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amz vor Ort 19. Februar 2024

Morelo: Service im Luxus-Segment

Im Service-Center von Morelo sind viele Handwerke gefragt. Die Kompetenzen der Oberfranken gehen über die Kfz-Technik hinaus und ähneln dem Hausbau.

Das U-förmige Service-Center von Morelo in Schlüsselfeld umfasst 19 Werkstore. Im Inneren kümmern sich die Service-Profis neben den Reifen und die Nfz-/Kfz-Technik um Holzbearbeitung, Kunststoffbehandlung und Karosserieschäden
Das U-förmige Service-Center von Morelo in Schlüsselfeld umfasst 19 Werkstore. Im Inneren kümmern sich die Service-Profis neben den Reifen und die Nfz-/Kfz-Technik um Holzbearbeitung, Kunststoffbehandlung und Karosserieschäden

Jedes Jahr begrüßt Morelo Kunden und Interessierte zu einer Hausmesse der besonderen Art: Bei den „Morelo Open“ im Mai öffnet der Reisemobil-Hersteller die Produktion und das Service-Center für ein „First Class“-Wochenende, wie es heißt. Zur kommenden Veranstaltung dürften die Oberfranken den Besuchern auch Baufortschritte im neuen Werk 2 zeigen. Nördlich des bereits bestehenden Werk 1 entsteht derzeit eine zweite Fertigungslinie auf 8.300 Quadratmetern. In Schlüsselfeld bei Bamberg laufen Luxus-Reisemobile wie das zum Caravan-Salon 2022 in Düsseldorf vorgestellte Grand Empire 120 auf einem dreiachsigen Mercedes-Benz Actros-Chassis vom Band. Das Fahrzeug ist eine Wohnung auf Rädern, die zudem noch eine Heckgarage für den Kleinwagen enthält. Reisemobile von Morelo gibt es auch eine Nummer kleiner: Selbst wer keinen Lkw-Führerschein hat, der wird bei den Oberfranken fündig und ordert beispielsweise den Morelo Palace Alkoven, ebenfalls mit Heckgarage – allerdings nur für Fahrräder oder einen Motorroller.

Das Kundenversprechen der selbst ernannten „First Class“-Manufaktur beinhaltet den erste Klasse-Service. Für diesen ist Christoph Hofmann zuständig. Der Kfz-Mechatroniker, -Meister und Betriebswirt leitete vorher einen Opel-Partnerbetrieb und wechselte vor einigen Jahren zum OEM. Dass der Fahrzeugbauer etwas ganz Besonderes ist, wird an vielen Stellen deutlich. „Unser Leitspruch ist ‚Willkommen daheim‘, und das leben wir auch“, erklärt Christoph Hofmann beim Betriebsbesuch. Das geht sogar so weit, dass sich Kunden beim Serviceaufenthalt oder der Fahrzeugabholung wie zu Hause fühlen dürfen. Es gibt einen Freizeitkatalog mit Sehenswürdigkeiten und Vorschlägen zu Aktivitäten im Umkreis. Alternativ können Kunden auch Büroräume auf dem Betriebsgelände nutzen.

„First class“-Reisemobile verlassen die Produktionshallen in Schlüsselfeld. Das bestehende Werk 1 dürfte bald durch ein Werk 2 verstärkt werden.
„First class“-Reisemobile verlassen die Produktionshallen in Schlüsselfeld. Das bestehende Werk 1 dürfte bald durch ein Werk 2 verstärkt werden.

Mehr Hausbau als Nfz-Service

Morelo sieht sich in der Pflicht: Die Reisemobile haben ihren Preis und so sei es eine der wichtigsten Aufgaben, eine gleichbleibende Qualität in allen Bereichen sicherzustellen, die dem etablierten OEM-Standard gerecht wird. „Unser erklärtes Ziel ist es, unsere Kunden in jeder Hinsicht zu begeistern und ein uneingeschränktes Produkterlebnis zu garantieren“, untermauert Hofmann. Dafür gebe es im Aftersales eine zweistufige Betreuung. Zum einen verfügt der Hersteller über ein geschultes und zertifiziertes Handels- und Servicepartnernetz von 70 Wohnmobilspezialisten. Zudem gibt es ein eigenes Service-Center auf dem Betriebsgelände. In letzterem arbeiten den Abgaben zufolge 60 Mitarbeiter mit Kompetenzen aus verschiedenen Gewerken: Analog zu den 25 Stationen der Fertigungsstraße, die ein Fahrzeug in rund zwei Wochen durchläuft, um sich vom Chassis zum Wohnmobil zu entwickeln, benötigt der Morelo-Service Spezialisten über die Fahrzeugtechnik hinaus. „Reisemobilservice ist nur bedingt mit Kfz- oder Nfz-Service vergleichbar, da viele der benötigten Gewerke eher mit dem klassischen Hausbau vergleichbar sind“, macht Christoph Hofmann deutlich. Sowohl in der Produktion als auch in den 19 Werkstatthallen des Service-Centers braucht es Spezialisten aus den Bereichen Gas, Wasser beziehungsweise Strom, Holz – Morelo leistet sich eine moderne Schreinerei – Kunststoff- und Metallbearbeitung (ein Maschinenpark versorgt die Produktionsstraße „just in time“ mit den benötigten Bauteilen). Hinzu kommen die Bereiche Sanitär und Elektro. In der Werkstatt gibt es demnach ebenfalls einen Holzbearbeitungsplatz sowie eine Werkstatt für Elektroarbeiten.

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Das Know-how für die Reparatur entsteht im Werk 1: Die rund 250 in der Produktion beschäftigten Mitarbeiter machen fast alles selbst. Das fängt im Unterboden an: Auf das Chassis kommt der sogenannte Boden 1 mit den Wassertanks. In Boden zwei integrieren die Fachkräfte beispielsweise die Komponenten der Fußbodenheizung. Beim Aufbau bzw. Interieur sind Kompetenzen in Möbelbau, Dämmung, Verkabelung sowie bei der Montage der Verblendungen gefragt. Es dauert zwei Wochen bis das nackte Chassis vom Anfang der Produktionsstraße als fertiges Wohnmobil die Werkshalle verlässt.

Immer Saison

Morelo wurde 2010 gegründet. „Wir sind genau genommen ein Startup in der Wohnmobil-Branche“, erklärt Christoph Hofmann. Dennoch sieht sich der Hersteller als Marktführer im Segment. „Unsere Reisemobile werden das ganze Jahr durchgehend genutzt. Im Durchschnitt ist unsere Klientel ca. 120 Tage im Jahr mit dem eigenen Fahrzeug unterwegs. Morelo-Reisemobile zeichnen sich durch eine hervorragende Wintertauglichkeit aus und ermöglichen es unseren Kunden auch im kältesten Winter Reisen bis an den Polarkreis zu machen. Das ist unser Standard – Morelo hat immer Saison“, bekennt der Techniker.

Christoph Hofmann leitet als erfahrener Kfz-Meister die Service-Abteilung des Wohnmobil-Fabrikanten.
Christoph Hofmann leitet als erfahrener Kfz-Meister die Service-Abteilung des Wohnmobil-Fabrikanten.

Jedes Fahrzeug ist individuell, dessen Chassis hat eine eigene VIN-Nummer, von Morelo gibt es eine Projektnummer. Es wurde kein einziges der bislang über 4.000 produzierten Fahrzeuge identisch gebaut, teilen die Oberfranken mit. Eine Folge davon und Herausforderung ist, dass es keinen Ersatzteilkatalog gibt – sonst müsste jedes Fahrzeug einzeln aufgeführt sein. Es fängt mit der Kleinigkeit an: Hat das Fahrzeug drei Steckdosen links am Eingang oder eine Dreierkombination? Diese Komplexität und Herausforderung hat Christoph Hofmann nicht abgeschreckt, als er zuerst eine Annonce in der Zeitung gelesen hat: „First class-Service sucht First class-Serviceleiter“ – da hat er sich wohl gedacht, das passt und wechselte vom Partnerbetrieb zum OEM und in die Caravanbranche.

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