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GVA 3. Dezember 2019

"Hellrote Null" am Jahresende

Nach Jahren des Wachstums hat sich die Stimmung im Teilehandel eingetrübt. GVA-Präsident Hartmut Röhl präsentierte auf der Jahresmitgliederversammlung des Verbands aktuelle Zahlen.

Rund 270 Top-Entscheider aus dem freien Kfz-Teilehandel, der Kfz-Teileindustrie sowie von Anbietern technischer Informationen tauschten sich auf der diesjährigen Jahresmitgliederversammlung des Gesamtverband Autoteile-Handel e.V. (GVA) am 26. November in Hannover angeregt über die aktuelle wirtschaftliche Lage der Branche aus. Der allgemeine Tenor unter den Teilnehmern: Die Abkühlung der Konjunktur in Deutschland schlägt zunehmend auf die wirtschaftliche Lage im Kfz-Ersatzteil- und Servicemarkt durch.

Daten des Kfz-Gewerbes belegen, dass die Stimmung in den Servicebetrieben, die die größte Kundengruppe für Produkte und Dienstleistungen der Unternehmen des freien Kfz-Teilegroßhandels bilden, bezüglich Reparatur und Wartung bis weit in das Jahr 2019 hinein noch recht gut war, sich aber im dritten Quartal deutlich verschlechterte.

Negativer Trend im Jahresverlauf

Die Stimmungsbilder aus dem Kfz-Ersatzteilbereich, die der GVA mit seinen Mitgliederbefragungen zur wirtschaftlichen Lage quartalsweise erhebt, weisen bereits im gesamten Verlauf des Jahres 2019 einen negativen Trend auf. Nach dem dritten Quartal 2019 konnten demnach noch 42,9 Prozent der GVA-Mitglieder aus dem Kfz-Teilehandel und 34,9 Prozent der Unternehmen der Teileindustrie steigende Umsätze im Vergleich zum Vorjahreszeitraum aufweisen. 22,4 Prozent berichteten von stagnierenden Zahlen und rund 39 Prozent von Rückgängen.

Für das Gesamtjahr 2019 erwarten 38,8 Prozent der GVA-Mitglieder Umsatzzuwächse. GVA-Präsident Hartmut Röhl ordnete die Zahlen ein: „Das Stimmungsbarometer unter unseren Mitgliedern zeigte in diesem Jahr kontinuierlich nach unten, wenngleich die neuesten Daten dafür sprechen, dass die Abwärtsbewegung zumindest gestoppt werden konnte.“ Röhl weiter: „Wenn die letzten Wochen des Jahres ordentlich verlaufen, könnten wir unter dem Strich mit einer hellroten Null aus dem doch recht schwierigen Jahr 2019 herauskommen.

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Angesichts der allgemeinen wirtschaftlichen Eintrübung in Deutschland wäre das schon ein kleiner Erfolg, der zeigt, wie gut und flexibel die Unternehmen des freien Kfz-Teilehandels aber auch der Teileindustrie auf solch anspruchsvolle Lagen eingestellt sind. Nicht vergessen sollte man des Weiteren, dass nach zahlreichen guten wirtschaftlichen Jahren in Folge eine gewisse Abkühlung letztlich wohl nicht außergewöhnlich ist.“

„Dürfen Anschluss nicht verlieren“

Die Bundesregierung und auch die EU-Kommission prognostizieren für Deutschland in diesem Jahr einen Zuwachs des Bruttoinlandsprodukts von 0,5 Prozent, was für die Bundesrepublik im europäischen Vergleich eine Schlussposition bedeutet. Ein deutliches Indiz dafür, dass die Bundesregierung dringend gefordert ist, umgehend die richtigen wirtschaftspolitischen Weichen zu stellen und weitere Reformen anzugehen.

Röhl appellierte in Hannover: „Wir dürfen im internationalen Vergleich nicht den Anschluss verlieren. Das gilt vor allem in einer Zeit, in der sich die Zentren der Weltwirtschaft geografisch nach Asien verschieben, bewährte Handelsregeln über Bord geworfen und neue Standards gesetzt werden sowie etwa durch die Digitalisierung die Bedeutung klassischer Wirtschafts- und Industriezweige abnimmt und völlig neue Dienstleistungssektoren zunehmend wichtiger werden.

Die deutsche Politik ist hier in Abstimmung mit den europäischen Partnern gefordert, geeignete Maßnahmen zu ergreifen und Antworten auf die großen Herausforderungen unserer Zeit zu finden, um den Wirtschaftsstandort für die kommenden Jahre und Jahrzehnte erfolgreich aufzustellen. Stillstand diesbezüglich, taktisches Klein-Klein oder die Konzentration auf irgendwelche nebensächlichen Themen können wir uns nicht leisten, dafür schreiten die Entwicklungen auf globaler Ebene zu schnell voran.“

Grundsätzlich positve Rahmendaten

Die Eintrübung der Lage im Kfz-Ersatzteilmarkt in diesem Jahr ändert nichts daran, dass die „branchennahen“ Rahmendaten weiterhin grundsätzlich positiv sind: Der Bestand an PKW, Bussen, LKW und Sattelzugmaschinen in Deutschland lag laut KBA zum 1. Januar 2019 bei 50,5 Mio. Einheiten und damit auf Rekordniveau. Das Durchschnittsalter der PKW ist mit 9,5 Jahren so hoch wie nie zuvor, davon profitieren vor allem die freien Servicebetriebe, da die Halter eines Fahrzeugs mit dessen steigendem Alter bei Wartung und Reparatur tendenziell stärker zu den Mehrmarkenwerkstätten tendieren.

Auch die durchschnittliche PKW-Jahresfahrleistung war im vergangenen Jahr um ca. 2,3 Prozent auf knapp 15.000 Kilometer angewachsen. Dennoch ist der Wettbewerbsdruck weiter gestiegen. So hat sich der Wettbewerb um die Kunden aus dem Werkstattbereich und um die Autofahrer aufgrund der Zurückhaltung bei Wartungen und Reparaturen noch einmal verschärft. Nicht nur innerhalb des freien Marktes, sondern auch gegenüber den gebundenen Teilevertriebsnetzen der Fahrzeughersteller. Neu hinzugekommene Akteure wie Intermediäre oder finanzkräftige Marktteilnehmer aus dem Ausland erhöhen noch einmal zusätzlich den Druck.

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