Direkt zum Inhalt
Teilegroßhandel 21. Juli 2022

„Nexus ist strategischer Partner“

Die digitale Welt ist nicht genug. Im Interview erläutert CEO Markus Winter, wie sich Kfzteile24 vom Webshop zum Werkstatt-Partner mausert. Eine Trumpfkarte ist die Logistik und der Blick nach vorne: So investieren die Berliner in Ersatzteile fürs elektromobile Zeitalter.

Markus Winter ist seit 2020 CEO bei der Kfzteile24 GmbH. Er war zuvor bei verschiedenen E-Commerce-Anbietern wie der Fashion4home GmbH oder der Internetstores-Gruppe tätig.
Markus Winter ist seit 2020 CEO bei der Kfzteile24 GmbH. Er war zuvor bei verschiedenen E-Commerce-Anbietern wie der Fashion4home GmbH oder der Internetstores-Gruppe tätig.

Kfzteile24 hat ehrgeizige Pläne: Um das Wachstum bei Werkstattkunden fortzuschreiben, steht unter anderem der Ausbau der taggleichen Belieferung vom ostdeutschen Raum aufs Bundesgebiet auf der Agenda. Und auch die Erweiterung des Sortiments - vor allem mit Ersatzteilen für Stromer - ist ein wichtiger Hebel. Hierbei setzt Geschäftsführer Markus Winter auch auf die Partnerschaft mit der internationalen Handelskooperation Nexus Automotive. Im amz-Interview erklärt der Digitalprofi zudem, was sich hinter einer kreativ anmutenden Marke namens „f.becker_line“ verbirgt.

Herr Winter, welches Potenzial wohnt der Kfz-Branche inne?

Markus Winter: Der Automotive-Aftermarket ist für den digitalen Handel sehr interessant. Jedoch ist die Kfz-Branche eine recht komplexe Branche, in der die Digitalisierung noch vergleichsweise wenig fortgeschritten ist. Nur zehn bis zwölf Prozent aller Bestellungen passieren derzeit online. Dieser Anteil wird aber immer größer. Das jährliche Wachstum beläuft sich auf etwa zehn Prozent – ein steter Anstieg also, in den wir als E-Commerce-Unternehmen investiert haben und für den wir als digitale Plattform bereit sind.

Was ist den Gewerbekunden wichtig?

Markus Winter: Prinzipiell setzen Privat- und Gewerbekunden die gleichen Qualitätskriterien beim Kauf im Internet an. Dennoch haben gewerbliche Kunden höhere Serviceanforderungen: Hier zählen nicht nur Sortiment und Preise, ganz zentral sind die Aspekte Lieferung und Verfügbarkeit. Der Online-Handel muss Werkstätten gegenüber verlässlich sein. Unsere Kunden stehen schließlich den Autobesitzern gegenüber in der Pflicht, deren Fahrzeuge sie gerade auf der Bühne haben.

Ad

Bei Servicebetrieben zählt häufig eine schnelle Belieferung…

Markus Winter: Richtig. Ein wichtiger Bereich, in den wir in der vergangenen Zeit enorm viel investiert haben. Für ostdeutsche Werkstätten haben wir in den letzten anderthalb Jahren eine taggleiche Belieferung aufgebaut. Sie alle werden aus unserem Logistikzentrum in der Nähe von Berlin beliefert. Viele vorher eher zurückhaltende Betriebe, mit denen wir nur wenig Volumen machten oder die wir gar nicht bedienten, konnten wir damit von unserem Angebot überzeugen. Zu den bereits bestehenden Argumenten, nämlich ein guter Preis, ein breites Sortiment, hohes Serviceniveau sowie ein datengetriebenes Nutzererlebnis, kommt nun noch eine zuverlässige Belieferung.

Wie steht es mit dem Rest von Deutschland?

Markus Winter: Wir sind 2020 mit dem Großraum Berlin gestartet. Heute erreichen wir neben Ostdeutschland zum Beispiel auch Kunden in Hannover und möchten unseren taggleichen Service bis Ende 2023 auf rund 80 oder 90 Prozent des Bundesgebietes ausdehnen.

Vom Berliner Start-up zum Teilehändler: Kfzteile24 ist seit 2021 auch im Nexus Automotive-Netzwerk aktiv.
Vom Berliner Start-up zum Teilehändler: Kfzteile24 ist seit 2021 auch im Nexus Automotive-Netzwerk aktiv.

Eine wichtige Bedingung dürfte die Anpassung der Infrastruktur sein?

Markus Winter: Ganz recht, damit wir ganz Deutschland bedienen können, braucht es zusätzliche Logistikhubs.

Kfzteile24 wirbt mit einer Verfügbarkeit von 2,5 Millionen Teilen. Wie viel davon haben sie auf Lager und welche Fahrzeugsegmente werden abgedeckt?

Markus Winter: Vor drei Jahren noch fasste unser Angebot rund 800.000 Teile. Wir haben uns also beim Sortiment sehr gut entwickelt. Gegenwärtig decken wir das Pkw-Segment ab, expandieren aber auch in Richtung Motorrad und Truck. Von unserem Gesamt-Sortiment haben wir zahlreiche Artikel auf Lager. Alles andere können wir binnen zwei bis drei Tagen bei Partnern nachordern und weisen das in der Lieferzeit aus.

Wann wird die Ware im Bereich Nutzfahrzeuge zur Verfügung stehen?

Markus Winter: Im Truck-Segment gibt es einige Besonderheiten zu berücksichtigen: Das Geschäft ist einerseits zeitkritisch und andererseits von Speziallogistik geprägt. Hier wollen wir in Kürze erste Teile ins Sortiment aufnehmen. Mit der Produkterweiterung für Truck, Motorrad, aber auch Bus verfolgen wir eine Vision: Wir wollen Vollsortimenter für den gesamten Mobilitätsbereich werden – insbesondere auch der Elektromobilität.

Wie wichtig ist Größe beim Aufbau einer E-Commerce-Plattform?

Markus Winter: Die Zeiten, in denen sich eine digitale Handelsplattform aus der Garage heraus entwickelt, sind vorbei. Vor noch circa 15 Jahren genügte ein Millionen-Umsatz im zweistelligen Bereich, dann zählte man zu den Großen. Die Umsatzschwelle liegt mittlerweile eher im dreistelligen Millionenbereich. Um konkurrenzfähig zu sein, kommen weitere Anforderungen bei Organisation, Prozessen, Logistik und technologischer Kompetenz hinzu. Außerdem: Je größer ein Unternehmen ist, desto bessere Einkaufspreise lassen sich erzielen.

Am Anfang von Kfzteile24 stand 2001 der Ebay-Shop. Wo liegen die Nachteile, das eigene Sortiment über andere Online-Handelsplätze zugänglich zu machen?

Markus Winter: Unser Händlershop auf Ebay war äußerst erfolgreich: Als größter Powerseller auf Ebay Motors hatten wir unseren eigenen Stern auf dem „Ebay Walk of Stars“. Auch heute sind wir noch auf Ebay aktiv. Unser Angebot beschränkt sich aber auf bestimmte Bereiche, wir bieten nicht unser gesamtes Sortiment an. Strategisch ist eine eigene Plattform wertvoller. Die direkte Kundenbeziehung erlaubt eine bessere Kommunikation, mehr Servicequalität und nicht zuletzt höhere Einnahmen. Das ist im Privatkundenbereich wichtig, bei den Gewerbekunden aber noch entscheidender.

Für die geplante weitere Expansion plant das Unternehmen zusätzliche Logistikzentren.
Für die geplante weitere Expansion plant das Unternehmen zusätzliche Logistikzentren.

Ihr Unternehmen leistet sich eigene Kfz-Servicebetriebe – das ist unüblich für einen Digitalplayer. Was steckt dahinter?

Markus Winter: Wir haben in Berlin drei eigene typenoffene Meister-Werkstätten. Die Betriebe sind an unsere Filialen angeschlossen, hier können wir verkaufte Ersatzteile auch direkt einbauen. Dieser ganzheitliche Ansatz ist fester Bestandteil unseres Geschäftsmodells. Außerdem kommen unsere Werkstätten einem Vertrauenssiegel gleich. Das heißt: Kunden ordern digital und können sich, wenn etwas nicht funktioniert, vor Ort helfen lassen – wir bieten aus Kundensicht also Produkt und Lösung. Auch die Möglichkeit des „Click & Collect“ ist wichtig. Kunden können ihre zuvor bestellten Produkte bei uns abholen.

Ihr Unternehmen ist Teil des Nexus-Netzwerks. Wo liegen die Vorteile?

Markus Winter: Die Handelsorganisation ist für uns ein sehr guter strategischer Partner. Deswegen haben wir uns Anfang 2021 entschlossen, uns anzuschließen. Ein internationales Netzwerk verbunden mit guten Lieferantenbeziehungen - das kommt vor allem unserer Service- und Lieferqualität zugute. Besonders spannend finden wir darüber hinaus den hohen Fokus auf Nachhaltigkeit bei Nexus.

Mit Nachhaltigkeit spielen Sie vermutlich auf den brisanten Bereich der Elektromobilität an. Andere Marktteilnehmer blicken eher besorgt auf das Thema. Inwiefern sehen Sie Potenzial?

Markus Winter: Der physische Verschleiß an den Autos wird uns weiterhin begleiten. Natürlich gibt es Produktkategorien, die sich im Zuge der zunehmenden E-Mobilität schlechter verkaufen. Andere Ersatzteile werden dagegen häufiger oder neu nachgefragt, denken Sie nur an den Bereich Elektronik sowie Verkabelung. Kfzteile24 stockt hier immer mehr das Sortiment auf – auch wenn sich die Investition sicher im Moment noch nicht auszahlt. Doch wir sind überzeugt, dass sich die Produktkategorie in den kommenden Jahren sehr stark entwickeln wird. Und wenn das soweit ist, möchten wir die erste Anlaufstelle für Elektromobilität sein.

Was verbirgt sich hinter der Marke „f.becker_line“?

Markus Winter: Bei f.becker_line handelt es sich um unsere Produktmarke für gehobene Ansprüche - entwickelt von Profis für Profis. Dennoch locken die Ersatzteile mit gutem Preis-Leistungs-Verhältnis. Wir möchten unseren Kunden die größtmögliche Auswahl an Artikeln anbieten. Dazu gehören neben Markenprodukten auch qualitativ hochwertige Eigenmarken. Hierbei profitieren die Kunden von unserer Expertise sowie guten Lieferantenbeziehungen. Denn das alles spiegelt sich im besonders guten Preis-Leistungsverhältnis wider. Dabei machen wir keinerlei Abstriche bei der Qualität, sondern setzen einen OE-Standard an. Wir entwickeln die Marke so zu einem Wachstums- und Profitabilitätstreiber weiter. Doch es ist wie in jeder Beziehung: Vertrauen braucht Zeit.

Welche Teile bieten Sie an?

Markus Winter: Das geht durch unser gesamtes Sortiment: Wir bieten Motorteile, Bremsenkomponenten, Autoelektronik oder auch Öle. Wir tasten uns an die einzelnen Kategorien mit Bedacht heran – aktuell sehen wir aber keinen Teilebereich, den wir hier aussparen müssten.

Herr Winter, vielen Dank für das Gespräch!

TIPP: Sie interessieren sich für das Kfz-Gewerbe und den Autoteilehandel? Der amz.de-Newsletter informiert Sie aktuell über Entwicklungen und Hintergründe. Jetzt gleich anmelden!

Passend zu diesem Artikel