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Der Range Extender zündet wieder

Nachdem der BMW i3 mit Range Extender 2019 aus dem Programm genommen wurde, war diese Technik für E-Fahrzeuge praktisch vom Markt verschwunden. Doch nun kündigt sich ein Revival des Gespanns aus E-Antrieb und Verbrennungsmotor als Reichweitenverlängerer an.

Der Range Extender war bereits totgeglaubt – nun könnte er sein großes Comeback feiern.
Der Range Extender war bereits totgeglaubt – nun könnte er sein großes Comeback feiern.

Vor rund zehn Jahren galten Elektrofahrzeuge mit Range Extender, also einem zusätzlichen Verbrennungsmotor zur Reichweitenverlängerung, als einer der zentralen Bausteine für die künftige elektrifizierte Massenmotorisierung. Der Haupttreiber der Entwicklung war die Reichweitenangst der Kunden aufgrund der kleinen Traktionsbatterien, verstärkt durch lange Ladezeiten und die noch rudimentäre Ladeinfrastruktur. Mit einer Not-Lademöglichkeit während der Fahrt sollte ihnen die Range-Extender-Technik in Elektroautos wie dem BMW i3 oder dem Opel Ampera den Schrecken vor dem Liegenbleiben nehmen. Während beim i3 der kleine Zweizylinder-Verbrennungsmotor seriell in das Antriebssystem integriert und nur zur Stromerzeugung eingebunden war, bot der Ampera einen zusätzlichen mechanischen Durchtrieb vom Vierzylindermotor zu den Antriebsrädern.

Doch der Markt entwickelte sich anders als gedacht, statt des E-Antriebs mit Range Extender haben sich Plug-in-Hybridsysteme durchgesetzt. Auch sie bieten lokal emissionsfreies Fahren, aber vor allem eine bessere Langstreckentauglichkeit. Damit sind sie für eine breite Käuferschicht die bessere Wahl, zumal der Staat auch ihren Erwerb mit stattlichen E-Auto-Förderungen bezuschusst. Allerdings ist deren Fortbestand ab 2023 ungewiss, und damit auch die Zukunft der Plug-in-Hybridfahrzeuge. Als Alternative haben mittlerweile einige Automobilhersteller wieder die Range-Exender-Technik für E-Fahrzeuge im Blick.

Leistungsansatz bei Nissan

Nissan e-Power-System
Nissan e-Power-System

Beispielsweise wird Nissan in der zweiten Hälfte des Jahres 2022 in Europa die sogenannte e-Power-Technik im Nissan Qashqai einführen. Ihr Kern ist eine Kombination aus einem 1,5-l-Dreizylinder-Turbomotor, der 115 kW leistet, und dem Elektrosystem. Es besteht aus Hochleistungsbatterie, Generator, Wechselrichter und einem 140-kW-E-Motor. Der Ottomotor erzeugt Strom, der je nach Fahrsituation über den Wechselrichter an die 2,1 kWh große Pufferbatterie, den E-Motor oder an beide fließt. Dabei werden die Räder ausschließlich vom Elektromotor angetrieben. Darin unterscheidet sich das e-Power-System von herkömmlichen Hybridfahrzeugen, bei denen die Antriebskraft je nach Betriebsmodus teilweise oder ganz vom Verbrennungsmotor mechanisch an die Räder geleitet wird.

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Eine externe Auflademöglichkeit für die Batterie ist beim e-Power-Konzept nicht vorgesehen, der Verbrennungsmotor ist somit kein klassischer Range Extender im Sinne einer Rechweitenverlängerung, sondern unverzichtbarer permanenter Stromlieferant. Dank e-Power wird er stets im optimalen Drehzahlbereich betrieben. Das Verdichtungsverhältnis des Verbrennungsmotors ist variabel und deckt eine Spanne von 8:1 bis 14:1 ab. Erreicht wird die Verstellung durch einen Aktuator, der die Länge des Kolbenhubs je nach Anforderung verändert. Bei geringem Leistungsbedarf – beispielsweise bei konstanter Geschwindigkeit und einem guten Ladezustand der Batterie – liegt das Verdichtungsverhältnis im oberen Bereich, was Verbrauch und Emissionen senkt. Um bei hohem Leistungsbedarf die Batterie zu laden oder den Motor direkt mit Strom zu versorgen, wird das Verdichtungsverhältnis verringert. Der Übergang erfolgt nahtlos und für den Fahrer unmerklich. Durch die e-Power-Technik mit optimiertem Energiefluss zwischen Verbrennungsmotor, Batterie und E-Antriebsmotor verspricht Nissan einen im Vergleich zu konventionellen Antrieben geringeren Kraftstoffverbrauch – beim Qashqai soll es rund ein Liter im Messzyklus sein – und damit weniger CO2-Emissionen, kombiniert mit einem kultivierteren Fahrverhalten dank reduzierter Motorgeräusche.

Seidenweicher Kreiskolbenmotor bei Mazda

Range Extender mit Kreiskolbenmotor
Range Extender mit Kreiskolbenmotor

Hohe Laufkultur des Range Extenders im E-Antriebssystem ist auch für Mazda ein entscheidendes Kriterium. Der japanische Hersteller hat für 2022 eine Variante des E-Fahrzeugs Mazda MX-30 angekündigt, in der ein kleiner, leichter und leiser Kreiskolbenmotor als Teil eines seriellen Hybridsystems – also wie seinerzeit beim BMW i3 ohne direkten Durchtrieb zu den Rädern ­– einen Generator zur bordeigenen Stromerzeugung antreibt. Das Aggregat arbeitet bei konstanten, niedrigen Drehzahlen und soll sich durch eine besonders hohe Effizienz auszeichnen. Details der Konstruktion will Mazda in den nächsten Monaten bekanntgeben.

Potenziale in der Nische

Range-Extender-Modul für Nutzfahrzeuge
Range-Extender-Modul für Nutzfahrzeuge

Weitere Einsatzfelder des Gespanns aus Verbrennungsmotor und E-Antrieb sind in Nischen und Spezialanwendungen zu finden. So baut LEVC, Hersteller der legendären London-Taxis, nun auch eine elektrifizierte Großraumlimousine mit 1,5-l-Ottomotor als Range Extender. Im Nutzfahrzeugbereich entwickeln MAN und der Entwicklungsdienstleister IAV zusammen im Rahmen des Assured-Forschungsprojekts ein Abfallsammelfahrzeug mit E-Antrieb und Range Extender. Als Basis für das Demofahrzeug dient das Chassis eines MAN TGM 6x2/4 mit 26 t zulässigem Gesamtgewicht, einem Radstand von 4125 mm und einer Nutzlast von circa 10 t. Der Antrieb erfolgt durch eine elektrisch angetriebene Achse mit 250 kW Spitzenleistung. Die verwendeten 700-V-Batterien können etwa 150 kWh Energie speichern. Sie werden entweder extern über eine Ladeschnittstelle oder intern über das Range-Extender-Modul geladen. Es basiert auf einem 1,4-l-Verbrennungsmotor aus dem VW Golf und einem Generator, der normalerweise für den Antrieb von Pkw verwendet wird. Aus Umweltschutzgründen wird das Aggregat mit komprimiertem Erdgas (CNG) betrieben. Ein gänzlich CO2-freier Betrieb des Range-Extender-Moduls wäre künftig – wenn die entsprechende Infrastruktur aufgebaut ist – durch die Umstellung auf Wasserstoff realisierbar. Das wäre auch ganz im Sinne des Kreiskolben-Pioniers Mazda, denn dieses Motorkonzept eignet sich aufgrund der spezifischen Eigenschaften bei der Verbrennung perfekt für den Betrieb mit Wasserstoff.

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