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Sicherlich haben E-Fahrzeuge einen geringenen Servicebedarf als Fahrzeuge mit Verbrennungsmotor. Aber auch in Zukunft wird es für Kzf-Werkstätten genug zu tun geben.
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E-Fahrzeuge haben einen geringeren Servicebedarf als Fahrzeuge mit Verbrennungsmotor – aber wartungsfrei sind sie absolut nicht.

E-Mobilität

Auch Stromer brauchen Ersatzteile!

Ersatzteile für E-Autos und Plug-in-Hybride spielen im freien Teilehandel bislang eine untergeordnete Rolle. Aber man muss kein Prophet sein um vorherzusagen, dass die Welle auf die Branche zurollt. Wir haben nachgefragt, wie die Unternehmen mit den anstehenden Veränderungen umgehen.

Man kann es nicht mehr von der Hand weisen: die Elektromobilität ist auf dem Vormarsch. Die massive staatliche Förderung von E-Autos, Plug-in-Hybriden und Ladestationen zeigt ihre Wirkung. So hatten die reinen Stromer bei den Neuzulassungen im Februar einen Marktanteil von 14,1 Prozent. Dazu kamen Plug-in-Hybride mit noch einmal 10,8 %. In der Nische fahren die alternativen Stromantriebe damit sicherlich nicht mehr.

Diese Entwicklung spiegelt sich auch bei einem Blick auf den Fahrzeugbestand in Deutschland wider. So hat sich die Zahl der E-Fahrzeuge in Deutschland im vergangenen Jahr verdoppelt. Zum Stichtag 1. Januar 2022 waren nach Angaben des Kraftfahrt-Bundesamtes exakt  618.460 Stromer zugelassen, was einem Anteil von 1,3 Prozent am Pkw-Gesamtbestand entspricht. Auch die Hybridfahrzeuge einschließlich der Plug-in-Hybride legten weiter deutlich zu. So sind mittlerweile knapp 1,7 Mio. Autos mit der Kraft der zwei Motoren auf Deutschlands Straßen unterwegs, das sind 3,4 Prozent vom Gesamtbestand.

Service aktuell noch in Markenwerkstätten

Im Vergleich zum gesamten Fuhrpark mit gut 48,5 Mio. Pkw ist das zwar immer noch ein vergleichsweise geringer Anteil, aber der Trend hin zu den alternativen Antrieben ist offensichtlich. Auch wenn die allermeisten zugelassenen E-Fahrzeuge und Hybride erst maximal drei Jahre alt sind und in Sachen Service daher noch von dem Markenwerkstätten betreut werden, ist es für den freien Teilehandel an der Zeit, sich auf die sich verändernde Situation einzustellen. Wir haben daher bei verschiedenen Unternehmen der Branche nachgefragt, inwiefern Ersatzteile für E-Autos und Hybride heute bereits eine Rolle im täglichen Geschäft spielen.

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Wie nicht anders zu erwarten, handelt es sich aktuell noch um ein Randgeschäft. Aber es ist deutlich zu spüren, dass sich die Unternehmen auf eine Zeitenwende einstellen. Frank Schöller, CEO der Stahlgruber-Group: „Neue Technologien treffen in freien Werkstätten erst mit mehrjähriger Verzögerung ein. Daher werden Teile für Elektrofahrzeuge zurzeit bei uns noch nicht verstärkt nachgefragt. Das wird sich allerdings ändern. Skandinavien, die Niederlande und zunehmend auch Deutschland verzeichnen große Zuwächse bei Elektrofahrzeugen. In diesen Märkten rechnen wir in der zweiten Hälfte dieses Jahrzehnts mit zunehmendem Teileabsatz für E-Autos.“

Bei der Schäferbarthold GmbH aus dem nordrhein-westfälischen Porta-Westfalica würden zwar einige Kunden bereits Ersatzteile für E-Autos und Hybride als eine Art „Kompetenzcheck“ anfragen, der große „Run“ sei nach den Worten von Marketingleiter Jan Seeländer allerdings auch hier noch nicht zu verspüren. Insbesondere für Tesla, aber auch für die europäischen Fahrzeughersteller Opel, Peugeot/Citroën und Renault gebe es  aber auf einem niedrigem Niveau durchaus eine steigende Nachfrage.  Seeländer: „In diesem Bereich erwarten wir in den kommenden Jahren eine entstehende Dynamik mit nennenswertem prozentualem Wachstum.“

Veränderungen im Sortiment

Es ist absehbar, dass sich mit der zunehmenden Verbreitung von alternativ angetriebenen Fahrzeugen die Nachfrage nach bestimmten Komponentengruppen verändern wird. Die Carat-Gruppe aus Mannheim geht hier pragmatisch vor. „Der  Antrieb des Fahrzeugs spielt für uns vom Grundsatz her keine Rolle. Wir orientieren uns hauptsächlich an der Verbauhäufigkeit, der Beanspruchung und an dem Verschleiß eines Ersatzteils“, erklärt Stephan Bens, Director Category Management & Marketing. Bei E-Autos spielten beispielsweise die Themen Fahrzeugklimatisierung und Fahrwerk eine viel größere Rolle. „Die Karosserie muss aufgrund der schweren Traktionsbatterie deutlich mehr Gewicht tragen und der Fahrzeuginnenraum wird elektrisch gekühlt oder geheizt. Der Ersatzteilbedarf wird sich daher entsprechend verlagern, von der Mechanik hin zur Elektrik / Elektronik sowie zu Komfort- und Fahrerassistenzsystemen“, sagt Bens.

Diese Entwicklungen dürften nicht ohne Auswirkungen auf Lagerung und Logistik bleiben: „Das Produktsortiment wird sich vergrößern, insbesondere im Hinblick auf die künftige Produktdiversifizierung. Mehr Elektro- und Softwarekomponenten werden die Struktur der Lieferkettenlogistik verändern“, ist sich  Frank Schöller sicher. Zu den neuen Komponenten, die LKQ beziehungsweise Stahlgruber in jüngster Zeit für Stromer und Hybride neu ins Sortiment aufgenommen haben, würden aber insbesondere mechanische Ersatzteile wie Bremsscheiben, Radlager, Innenraumfilter und Lenkgetriebe zählen. Auch Hochvoltkomponenten wie Ladekabel und spezifische Werkstattausrüstung biete man an.

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Auf Grund des höheren Fahrzeuggewichts und der drehmomentstarken Elektromotoren rechnet Schöller perspektivisch auch mit Impulsen im Reifenersatzgeschäft. Allein in den in Sachen E-Mobilität recht weit entwickelten skandinavischen Ländern rechnet LKQ Europe darüber hinaus damit, bereits im Jahr 2022 zwischen 1.000 und 2.000 Antriebsbatterien aus batterieelektrischen Fahrzeugen durch seine Logistikprozesse zu führen.

In erster Linie klassische Verschleißteile

Bei Schäferbarthold stellt man sich übergangsweise auf eine überschaubare Erweiterung des Sortiments ein. Bislang nachgefragt wurden laut Marketingleiter Seeländer in erster Linie klassische Verschleißteile wie Lenkung, Bremse, Innenraumfilter, Wischerblätter oder fahrzeugspezifisches Zubehör. Für Kleinwagen mit E-Motor gehäuft auch Federn und Lenkungsteile. Auch Ladetechnik wie Ladesäulen und Ladekabel als Ersatz oder für den zweiten Markt würden an Beliebtheit zunehmen.

Signifikante Effekte der Stromer in Relation zu den Verbrennern seien laut Marketingleiter Jan Seeländer dann in fünf bis sieben Jahren zu erwarten. „Auf Grund der deutlich geringeren Anzahl an Bauteilen in einem E-Fahrzeug und dem insgesamt geringeren Verschleiß könnte es zu einer Verkleinerung des Sortiments kommen. Schätzungen sprechen von einem Restbedarf von maximal 50 Prozent an Teilen.“ Als Schallmauer sieht man im Porta-Westfalica das Jahr 2030. „Wenn der politische Wind bei dem Thema weiterhin so weht wie in den letzten Jahren, gehen wir von einem massiven mittelfristigen Einfluss durch die E-Mobilität aus“, betont Seeländer.

Mehr als Ersatzteile

Die Herausforderungen für die Unternehmen des Aftermarkets sieht Stephan Bens von der Carat-Gruppe vor allem im Batteriemanagement und bei den allgemeinen Arbeiten am Fahrzeug in der Werkstatt: „Der Hochvoltbereich wird in der klassischen Kfz-Werkstatt zukünftig nicht mehr wegzudenken sein. In den letzten 24 Monaten haben wir einige Werkstätten komplett mit dem notwendigen Equipment dazu ausgestattet und auch entsprechend geschult.“ Die Nachfrage bezüglich Schulungen und Werkstattausrüstung hierzu sei seit einigen Jahren ungebrochen.

Den Unternehmen des Teilehandels sei laut Bens aber durchaus bewusst, dass es zukünftig längst nicht mehr nur um die reine Verfügbarkeit und Lieferung von Ersatzteilen oder Werkzeugen gehe – gleich, ob diese für E-Autos oder Fahrzeuge mit Verbrennungsmotor bestimmt seien. Stephan Bens: „Wir müssen wir uns mittlerweile auch mit der Software und mit den Datenströmen eines Fahrzeuges auseinandersetzen. In der Zukunft wird es keine Hardware ohne Software geben. Das muss allen bewusst sein. Wer sich rein auf den Ersatzteilverkauf konzentriert, wird mittelfristig vom Markt verschwinden.“

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