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Recht und Finanzen 29. Oktober 2018

„Anlieger frei“ auch für Kunden?

Für manch innerstädtische Werkstatt bedeutet die im Vorwärtsgang befindliche Mobilitätswende eine Verunsicherung: Können Kunden mit älteren Autos die Werkstatt noch erreichen, wenn sie in einer sogenannten Umweltzone oder Fahrverbotszone liegt?

Bei einer Polizeikontrolle sollte der Kunde auf seinen Werkstatttermin hinweisen.
Bei einer Polizeikontrolle sollte der Kunde auf seinen Werkstatttermin hinweisen.

Besonders seitdem mehrere Städte Fahrverbotszonen für ältere Diesel eingerichtet haben, sind dort ansässige Betriebe in Sorge um die Treue ihrer Kunden, die jetzt nicht mehr mit ihrem älteren Diesel bis zum Kundenparkplatz gelangen könnten. Auch Werkstätten, die sich in den innenstädtischen Bereichen gehalten haben, sind von der Verunsicherung der Kunden betroffen, denn nach den bisherigen Aussagen der Politik soll es nur Ausnahmen geben für Menschen, die in den Verbotszonen wohnen oder arbeiten. Für diese gilt das Prinzip „Anlieger frei“, wie es auch auf oder unter den Beschilderungen für die Verbotszonen als Ausnahmetafel zu lesen ist.

Aber was ist mit den Kunden? Der Paragraf 45 der Straßenverkehrsordnung regelt in Absatz (1f) zwar, dass die Straßenverkehrsbehörden die erforderlichen Verkehrsverbote mit den dafür geschaffenen Zonenkennzeichen „in Verbindung mit dem dazu vorgesehenen Zusatzzeichen“ anbringen, aber der Begriff „Anlieger“ taucht darin nicht auf. Das Nähere regelt dann die Rechtsprechung – und die hat sich im Prinzip auf eine einfache Formel verständigt: Anlieger ist, wer dort ein Anliegen hat. Gemeint sind also nicht nur die Menschen, die in der betroffenen Zone leben oder arbeiten, sondern auch die Verkehrsteilnehmer, die dort mit ihnen in Kontakt treten wollen: Freunde, Besucher, Gäste, Kunden, Patienten. Zu diesem Personenkreis zählt aber nicht, wer die Zone durchfahren möchte, um zu einem außerhalb des Bereichs liegenden Ort zu kommen, zum Beispiel als Abkürzung, oder wer einfach nach einem Parkplatz sucht.

Fragt sich nur: Wie kann man im Falle einer Kontrolle nachweisen, dass man ein Anliegen hat? Das OLG Oldenburg hat dazu 2017 entschieden, dass man im Zweifel belegen können muss, dass tatsächlich ein Anliegen in der Fahrverbotszone vorliegt. Ansonsten droht ein Bußgeld von bis zu 75 Euro (Az.: 2 Ss(OWi) 213/17).

Für Werkstätten in Fahrverbotszonen gilt daher die Empfehlung, betroffene Kunden mit älteren Dieseln darauf hinzuweisen und diesen eine schriftliche Terminbestätigung zuzusenden. Eventuell kann es im Fall einer Kontrolle auch reichen, das konkrete Anliegen mündlich anzugeben, wenn dieses einer Überprüfung standhält. Sollte es zu einem Bußgeld gegen einen Kunden der Werkstatt kommen, der zu einem Termin geladen war, kann dem Bußgeldbescheid widersprochen und eine schriftliche Terminbestätigung oder Erklärung der Werkstatt als Beweismittel eingereicht werden.

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