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Diagnose 2. Januar 2017

Der Autofahrer entdeckt die OBD-Schnittstelle

Bislang war die OBD-2-Schnittstelle im Auto nur für Fachleute aus Kfz-Werkstätten von Bedeutung. Mit dem Siegeszug des Smartphones wird sie nun auch für den normalen Autofahrer interessant – wenn er denn die OBD-Buchse im Cockpit findet.

Wenn der Stecker nicht mehr reicht, mssen die Fahrzeugdaten eben "over the air" zum Prfer kommen.
Wenn der Stecker nicht mehr reicht, mssen die Fahrzeugdaten eben "over the air" zum Prfer kommen.

Eingeführt wurde die OBD-Schnittstelle Ende des vergangenen Jahrtausends auf Betreiben der amerikanischen Behörden, die mit ihr die Abgasemissionen von Pkw ein Autoleben lang überwachen wollte. Seit 2001 ist sie in der Version OBD-2 auch in Europa in jedem Benziner, seit 2004 in jedem Diesel an Bord. Über den Fehlerspeicher hinaus stellt die Schnittstelle diverse weitere Daten von allen möglichen Steuergeräten zur Verfügung. Den Zugang deutlich vereinfacht haben in letzter Zeit spezielle Apps. Sie übersetzen die sperrigen Datenmassen in hübsche Grafiken und handliche Diagramme. Die kleinen Smartphone-Programm oder sind häufig zumindest in ihrer abgespeckten Variante kostenlos oder für kleines Geld zu haben. Wer im App-Store seines Handy-Betriebssystems „OBD“ eingibt, erhält Dutzende Ergebnisse, zu den bekanntesten zählen „Torque Pro“ und „DashCommand“. Auch einige Autohersteller bieten ähnliche Programme an.

Um zu funktionieren benötigen die Apps einen OBD-Dongle, einen kleinen Stecker, der in die OBD-Buchse gesteckt wird. Ordentliche Exemplare gibt es überall im Internet schon für rund 20 Euro. Als Suchbegriff eignet sich neben „OBD“ die Bezeichnung“ ELM 327“, die auf den Namen des Original-Chipsatzes des kanadischen Herstellers ELM beziehen. Einige Anbieter koppeln ihre Gratis-Software mit einem kostenpflichtigen Spezial-Dongle, der dann auch einen dreistelligen Betrag kosten kann. In der Regel bieten diese Pakete dann aber auch die umfangreichsten Funktionen. Mit dem Dongle gekoppelt werden sowohl die teuren als auch die billigen Exemplare entweder über Bluetooth oder WLAN.

Die Connected-Car-Funktion des Zulieferers Delphi.Foto: Delphi

Bereits die simpelsten Apps zeigen auf dem Handy-Bildschirm typische Bordcomputer-Angaben wie Drehzahl und Verbrauch, einige Programme lesen den allgemeinen Fehlerspeicher aus, die besseren und oft kostenpflichtigen kennen auch die herstellerspezifischen Fehlercodes. Häufig kombinieren die Apps auch die Daten von Fahrzeug und Handy; von diesem übernehmen sie dann beispielsweise GPS-Signal oder die Werte des eingebauten Beschleunigungssensors. Auch das Einbinden von Videos ist teilweise möglich. An den ausgegebenen Informationen dürften vor allem spielerische Naturen Spaß finden. Auch, wer besondere Touren mit seinem Auto, etwa auf der Rennstrecke, dokumentieren will, tüftelt hier gerne. Die Genauigkeit der Auswertungen differiert allerdings von App zu App. Das richtige Programm für das eigene Auto zu finden, kann daher einige Versuche benötigen.

Mehr Präzision, Zuverlässigkeit und Bedienkomfort versprechen häufig die kostenpflichtigen Apps oder App-Dongle-Kombinationen wie Drive Deck Sport (200 Euro), Pace (100 Euro) oder Drivelog Connect (70 Euro). Sie bieten auch interessante Zusatzfunktionen wie ein elektronisches Fahrtenbuch, einen Spritspartrainer oder besondere Informationen für Sportfahrer.

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Darüber hinaus sind unzählige weitere Funktionen möglich, die OBD-Apps künftig zu einem interessanten Geschäftsmodell für Werkstattsysteme, Versicherungen oder Automobilclubs machen. Denn die Apps können nicht nur Fehlerdiagnose betreiben, sondern auch direkt eine Werkstatt empfehlen. Bei einer Panne wird dann eben nicht der nächstbeste Abschlepper gerufen, sondern der eines Kooperationspartners. Und bei einem Unfall informiert die App direkt die Versicherung, die sich dann direkt um die Schadenabwicklung kümmern kann. Gerade für die Assekuranzen ist die Technik attraktiv, lässt sie doch auch eine recht genaue Fahrstilanalyse zu. Diese kann als Grundlage für Telematiktarife genutzt werden, bei denen sich die Prämienhöhe an dem Verhalten des Autofahrers im Alltag bemisst. (Holger Holzer/SP-X)

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