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Betrieb & Marketing 7. März 2023

Schauplatz Start-ups: Du musst es wollen

Mit klaren Wachstumszielen, Fleiß und Kreativität ist Igor Loges die Gründung seiner Kfz-Lackiererei gelungen. Das Zünglein an der Waage: die kaufmännische Schützenhilfe – auch für die laufende Expansion. Teil 1 unserer Gründerserie.

Fachkräftemangel, erfolglose Nachfolgersuche und die Nachfrage nach hochwertiger Arbeit: Auch  in Krisenzeiten spricht vieles für die Unternehmensgründung. Die junge Lackiererei Loges bereichert seit 2016 das K&L-Gewerbe in Baden.
Fachkräftemangel, erfolglose Nachfolgersuche und die Nachfrage nach hochwertiger Arbeit: Auch  in Krisenzeiten spricht vieles für die Unternehmensgründung. Die junge Lackiererei Loges bereichert seit 2016 das K&L-Gewerbe in Baden.

„Wenn nicht jetzt, wann dann?“ entgegnet Igor Loges, Inhaber der Lackiererei Loges im badischen Bötzingen auf die Frage, ob es nicht ziemlich kühn sei, in diesen wirtschaftlich schwierigen Zeiten ein Unternehmen in der Kfz-Branche aus der Taufe zu heben. Für ihn war bereits vor sechs Jahren eindeutig: Fachkräftemangel, Betriebsaufgaben mangels Nachfolger und die Nachfrage nach hochwertiger Arbeit bergen Chancen für eine Gründung. Deshalb hat der damals 34-jährige Kfz-Lackiermeister zum 1. September 2016 den Schritt in die Selbstständigkeit gewagt.

Knackpunkt: Anschubfinanzierung

Doch schon in der ersten Umsetzungsphase hat Loges so manche Hürde nehmen müssen. Eine solche war die Anschubfinanzierung auf Basis des Business Plans. Darin hat er auf etwa 25 Seiten sein Geschäftsmodell, den Investitionsbedarf und seine Ziele dargelegt. Demnach reichen die Leistungen von Unfallinstandsetzungen inklusive Abschleppen über Sonderlackierungen für Pkw und Motorräder bis hin zur Restauration von Oldtimern. Der Schwerpunkt liegt dabei auf Lackierarbeiten aller Art. Hierfür hat er 50.000 Euro bei seiner Hausbank erfragt. Das wurde negativ beschieden. Die Erklärung laut Loges: „Zum einen sei eine Lackiererei ein Risikobetrieb, zum anderen musste ich meine Arbeitsstelle kündigen, um mich auf die Gründung zu konzentrieren. Ohne festes Einkommen war ich für die Bank nicht mehr kreditwürdig.“

Nun war guter Rat teuer. Dieser kam von einem Kollegen aus der Branche. Er stellte den Kontakt zu einem Steuerberater her, zu dem inzwischen eine enge Bindung herrscht. Der Experte hat sich den Businessplan noch mal angesehen und die Investitionssumme auf 30.000 Euro gekürzt, 20.000 Euro für Equipment und 5.000 Euro als Puffer. Gleichzeitig suchte er die Gespräche mit der Bank. Auch seine Anfrage wurde abgelehnt. Erst durch die Bürgschaft der Eltern ist das Geld geflossen – zu einem Zinssatz von über zehn Prozent. „Für mich hat es bedeutet, es musste funktionieren“, so der Jungunternehmer. Und das tat es.

Gründer Igor Loges: Er hat seine Kfz-Lackiererei sukzessive im regionalen Markt etabliert.
Gründer Igor Loges: Er hat seine Kfz-Lackiererei sukzessive im regionalen Markt etabliert.
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Betriebswirtschaftliche Expertise entscheidet

Loges arbeitet dafür sieben Tage die Woche von früh bis spät anfänglich in angemieteten Räumen in Breisach. Lohn der Anstrengung: Anfang 2018 war er schuldenfrei und hatte einen Kapitalstock aufgebaut. Die ersten Jahre hat er mit einem Mitarbeiter gewuppt. 2019 kam ein Lehrling hinzu. Bei buchhalterischen und administrativen Aufgaben unterstützt seine Lebensgefährtin als Buchhalterin und Controllerin in einem mittelständischen Unternehmen dabei, dass der Kfz-Fachmann diese konsequent managt. So hat er den Betrieb etwa mittels einer Kfz-Handel- und Handwerksversicherung, einer Inhaltsversicherung und einer Rechtsschutz abgesichert.

Eine Schlüsselfunktion hat weiterhin der Steuerberater in betriebswirtschaftlichen Angelegenheiten. „Er ist gleichzeitig Unternehmensberater und zeigt mir regelmäßig die relevanten Kennzahlen auf“, sagt der Gründer. Der Buchprüfer hat ihn daher 2020 erneut bei der Expansion begleitet, welche die steigenden Aufträge notwendig machten.

Neuer Standort als Wachstumsbasis

Da die bisher genutzten Räumlichkeiten für das Wachstum zu wenig Platz boten, begann der Unternehmer mit der Suche nach einem neuen Standort. Durch seine enge Vernetzung in die regionale Kfz-Branche hat er von einem Werkstattinhaber in Bötzingen erfahren, der sein Gebäude verkaufen will. Daraufhin hat Loges ihn kontaktiert und Anfang 2021 den Kauf abgeschlossen.

Bei der Finanzierung ist er mit seinem Steuerberater dieses Mal offene Türen bei den Banken eingerannt. Das rund 1.500 Quadratmeter große Grundstück plus Halle, die eine Fläche von zirka 500 Quadratmetern mitbringt, sind nun zu zehn Prozent aus Eigenmitteln und der Rest über 20 Jahre mit einem Zinssatz von unter einem Prozent finanziert. Etwa 200.000 Euro hat er in den Umbau mit Lackieranlage und Werkstattausrüstung gesteckt. Mit Fertigstellung im Oktober 2021 hat die Lackiererei Loges in den eigenen Wänden den Betrieb aufgenommen.

Neben dem Inhaber werken an den fünf Hebebühnen und drei Stellplätzen plus Lackierkabine inzwischen zwei Gesellen, ein Lehrling und ein Minijobber an der Erfolgsgeschichte. Je nach Größe und Aufwand absolvieren sie bis zu 15 Werkstattdurchgänge pro Woche. Hinzu kommen Langzeitprojekte wie Oldtimer-Restauration und Wohnmobilaufbauten. Dass die Auslastung stimmt, lässt sich anhand des Rentabilitäts-Plans messen. „Die Prognosen für 2023 auf Basis der betriebswirtschaftlichen Auswertungen haben wir Ende 2022 erreicht“, freut sich Loges. Konkrete Zahlen will er nicht nennen.

Der Standort in Bötzingen seit 2021: Das Gebäude ist die Arbeitsstätte des fünfköpfigen Teams.
Der Standort in Bötzingen seit 2021: Das Gebäude ist die Arbeitsstätte des fünfköpfigen Teams.

Diversifikation: Breite Kundenklientel

Die positive Entwicklung führt der Kfz-Lackiermeister unter anderem auf die breite Kundenklientel zurück, die aus einem Umkreis von rund 25 Kilometern um den neuen Standort kommt. Rund die Hälfte des Umsatzes generiert sich mittels Aufträge aus privater Hand, die andere Hälfte von Flottenbetreibern und Autohäusern. Letztere hat er bei Gründung als erstes persönlich besucht. Einige haben seine Arbeit gekannt und sind schnell zu Kunden geworden. Andere sind sukzessive gefolgt. Ausschlaggebend war nach seinen Beobachtungen die Mund-zu-Mund-Propaganda.

Parallel dazu repariert er für Privatkunden nicht nur Haftpflichtschäden, sondern realisiert beispielsweise auch Sonderwünsche bei Lackierungen. Was alles möglich ist, zeigt der für die Sparte außergewöhnlich professionelle Web-Auftritt. Die Präsenz illustriert auch die Bedeutung des Teams.

Leitbild: Leistung im Teamwork

Generell spielen Teamgeist, direkte Kommunikation und ein angenehmes Ambiente eine zentrale Rolle. Wenn Fragen aufkommen oder Ideen gefordert sind, stecken die Mitarbeiter die Köpfe zusammen und erarbeiten Lösungen. Kreativität ist gefragt. Starre Strukturen und Befehlston sind Loges ein Gräuel. Aus seiner Zeit als Angestellter weiß er, wie demotivierend das sein kann.

Die offene und freundliche Kultur trägt Früchte bei der Rekrutierung. Er findet die gewünschten Fachkräfte, indem er auch auf deren Bedürfnisse eingeht. So hat er einen Gesellen gewonnen, indem er ihm einen Wunsch erfüllt hat. „Er wollte seinen Hund mit zur Arbeit bringen können. Das war kein Problem“, sagt Loges. Seither gibt es mit dem schwarzen Mischling Balou einen Werkstatt-Hund, der es sich im Aufenthaltsbereich gemütlich macht.

Ausbau: Prozessoptimierung im Blick

Die Mitarbeiterbindung will Loges gepaart mit weiterem Wachstum stärken. Dazu feilt er an neuen Expansionsplänen. In diesem Jahr soll an der Gebäudefront ein Anbau von rund 80 Quadratmetern als Finish-Bereich entstehen, um die Arbeitsschritte zu optimieren. Darauf kommt eine Terrasse, die dem Team auch nach Feierabend als Treffpunkt offen steht.

Die betriebliche Evolution lässt ihn optimistisch auf die kommenden Jahre blicken. Lieferengpässe bei Materialien oder die hohen Gaspreise bei den energieintensiven Lackierarbeiten setzen zwar auch ihm zu, er kann sie aber noch als kalkulierbare Kostenblöcke verbuchen. Zu diesem Zweck hat er etwa auf die Versorgung mit Flüssiggas umgestellt und damit die Steigerung des Gaspreises für 2023 von neun auf zwölf Cent dämpfen können.  Anderen Gründungswilligen macht er zudem Mut: „Wenn jemand einen guten Job macht, braucht er vor dem Schritt in die Selbstständigkeit keine Angst zu haben. Allerdings sollte man sich von vorherein Schützenhilfe durch einen guten Steuerberater holen. Denn strukturierte kaufmännische Abläufe und Zahlen sind das A und O.“ (Annemarie Schneider)

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