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Werkstatt-Ausrüstung 8. Februar 2019

Schere, Säule, Unterflur?

Spätestens wenn die Halle erweitert wird oder die Spindeln der Methusalembühne
verschlissen sind, stellt sich die Frage nach einer neuen Hebebühne. Aber welcher Typ ist der richtige für Ihre Anforderungen? Wir stellen die unterschiedlichen Systeme vor.

Arbeitspferd Zweisulenbhne - robust und gnstig.
Arbeitspferd Zweisulenbhne - robust und gnstig.

Als Mittelpunkt der Werkstatt gehört die Hebebühne eher zur Immobilie als zum beweglichen Inventar. Sie verrichtet jahrein, jahraus ihren Dienst und genießt nur dann Aufmerksamkeit, wenn Endschalter spinnen, Hydrauliköl leckt oder Tragmuttern klappern und knacken. Möglicherweise ein guter Anlass, über einen kleinen Umbau in der Werkstatt nachzudenken und eine Zweisäulenbühne gegen eine Scherenbühne zu tauschen. Oder darf es vielleicht gleich eine schicke Unterflurbühne sein? Neben dem Kontostand entscheiden allerdings zahlreiche Faktoren darüber, was im Einzelfall sinnvoll oder im schlimmsten Fall vergebliche Investition ist.

Das sind neben dem Einsatzzweck vor allem die baulichen Gegebenheiten. Und natürlich ist hier die Planung einer neuen Halle einfacher als das Hineinzirkeln einer neuen Bühne in einen verwinkelten, historisch gewachsenen Baubestand – insbesondere dann, wenn die neue Bühne mehr können soll als das alte Teil. Zahlreiche Bauformen verlangen nämlich nach festem Boden, Fundament oder sogar – im Fall von Unterflurbühnen – nach umfangreichen Arbeiten im Untergrund, um die zugehörige Hydraulik im Boden zu verstauen. Ebenso einleuchtend, dass der Aufwand steigt, wenn das neue Hebegeschirr nicht nur als Auffahrbühne taugen soll (und auf dem Boden montiert wird), sondern in den Boden eingelassen wird, sodass Werkstattboden plan bleibt. Aber der Reihe nach.

Einsäulenhebebühne
Einsäulenhebebühnen zeichnen sich nicht nur durch das Fehlen einer zweiten Säule aus – vielmehr existieren hier mobile Bauformen. Ursprünglich für Karosserie- oder Lackierbetriebe gemacht, sparen diese mobilen Varianten Platz, weil die Bühne bei Nichtgebrauch wie ein Hubwagen in der Ecke verstaut werden kann. Diese Freiheit erkauft man sich allerdings teuer mit der Tatsache, dass man nur an einer Seite des Fahrzeugs frei arbeiten kann und der Unterboden teilweise belegt ist – die Montage von
Auspuff oder Kardanwelle gerät damit zum Mikadospiel. Aktuelle Modelle kommen vorwiegend aus Fernost und können bis 2,5 Tonnen heben. Ein fi nnischer Hersteller liefert Einsäulenbühnen bis 3,5 Tonnen.

Zweisäulenhebebühne
Während hydraulische Zweisäulenhebebühnen prinzipiell wartungsarmer sind, leiser laufen und etwas weniger Strom brauchen, sind Spindelbühnen besonders simpel aufgebaut. Weil die Kombination Spindel und Tragmutter selbsthemmed ist, brauchen sie im Unterschied zur Hydraulikbühne keine Sicherheitsrasten. Als Grundbühne stehen sie in beinahe jeder Werkstatt und unterscheiden sich (neben dem Hebeprinzip) nur in der Traglast und den Tragarmen. Während Zweisäulenbühnen früher bei 2,5 Tonnen anfi ngen, so markieren drei Tonnen inzwischen die untere Grenze der Traglast. Mit Abstufungen von 3,2/3,5/vier/4,2/fünf/5,5 Tonnen zollen die Hersteller immer schwereren und immer
größeren Fahrzeugen Tribut. Inzwischen sind sogar Modelle bis neun Tonnen erhältlich, VW schreibt Markenwerkstätten neuerdings wenigstens eine Bühne mit 5,5 Tonnen vor.

Asymmetrische Arme/eingedrehter Tragschlitten (Stertil Koni)Foto: Meyer/amz
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Während die nominelle Traglast eine Seite der Medaille darstellt, darf auch der Blick auf die Tragarme, also ihre Auszugslänge und die Anordnung (symmetrisch/asymmetrisch) nicht fehlen: So kann man mit einer 3,2-Tonnen-Pkw-Bühne zwar locker einen leeren Sprinter heben. Allerdings passen die Tragarmauszüge unter Umständen nicht: Die sind
bei einer reinen Pkw-Bühne für eine Fahrzeugpalette von Smart bis Van gemacht – Transporter mit langem oder extra langem Radstand lassen sich damit nur selten aufnehmen.

Bei reinen Pkw-Bühnen sind die Tragarme nämlich oft asymmetrisch angeordnet, das heißt vorne kurz und hinten lang. Bühnen für Crafter, Sprinter und Transit verfügen meist über gleich lange Arme, um die Aufnahmepunkte auch bei langem Radstand sicher zu erreichen. Hier kann es unter Umständen schon Probleme machen, einen Polo anzuheben, vom Smart ganz zu schweigen. Bei einer Neuanschaff ung lohnt also der ehrliche Blick auf den Fahrzeugstamm und die bereits vorhandenen Bühnen in der Halle. Decken die bereits alle Kleinwagen ab, so darf die neue Bühne ruhig etwas größer sein.

Symmetrische Arme (ATH Heinl)Foto: Meyer/amz

Im Hinblick auf den Aufstellungsort gelten für Zweisäulenbühnen kaum andere Bedingungen als für alle anderen auch. So sollte nicht nur die Deckenhöhe stimmen, damit der Hochdach-T5 nicht vom Lehrling zusammengefaltet wird. Auch dürfen über dem Arbeitsplatz keine Lichtbänder oder Kranbahnen laufen. Der Boden sollte aus wenigstens 20 Zentimeter Stahlbeton bestehen. Wo das oder ein Punktfundament nach Herstellervorgabe nicht möglich ist, bieten sich selbsttragende Grundrahmenbühnen an: Solche Spindelbühnen stützen sich auf ihrem Rahmen ab und lassen sich auch auf eher dünnem Boden aufstellen. Die Durchfahrtsbreite aller Bühnen beträgt in aller Regel 2,5 bis drei Meter, Platz zum Drumherumgehen sollte man immer mit einplanen.

Viersäulenbühnen
Soll es nicht nur hoch, sondern auch wackelfest sein, kommen Bühnen mit vier Säulen ins Spiel. Sie erweitern den Arbeitsplatz um eine Möglichkeit zur Achsvermessung und steigern damit seine Funktionalität. Solche Bühnen unterscheiden sich nicht nur in Größe und Tonnage, sondern vor allem im Aufbau der Fahrfl äche. So lässt sich die Standardvariante mit durchgehender Fahrfläche fast immer um Radfreiheber, Aussparungen für Drehteller oder Schiebeplatten erweitern – schließlich möchte man auf so einer Bühne ja auch Bremsenservice anbieten können oder am Fahrwerk arbeiten. In einer Vollausstattung mit Radfreihebern lässt sich die Bühne als Universalarbeitsplatz
verwenden, ermöglicht aber (wenn sie ausnivelliert wurde) eben zusätzlich die Funktionalität eines Achsmessplatzes oder Scheinwerfereinstellplatzes.

Scherenhebebühnen
Dank ihres Konstruktionsprinzips existieren am Markt Scherenbühnen mit bis zu 80 Tonnen Traglast. Auch wenn so etwas nur selten benötigt wird, so sind diese Bühnen doch einfach, robust und weit verbreitet. Sie lassen sich sowohl auf dem Boden (mit Auffahrrampen) als auch versenkt und dann ebenerdig montieren: Solche Durchfahrbühnen eignen
sich gut für die Annahme, bei der dem Kunden dann auch gleich noch eine Achsvermessung mit angeboten wird. Ihre Fahrschienen lassen sich wie bei der Viersäulenbühnen mit Aussparungen, Radfreiheber, Achsfreiheber und Schiebeplatten ausrüsten.

Scherenbhne mit Radfreihebern und Fundament mit Verkleidung (Ravaglioli)Foto: Meyer/amz

Doppelscherenbühne
Bei der Doppelschere hängt das Fahrzeug vorne und hinten in der Luft und ruht in der Mitte auf Klötzen. Die beiden Scheren werden in aller Regel auf den Boden geschraubt, sodass der Bereich zwischen ihnen begehbar bleibt. Als Standardbühne eignen sie sich für fast alle Arbeiten.

Kurzhubschere
Mit einer Hubhöhe von in aller Regel einem Meter kommen Kurzhubscheren typischerweise beim Reifendienst, bei der Fahrzeugaufbereitung oder in der Lackiererei zum Einsatz. Für Arbeiten unter dem Fahrzeug sind sie nicht nur wegen der mangelnden Hubhöhe, sondern oft auch wegen störender Querverbindungen zwischen den Scheren ungeeignet. Wegen ihres verhältnismäßig geringen Eigengewichts sind viele Varianten mobil konzipiert und lassen sich mit einer kleinen Deichsel in der Werkstatt bewegen.

Unterflurbühne
Wenn die Werkstatt nicht nur sauber, sondern auch optisch rein sein soll, kommen Unterflurbühnen ins Spiel: Hier sind Steuerung und Hydraulik in einem (teuren) Fundament versteckt, angehoben wird das Fahrzeug mittels einem, zwei oder vier aus dem Boden fahrenden Stempeln. Oberirdisch finden sich lediglich Fahrschienen oder Schwenkarme.
Diesen sichtbaren Teil der Fahrzeugaufnahme kann man prinzipiell beinahe frei gestalten und auch mit Aufnahmefl ächen (wie bei einer Doppelschere) oder Radfreihebern, Achshebern ausstatten.

Unterflur de Luxe mit zustzlichem Radfreiheber der als Hebebhne in der Bhne dient (Slift/Maha)Foto: Meyer/amz

In puncto Stabilität schlägt die Vierstempelbühne logischerweise ihre Kollegen mit nur zwei oder einem Stempel – selbst wenn Stempel in unterschiedlichen Durchmessern lieferbar sind. Stabile Vertreter eignen sich damit auch für die Achsvermessung oder als Scheinwerfereinstellplatz. Vor allem aber sehen Unterflurbühnen gut aus, was aber seinen Preis hat: Während eine Zweisäulenbühne ab 2.000 Euro anfängt, schlägt das Zweistempelmodell leicht mit 15.000 Euro zu Buche.

Radgreifer
Nur der Vollständigkeit halber sollten Radgreifer nicht unerwähnt bleiben: Sie bedienen prinzipiell alles, was zu schwer oder zu groß für normale Bühnen ist. Sollen also Claas, Fendt, Scania, Iveco oder MAN hoch, dann werden sie meist an den Rädern angehoben. Auf diese Weise erspart das eine Grube oder Spezialhebebühne, kostet aber in einer Anlage mit vier Radgreifern durchaus 20.000 Euro.

Mit freundlicher Unterstützung von
Wulf Werkstattausrüstung GmbH
Henstedt-Ulzburg
www.wulf-kfz.de | 04193/75509-0

Wulf Werkstattausrüstung vertreibt seit über 40 Jahren Werkstattausrüstung, Werkstatteinrichtung und Produkte für Kfz-Werkstätten. Neben einer ausführlichen Beratung und Betreuung bieten die Experten auch Schulungen zu Werkstatt und Diagnosetechnik.

Wir danken den Autohäusern Hugo Pfohe/Achtstätter/A-H-U Autocrew für ihre freundliche Unterstützung.

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