Servicepartner. Ein wichtiges Kriterium für die Partner ist die entsprechende technische Werkstattausstattung gemäß den Anforderungen von BPW. Eine weitere Voraussetzung ist die regelmäßige Teilnahme des Werkstattpersonals an BPW-Schulungen und Workshops.

Herr Hoffmeister, vielen Dank für die Antworten!

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