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Diebstahlschutz 29. Juni 2020

Keyless-System: ADAC testet Sicherheitslücke

Mehr Komfort, höheres Diebstahlrisiko: Der Autoclub prüfte 360 Modelle mit Keyless-System. Für den Diebstahl genügt ein einfacher Reichweiten-Verlängerer.

Verschlüsselung im Netz
Verschlüsselung im Netz

Mitte der Neunzigerjahre hatten die Versicherer noch knapp 90.000 Autodiebstähle pro Jahr registriert. Die Zahl ist seither regelmäßig zurückgegangen, wie der Gesamtverband der Deutschen Versicherungswirtschaft (GDV) im vergangenen Jahr meldete. Laut Autodiebstahl-Bericht 2019 wurden 2018 über 15.000 kaskoversicherte Autos gestohlen, der niedrigste Stand seit Wiedervereinigung. Aktuell scheint der Fahrzeugdiebstahl jedoch wieder einfacher zu werden – die Zahlen könnten also wieder steigen, wenn man einer Studie des ADAC Glauben schenkt: Der Automobilclub hat 360 mit Komfort-Schließsystem "Keyless" ausgestattete Autos und Motorräder untersucht und kam zu dem Schluss, dass diese meist leichter zu stehlen sind als Fahrzeuge mit normalem Funkschlüssel. Bei der Keyless-Technik muss der Schlüssel nur bei sich getragen, nicht aber eine Öffnungstaste gedrückt werden: Sobald sich Schlüsselbesitzer nähern, erkennt das Auto per Funk den Schlüssel. Beim Berühren des Türgriffs oder Drücken eines Tasters am Türgriff öffnet die Zentralverriegelung. Gestartet wird ohne Zündschlüssel durch Tastenduck.

Die weit verbreitete Sicherheitslücke bei den als Keyless bekannten Komfort-Schlüsseln erleichtert Dieben das Handwerk ungemein: Laut ADAC müssten sich diese nur mit einer Funkverlängerung in die Nähe des Fahrzeugschlüssels begeben - und mit einem zweiten Gerät in die Nähe der Autotür. Auf diese Weise lassen sich Reichweiten der Signale hunderte von Metern übertragen und Diebe können Fahrzeuge entwenden. Das geht auch dann, wenn der Schlüssel im Haus liegt oder der Besitzer mit Schlüssel in der Hosen- oder Jackentasche einen Biergarten besucht, warnte der Automobilclub.

Security in der unteren Klasse: Golf 8 mit mehr Sicherheit

Der ADAC ersuchte Hersteller, die Sicherungssysteme anzupassen. Dies sei in anderen IT-Bereichen längst Standard. Auch gibt es Positivbeispiele: Ein vom ADAC untersuchter Land Rover Discovery (Modelljahr 2018) ließ sich in der Studie mit dem seit über zwei Jahren vom ADAC eingesetzten, selbst gebauten Funk-Verlängerer weder illegal öffnen noch wegfahren, hieß es. Neben dem Discovery ist nach Hersteller-Angaben auch in den Modellen Range Rover, Range Rover Sport (jeweils Modelljahr 2018), Jaguar E-Pace und I-Pace die gleiche neue Ultra-Wide-Band-Technik (UWB) verbaut. Diese errechnen aus der Laufzeit der Funksignale sehr präzise die tatsächliche Entfernung des Schlüssels zum Auto. Auch VW nutzt UWB: Der VW Golf 8 ist als erstes Modell in dieser Klasse mit neuem Keyless-System lieferbar. Er zeigte sich laut ADAC ebenfalls immun gegen die ADAC Diebstahlversuche.

Da Keyless-Schließsysteme heute weit verbreitet und auch nicht mehr nur dem Premiumsegment vorbehalten sind, sollten Fahrer und Halter Sicherheitsvorkehrungen treffen, rät der Verein: Noch vor der Bestellung sollte geklärt werden, ob ein Fahrzeug mit (optionalem) Keyless-System notwendig ist. Falls die Funktion aber als sinnvoll erachtet wird oder zur Serienausstattung gehört, dann sollte gegebenenfalls ein zusätzlicher Diebstahlschutz wie Lenkrad- oder Bremsscheibenschlösser in Betracht gezogen werden. Auch bietet es sich an, Fahrzeuge über Nacht möglichst in einem abgeschlossenen Raum abzustellen. Grundsätzlich sind mitunter Werkstätten in der Lage, die Keyless-Funktion zu deaktivieren. Mit herkömmlichem Türöffner laufen Halter weniger Gefahr, Opfer eines Autodiebstahls zu werden. (mas)

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