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Fahrzeughersteller 4. Januar 2017

"Sensationsurteil" nach Abgas-Skandal

Erstmals hat ein Gericht einen Händler zur Nachlieferung eines Neuwagens aus der aktuellen Produktion verurteilt. Der Kläger muss im Gegenzug nur seinen vom Abgasskandal betroffenen Seat Alhambra zurückgeben.

Der Kläger kaufte im März 2015 von einem Seat-Händler einen Alhambra 2,0 TDI. Nach Aufdeckung des VW-Abgasskandal stellte der Kläger fest, dass in seinem Fahrzeug der Motor EA 189 verbaut ist und das Fahrzeug die Manipulationssoftware enthält. Er forderte deshalb über seine Rechtsanwälte die Nachlieferung eines neuen, aus der aktuellen Serienproduktion stammenden Seat. Er entschied sich bewusst gegen den Rücktritt vom Kaufvertrag. Dies lehnte der Händler außergerichtlich ab, weshalb Klage erhoben wurde. Das Landgericht Regensburg hat den Händler nun dazu verurteilt, ein neues Fahrzeug nachzuliefern. Das Urteil ist noch nicht rechtsgültig.

Der besondere Clou an diesem Urteil ist, dass der Kläger das manipulierte Fahrzeug im Tausch gegen das neue Modell zurückgeben muss, jedoch keine Nutzungsentschädigung zu zahlen hat. Für den Kläger bedeutet dies, dass er das Fahrzeug seit dem 15. Mai 2015 kostenlos gefahren ist. Dies ist bundesweit das erste Urteil eines Gerichts, welches einen Händler zur Nachlieferung eines Fahrzeugs aus der aktuellen Serienproduktion verurteilt, ohne dass der Geschädigte eine Nutzungsentschädigung bezahlen muss.

Rechtsanwalt Dr. Ralf Stoll, der federführend mehr als 1000 Klageverfahren bundesweit gegen Händler und die Volkswagen AG führt und mehr als 30.000 Geschädigte im VW Abgasskandal vertritt und berät, sagt dazu: "Es handelt sich um ein Sensationsurteil. Der Kläger erhält ein neues Fahrzeug aus der aktuellen Serienproduktion, ohne dass er für die bisherige Nutzung seines manipulierten Fahrzeugs eine Entschädigung an den Händler bezahlen muss. Wir führen bundesweit hunderte Gerichtsverfahren, die auf Nachlieferung ohne Nutzungsentschädigung gerichtet sind. Bei dem Urteil des Landgerichts Regensburg handelt es sich um einen Meilenstein in der Rechtsprechung zum VW-Abgasskandal. Nach unserer Auffassung ist die Nachlieferungsklage nach dem Gesetz die einzige Möglichkeit, ein neues Fahrzeug zu erhalten, ohne für das alte, zurückzugebende Fahrzeug eine Nutzungsentschädigung bezahlen zu müssen. Bei einem Rücktritt oder der Geltendmachung von Schadensersatz muss der Geschädigte hingegen Nutzungsersatz bezahlen, wenn er das Fahrzeug zurückgeben möchte. Daran führt nach der Rechtsprechung des BGH kein Weg vorbei." (Landgericht Regensburg, Urteil vom 04.01.2017, Az. 7 O 967/16, nicht rechtskräftig/ah)

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