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Diagnose 28. Februar 2019

Gut Ding will Weile haben

Flashen, also die Reprogrammierung von Steuergeräten, gilt zu Recht als Königsdisziplin. Was ist dabei zu beachten? Und welche Anforderungen stellt das an den Arbeitsplatz?

Auf Sttze: Die Spannung im Bordnetz muss stabil sein.
Auf Sttze: Die Spannung im Bordnetz muss stabil sein.

Die Einführung der Euro-5-Norm brachte nicht nur neue Schadstoffgrenzwerte. Vor allem mussten Fahrzeughersteller auch freien Werkstätten mehr oder weniger uneingeschränkten Zugang zu technischer Dokumentation und der in Kundenfahrzeugen verbauten Elektronik gewähren. Nichtmarkenwerkstätten erhielten damit Zugriff auf Funktionen wie das digitale Serviceheft und die Reprogrammierung von Steuergeräten. Prinzipiell wird das Fahrzeug dafür über einen Adapter (VCI) mit einem Rechner in der Werkstatt verbunden, auf dem eine herstellereigene Software läuft. Diese verbindet sich via Internet mit dem Server des Fahrzeugherstellers; das Flashen (oder auch eine Diagnose) läuft also sowohl online als auch lokal.

Da insbesondere eine Reprogrammierung tief in die Software eingreift, ist der Vorgang nicht ganz trivial. Wer je unter Windows 98 eine CD gebrannt hat, kann sich noch gut an die Umstände erinnern, die für einen gelungen Brennvorgang entscheidend waren: Internet aus, Finger von der Maus und bloß nicht den Staubsauger einschalten. Schon kleinste Störungen sorgten für Schreibfehler und Ausschuss in der CD-Schublade. Selbst wenn das Flashen von Steuergeräten zunehmend einfacher wird, so gehört das Umprogrammieren der Firmware zu denjenigen Arbeiten, die man nicht nebenher erledigen sollte – die Gefahr, teure Elektronik im Fahrzeug in Edelschrott zu verwandeln, ist groß.

Gut Ding will deswegen Weile haben und braucht ein paar organisatorische und technische Zutaten. Schließlich kann ein Flashvorgang durchaus ein paar Stunden dauern, während derer weder das Fahrzeug noch der Rechner angefasst werden dürfen. Da aktuelle Fahrzeuge bei Zündung ein durchaus 100 Ampere Ruhestrom ziehen können, gehört ein leistungsfähiges Ladegerät deswegen zum Flashen unbedingt dazu (siehe unser Test auf Seite 28). Ebenso wichtig, dass sich die Bordspannung am Gerät einstellen lässt – bestimmte Funktionen sind erst ab oder auch nur bis zu einer definierten Spannung möglich. Wenn es beim Flashen hakt, kann das schlicht an einer zu niedrigen Batteriespannung liegen.

Selbst die Temperatur im und am Fahrzeug ist entscheidend – insbesondere im Hochsommer sollten Innen- und Motorraum nicht kochend heiß sein. Der Flashpatient steht deswegen idealerweise in der Halle und darf auch mit Flatterband und Hinweisschild geschützt werden, damit niemand aus Versehen in den Vorgang eingreift. Typischerweise kommen für das Flashen Laptops zum Einsatz; sie sind nicht nur mobil, sondern bringen auch (in Form ihres Akkus) eine eigene Stromversorgung mit – falls aus Versehen ein Kollege den Netzstecker zieht, läuft der Prozess weiter.

Während detaillierte Hardwareanforderungen auch von den Fahrzeugherstellern kommen, so reicht die Performance aktueller Businesslaptops erfahrungsgemäß aus. In jedem Fall sollte man dafür sorgen, dass der Rechner immer eingeschaltet bleibt. Dazu in den Energieoptionen den Präsentationsmodus auswählen oder den Ruhezustand und Bildschirmschoner manuell deaktivieren. Auch wenn Microsoft seine Updatepolitik entschärft hat, so kann es nicht schaden, Updates vor einem Flashvorgang zu deaktiveren oder zu planen (Windows 10) – ärgerlich, wenn der Rechner während des Flashens nach einem Update neu startet. Dass das Betriebssystem aktuell und frei von Viren sein sollte (und nicht zum Surfen im Internet verwendet wird), versteht sich von selbst.

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Zeit und Know-how
Die Reprogrammierung kann – je nach Hersteller und Umfang – einige Minuten bis zu einigen Stunden dauern. Unabhängig von den Arbeitswerten für den Monteur belegt das Fahrzeug jedoch einen Arbeitsplatz, den man kalkulieren sollte. Der Techniker muss laufend geschult werden. Die Zugänge zu den Herstellerportalen lassen sich mit unterschiedlichsten Lizenzmodellen nutzen.

  • Techniker sollte im Bereich der Euro-5-Diagnose/Flashen regelmäßig geschult werden; je nach Kundenstamm/Fahrzeugpark sollten hier acht bis zwölf Schulungstage pro Jahr angesetzt werden.
  • Kosten für ein oder mehrere VCI (möglicherweise sind zum Beispiel KTS von bereits vorhandenen Testern nutzbar).
  • Einmalige Registrierungskosten für die Herstellerportale. Einige Hersteller (Renault, PSA) rechnen pro Fahrzeug ab.
  • Zeitgebundene Kosten (z. B. VAG).

Arbeitsplatz/Rechner

  • Laptop mit Windows 7 oder 10, Admin-Rechte, mindestens 8 GB Ram, Aktuelle CPU, Festplatte mit mindestens 150 GB Speicher.
  • Internet mit mindestens 6 MBit/s im Downlink. Konstante Pingzeiten lt; 100 ms zum Server des Fahrzeugherstellers.
  • VCI: Pass-Thru-fähig oder Hersteller-VCI.
  • Ladegerät zum Stützen des Bordnetzes im Fahrzeug. Mindestens 80 Ampere, besser mehr. Spannung im Fremdstrommodus einstellbar.

Mit freundlicher Unterstützung von
TRAINMOBIL
Trainings für Praktiker GmbH, Hamburg
www.trainmobil.de | info@trainmobil.de
Ansprechpartner:
Elmar Wenzel, 040 897 206-100

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