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Zuliefererindustrie 24. November 2023

BorgWarner: Mitten im Wandel

Der US-amerikanische Zulieferer BorgWarner setzt weiter auf Komponenten für Fahrzeuge mit Verbrennungsmotoren, arbeitet aber zeitgleich intensiv am Wandel hin zu E-Mobilität. Michael Boe, Vice President and General Manager Emissions, Thermal and Turbo Systems Aftermarket, erläutert im amz-Interview die Details.

Michael Boe ist seit 2015 für BorgWarner tätig.
Michael Boe ist seit 2015 für BorgWarner tätig.

Herr Boe, welchen Stellenwert nimmt das Thema ­Elektromobilität bei BorgWarner heute ein?

Michael Boe: Wir haben in den vergangenen fünf bis sieben Jahren erhebliche Summen in die Elektromobilität investiert und arbeiten weiter intensiv an der Umsetzung der Strategie „Charging Forward 2027“. Diese sieht vor, dass wir im Jahr 2027 allein mit Produkten für E-Autos weltweit einen Umsatz in Höhe von 10 Milliarden USD erwirtschaften. Der Verbrennerbereich wird bei uns im Konzern dann auf einen Umsatz von etwa 11 Mrd. USD kommen. Die E-Mobilität soll also bis 2027 für knapp die Hälfte unseres Umsatzes stehen. Zum Vergleich: Im Jahr 2023 werden wir in diesem Sektor 2,3 bis 2,6 Mrd. USD erzielen, was einem Umsatzanteil im Konzern von 15 bis 20 Prozent entspricht. Das heißt, wir planen in der E-Mobilität den nächsten Jahren erheblich zu wachsen. Ein wichtiger Aspekt bei dieser Entwicklung ist zudem, dass wir bereits im vierten Quartal 2023 mit unserem E-Portfolio in die Gewinnzone kommen werden.

Wo liegen bei dieser grundlegenden Transformation die größten Herausforderungen für einen Zulieferer?

Michael Boe: Es geht um viele Themen. Vor allem braucht man für den Wandel die richtigen Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter. Dafür haben wir vor zwei Jahren das Programm „Power to Evolve“ ins Leben gerufen, mit dem wir bisher rund 300 unserer Ingenieure, die bislang auf Komponenten für Fahrzeuge mit Verbrennungsmotoren spezialisiert waren, auf die neue Welt der E-Mobilität vorbereitet haben. Grundsätzlich versuchen wir immer, unsere guten Mitarbeiter zu behalten und sie mit Umschulungen so weiterzubilden, dass sie auch in Zukunft für uns eine wichtige Rolle spielen können.

Darüber hinaus benötigt man für den Wandel viel Cash Flow, um die notwendigen Investitionen tätigen zu können. Nicht zuletzt ist es von grundlegender Bedeutung, dass man als Konzern offen für neue Technologien ist. Dabei ist es allerdings immer wieder ein Problem, dass es in der E-Mobilität nur wenige weltweit gültige Standards in der gibt. Die OE-Hersteller bewegen sich weiterhin in recht unterschiedliche Richtungen. Während die Adapter in Europa weitgehend standardisiert sind, gab es in den USA ursprünglich sieben unterschiedliche Modelle. Aktuell sind es noch drei. Vielleicht kommt man ja irgendwann auf einen. Man braucht als Zulieferer bei der Entwicklung neuer Komponenten nun einmal deutlich weniger Energie, wenn die Dinge standardisiert sind. Wenn man aber gezwungen ist, spezifische Produkte zu bauen, kostet das sehr viel Geld.

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Neben dem OE-Geschäft ist BorgWarner traditionell stark im Aftermarket vertreten. Wie wird sich diese Präsenz entwickeln, wenn die Bedeutung der E-Mobilität immer stärker wird?

Michael Boe: Obwohl das Volumen im Markt langsam steigt, sind noch relativ wenige Elektrofahrzeuge in den freien Werkstätten zu finden. Das wird sich auch morgen oder übermorgen nicht geändert haben. Derzeit kommen die Fahrzeuge größtenteils in die Markenwerkstätten. Das bleibt so, bis die Fahrzeuge aus der Garantie kommen und den Besitzer wechseln. Es ist natürlich ein Problem für die freie Werkstatt, wenn sie jetzt viel Geld investieren soll, aber erst einmal nicht viel davon hat. Auch für die Aftermarket-Schiene von BorgWarner wird die E-Mobilität erst in fünf bis sieben Jahren eine relevante Bedeutung bekommen. Trotzdem ist es unsere Motivation, dass Teilehändler und Werkstätten sehen, dass sie mit uns einen verlässlichen Partner haben, der ihnen jetzt und in Zukunft helfen kann.

Welche Bedeutung hat die ­Wiederaufbereitung von Turboladern?

Michael Boe: Das ist weiterhin ein wichtiges Thema für uns. Wir haben vier Fabriken dafür – in Mexiko, Südamerika, Asien sowie eine in Polen. Wiederaufbereitete Ersatzteile sind für viele Kunden eine finanziell bessere Lösung, aber vor allem beim Thema Nachhaltigkeit ist Reman sehr vernünftig. Man spart 50 bis 60 Prozent CO2 im Vergleich zum Neuteil. Wir prüfen bei allen Produkten, wo es sinnvoll ist, die Wiederaufbereitung anzubieten, anstatt diese wegzuwerfen. Das gilt auch für unsere Komponenten für E-Fahrzeuge. Die Bedeutung der Wiederaufbereitung wird also in den nächsten Jahren eher noch steigen.

Im Herbst hat BorgWarner ein neues ­Markenimage präsentiert. Was steckt dahinter?

Michael Boe: Unser altes Logo wurde vor über 30 Jahren eingeführt. Nach dem Spin-Off von „Phinia“ wollten wir uns neu präsentieren. Das war der Moment, der gezeigt hat, wohin bei BorgWarner „die Reise geht“. Der Konzern ist zwar immer noch stark bei Komponenten für Fahrzeuge mit Verbrennungsmotoren, bewegt sich aber mittlerweile mit großen Schritten in die elektrische Welt. Diesen grundlegenden Wandel soll das neue, viel dynamischere Logo des Unternehmens verdeutlichen.  

Dazu passt auch das Engagement in Sachen Nachhaltigkeit. Können Sie uns das näher erläutern?

Michael Boe: Ja, wir arbeiten intensiv daran, unsere Nachhaltigkeitsziele in den Bereichen Umwelt, soziale Verantwortung und Unternehmensführung (ESG) zu erreichen. Ich bin selbst Mitglied im Lenkungsausschuss. Darin arbeiten wir zum Beispiel an Lösungen, wie wir unsere Produktion, aber auch unsere Lieferketten effizienter machen und insgesamt weniger CO2 ausstoßen. Darüber hinaus geht es um weitere Themen wie die Senkung des Gesamtenergieverbrauchs, die Weiterentwicklung und kontinuierliche Unterstützung unserer Mitarbeiter oder die Förderung einer inklusiven Personalstruktur durch Initiativen wie Campus-Partnerschaften oder Stipendien.

Die Zukunft ist elektrisch. Der US-amerikanische Zulieferer BorgWarner arbeitet intensiv an seinem Programm „Charging Forward“. 
Die Zukunft ist elektrisch. Der US-amerikanische Zulieferer BorgWarner arbeitet intensiv an seinem Programm „Charging Forward“. 

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