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Deutsche Umwelthilfe gewinnt Grundsatzklage gegen KBA

Das Kraftfahrt-Bundesamt (KBA) muss erneut mehrere Millionen VW-Fahrzeuge wegen des Abgasskandals zurückrufen. Nach einem Urteil des Schleswig-Holsteinischen Verwaltungsgerichts sind die sogenannten Thermofenster unzulässig. Die bewilligten Abschalteinrichtungen müssen entfernt werden.

Der EA 189 – der Motor des Anstoßes wurde millionenfach verbaut. 
Der EA 189 – der Motor des Anstoßes wurde millionenfach verbaut. 

Vor gut sieben Jahren hat der Diesel-Abgasskandal die Automobilbranche in ihren Grundfesten erschüttert. Komplett abgeschlossen ist das Thema noch lange nicht. Das Verwaltungsgericht Schleswig gab am gestrigen Montag einer Klage der Deutschen Umwelthilfe gegen das Kraftfahrt-Bundesamt (KBA) statt und hob den sogenannten Freigabebescheid für ein VW-Golf-Modell mit dem Motor EA 189 auf. Das KBA hatte VW damit 2016 erlaubt, dass die entsprechenden Diesel-Fahrzeuge nach einem Software-Update wieder auf die Straßen durften – obwohl weiterhin illegale Abschalteinrichtungen vorhanden waren. „Dadurch stoßen die Pkw bis heute mehr Stickoxide aus als erlaubt“, betont die DUH in einer Pressemeldung. Dieses gesundheitsschädliche Abgas sei allein in Deutschland für zehntausend vorzeitige Todesfälle jedes Jahr verantwortlich.

Obwohl das Urteil noch nicht rechtskräftig ist und eine Berufung zugelassen wurde, wertet die DUH die Entscheidung als eine „schwere Niederlage für das KBA und das ihm übergeordnete Bundesverkehrsministerium“. Es habe grundlegende Bedeutung, weil auch in vergleichbaren Verfahren gegen Hersteller wie Audi, Mercedes-Benz und Opel nun entsprechende Urteile zu erwarten seien. Volkswagen war im aktuellen Prozess lediglich beigeladen, aber nicht direkt beteiligt.

Abschalteinrichtungen nur in Ausnahmefällen zulässig

Ähnlich sieht es auch Claus Goldenstein von der Rechtsanwaltskanzlei Goldenstein Rechtsanwälte, die in dieser Sache nach eigenen Angaben aktuell über 50.000 Mandanten vertritt: „VW und das Kraftfahrt-Bundesamt haben zwar die Möglichkeit, gegen das aktuelle Urteil in Berufung zu gehen. Doch damit lässt sich eine rechtskräftige Entscheidung zugunsten der DUH wohl nur verzögern und nicht verhindern. Der Europäische Gerichtshof habe bereits mehrfach erklärt, dass Abschalteinrichtungen in Diesel-Fahrzeugen nur dann zulässig seien, wenn diese ausschließlich in Ausnahmesituationen zum Einsatz kommen und vor unmittelbaren Gefahrensituationen oder Motorschäden schützen. „Das trifft auf die Abschalteinrichtungen, gegen die DUH vorgeht, nicht zu”, erklärt Goldenstein.

Volkswagen hat ein solches Thermofenster in dem Software-Update, mit dem die Abgasreinigung von Diesel-Fahrzeugen mit dem nachweislich manipulierten VW-Motor EA189 normalisiert werden sollte, verwendet. Außerdem wird die Abgasreinigung der betroffenen Fahrzeuge ab 250 Höhenmetern, bei kurzfristigen Belastungen und bei längeren Zeiten im Leerlauf reduziert oder sogar komplett abgeschaltet. Das KBA hatte das Update dennoch genehmigt. Gegen diese Genehmigung ging die DUH juristisch vor.

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Die DUH fordert nun vom KBA, „nicht weiter auf Zeit zu spielen, sondern das Urteil für Umwelt und Gesundheit aller Menschen sofort umzusetzen – und auf alle mittelbar betroffenen Fahrzeuge ebenfalls direkt anzuwenden.“ Die Behörde solle den amtlichen Rückruf aller Fahrzeuge mit illegalen temperaturgesteuerten Abschalteinrichtungen aller Hersteller anordnen, die in Deutschland solche Pkw verkauft haben. Es müsse schnellstmöglich eine Nachrüstung mit wirksamer Abgasreinigungstechnik oder die Rücknahme der Fahrzeuge auf Kosten der Hersteller geben, fordert die Organisation.

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