Unverständnis und Enttäuschung – aber auch Lob
Mit einem beispiellosen Maßnahmenpaket will die Bundesregierung dafür sorgen, dass Deutschland gestärkt aus der Corona-Krise hervorgeht. Während die Reaktionen aus dem Kfz-Gewerbe enttäuscht ausfallen, sehen Hersteller und Importeure positive Aspekte.
Beschäftigte und Familien unterstützen, Unternehmen stabilisieren und die Modernisierung des Landes voranbringen - all das möchte der Koalionsausschuss der Bundesregierung mit dem vergangene Woche auf den Weg gebrachten Corona-Hilfspaket erreichen. Der Gesamtumfang der Maßnahmen liegt bei 130 Milliarden Euro.
Der Zentralverband Deutsches Kraftfahrzeuggewerbe (ZDK) kritisiert das Paket allerdings in deutlichen Worten: „Damit wurde der krisengeschüttelten Automobilwirtschaft mit ihren 1,3 Millionen Beschäftigten ein Bärendienst erwiesen“, lautete das Resümee von ZDK-Präsident Jürgen Karpinski zur Beschränkung der Verkaufsanreize auf die ohnehin schon subventionierten Fahrzeuge mit alternativen Antrieben.
Wirtschaftlich sei dies, so Karpinski, nicht einmal ein Tropfen auf den heißen Stein angesichts der auf den Höfen und in den Büchern der Automobilhändler stehenden unverkauften Neuwagen mit modernsten Verbrennungsmotoren im Wert von rund 15 Mrd. Euro. Die auf sechs Monate befristete allgemeine Mehrwertsteuerabsenkung von 19 auf 16 Prozent könne dies nicht annähernd kompensieren. „Leider ist die ökonomische Vernunft vor dem Populismus und den Verlockungen der Gießkannenpolitik eingeknickt“, machte Karpinski seinem Unmut Luft.
"Steine statt Brot"
Als „kontraproduktiv für den Kfz-Handel und die Automobilwirtschaft“ bezeichnet das baden-württembergische Kfz-Gewerbe die Berliner Beschlüsse für ein Konjunkturpaket. Dem Kfz-Gewerbe würden damit „Steine statt Brot“ gegeben, kommentiert der Präsident des Landesverbands, Michael Ziegler, das Fehlen einer Umstiegsprämie für schadstoffarme Verbrenner und die alleinige Fokussierung auf elektrische Antriebe. „Nennenswerte Konjunktureffekte sind davon nicht zu erwarten.“
Nach Zieglers Worten sei das Konjunkturpaket eine Benachteiligung der deutschen Automobilwirtschaft, wenn man das Beispiel Frankreich vor Augen habe, wo der Staat Hersteller und Kunden mit acht Milliarden Euro fördere und insbesondere eine Abwrackprämie eingeführt habe. „Es droht die Gefahr, dass die deutsche Schlüsselbranche mit Kfz-Gewerbe, Zulieferern und Herstellern durch die jetzigen politischen
Weichenstellungen international ins Hintertreffen gerät“, warnt Ziegler.
Positive Impulse
Der Verband der Automobilindustrie (VDA) bedauert, dass im beschlossenen Konjunkturpaket die Vorschläge der Automobilindustrie für einen breitangelegten und unmittelbar wirksamen Konjunkturimpuls nur zum Teil aufgenommen wurden. VDA-Präsidentin Hildegard Müller lobt aber die auf ein halbes Jahr beschränkte Absenkung der Mehrwertsteuer sowie die Verdopplung des staatlichen Anteils am Umweltbonus für den Kauf von Elektroautos. Diese Maßnahmen "setzen positive Impulse und werden einen Beitrag leisten können, die derzeit sehr schwache Nachfrage am Automobilmarkt in Teilen wieder anzukurbeln." Bezüglich der temporären Absenkung der Mehrwertsteuer versprechen die im VDA organisierten Hersteller, diese in vollem Umfang den Kunden zu Gute kommen zu lassen.
Die Internationalen Kraftfahrzeughersteller bewerten das beschlossene Konjunkturpaket als wichtigen Schritt zur Bewältigung der Corona-Krise. Reinhard Zirpel, Präsident des Verbandes der Internationalen Kraftfahrzeughersteller (VDIK) sagte: „Die Bundesregierung legt damit den Grundstein für eine wirtschaftliche Erholung nach der schweren Krise. Das Gesamtpaket kann einen breiten Konjunkturimpuls geben, von dem alle betroffenen Branchen profitieren. Darüber hinaus schiebt das Programm weitere Innovationen in der Mobilität an. Die verstärkte Förderung der alternativen Antriebe, der Ladeinfrastruktur sowie von umweltfreundlichen Nutzfahrzeugen weisen in die richtige Richtung.“
Ausbau der Ladeinfrastruktur
Als zukunftweisend bezeichnete der VDIK auch die angekündigten zusätzlichen Investitionen in die Ladeinfrastruktur. Die internationalen Hersteller empfehlen, das bereits geplante Förderprogramm für private Ladepunkte jetzt rasch zu starten. Es sollte bis Mitte dieses Jahrzehnts mit rund 1 Milliarde Euro pro Jahr ausgestattet werden, so der Verband. Neben der Batterie-Elektromobilität spiele auch Wasserstoff für die Mobilität der Zukunft eine zentrale Rolle, sowohl für Pkw als auch für Lkw. Daher sei auch die im Paket enthaltene Einigung zur Wasserstoffstrategie begrüßenswert.
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