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PKW - Räder/Reifen 5. März 2024

RFID – Wenn der Reifen sprechen kann

Die RFID-Technik verändert den Reifenmarkt. Wo die Technik zum Einsatz kommt und wie sie den Reifenservice künftig verändern wird, erfahren Sie hier.

Ist ein RIFD-Chip in einem Pkw Reifen verbaut, findet die Werkstatt  das RFID-Logo auf der Reifenflanke.
Ist ein RIFD-Chip in einem Pkw Reifen verbaut, findet die Werkstatt  das RFID-Logo auf der Reifenflanke.

Die Abkürzung RFID steht für „Radio Frequency Identification“, zu Deutsch etwa „drahtlose Identifizierung“, und bezeichnet einen Industriestandard für den drahtlosen Datenaustausch zwischen einem Transponder sowie dem zugehörigen Lesegerät. Im Falle eines Reifens wird der Transponder in der Karkasse untergebracht, den die Werkstatt mit einem passenden Lesegerät auslesen kann. Durch die darin gespeicherten Informationen soll die Arbeit im Reifenservice zukünftig erleichtert werden.

Wie funktioniert die Technik?

Jeder RFID-Transponder verfügt über eine Antenne, über die er sowohl die notwendige Energie erhält, als auch Daten senden kann. Um die Länge der Antenne kurz zu halten, sind diese häufig gewickelt oder in Form einer Schnecke gehalten. Der eigentliche Chip ist nur wenige Millimeter groß, die Antenne eines Reifen-Transponders misst etwa vier Zentimeter.

Gefunkt wird im Band von 860 – 930 Mhz. Aufgrund der geringen Leistungsfähigkeit übertragen die Transponder in der Regel nur ihre eindeutige Identifikationsnummer, die 96 Bit lang sein kann. Diese einmalige Seriennummer wird in der Cloud mit einer Datenbank abgeglichen, in der die eigentlichen Informationen wie Reifengröße, Geschwindigkeitsindex und weitere Parameter abgespeichert sind – ohne Internetverbindung geht es also nicht.

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Der eigentliche Chip sitzt in der Mitte, die Drahtspirale ist die Antenne. Die Funkreichweite der kleinen Chips beträgt nur wenige Zentimeter und hängt von der Stärke des Lesegerätes ab. Mobile Lesegeräte erreichen häufig 5 – 10 Zentimeter, stationäre Geräte erreichen bis zu 70 cm Reichweite. Die Reichweitenunterschiede kommen durch die Ausgangsleistung des Lesegerätes zustande: Durch dessen Funkwellen erhält der Chip seine Energie, um die eigene Seriennummer zurückzumelden. Da eine höhere Funkleistung jedoch stark auf die „Laufleistung“ von Akkus geht und mobile Geräte hinsichtlich ihrer Funkleistung hierzulande begrenzt sind, erreichen die Handgeräte nur kurze Reichenweiten.

Wo sind die Chips verbaut?

Um es den Betrieben einfach zu machen und die Transponder zu schützen, werden diese in der Reifenflanke einvulkanisiert. Bei Nutzfahrzeugreifen weist ein „RFID“-Symbol auf das Vorhandensein des Funkchips hin, bei Pkw-Reifen ist dies häufig nicht der Fall, selbst wenn ein RFID-Tag verbaut wurde. Um den Chip zu finden oder festzustellen, ob ein Chip verbaut ist, reicht es aus, mit dem Lesegerät die Reifenflanke einmal zügig abzufahren. Zukünftig wird die Verwendung weiter zunehmen, prognostiziert man bei Michelin, die mit ihrem System einen offenen Branchenstandard entwickelt haben.

Welche Bedeutung und welche Funktionen hat die RFID-Technik im Service?

Die RFID-Technik soll vor allem die Zuordnung in den Betrieben wesentlich vereinfachen. Durch das Auslesen des RFID-Chips eines Reifen erhält die Werkstatt Informationen zu Größe, Last- und Geschwindigkeitsindex, mögliche Sonderausstattungen wie Hersteller-Originalreifen, Silent- oder EV-Version sowie die DOT. In der Datenbank können die Hersteller jedoch auch Laufleistung, Montagebetrieb oder ähnliche Informationen hinterlegen, die mit der einzigartigen Nummer verbunden sind.

Fehlerfreie Reifenidentifikation

Dimension, Last- & Speedindex, M0-Ausstatung, Acoutic-Version, maximaler Luftdruck. Diese und weitere Informationen sind im Tag hinterlegt. 
Dimension, Last- & Speedindex, M0-Ausstatung, Acoutic-Version, maximaler Luftdruck. Diese und weitere Informationen sind im Tag hinterlegt. 

Steuerung von Montagemaschinen

Schon heute gibt es erste Montagemaschinen, die über die RFID-Codes der Reifen gesteuert werden. Konkret bedeutet dies, dass die Maschine über den Code die Dimension und Parameter wie RunFlat oder UHP erfährt, ihre Montagearme passend einstellt und den Pneu schonend aufzieht. Hier wird der Mensch künftig nur noch benötigt, um die Reifen zu laden und Montagepaste zuzuführen.

Zuordnung im Reifenlager und Zustandserfassung  

Im Reifengeschäft kann die Zuordnung nach Kunde und Fahrzeug schnell verloren gehen. Werden die Tags in einer Datenbank dem Halter und Fahrzeug zugeordnet, ist anschließend eine Verwechslung ausgeschlossen. Gleichzeitig wird es so für die Betreiber wesentlich einfacher, das Alter der Reifen zu erkennen und passend vor der kommenden Saison passenden Nachschub zu bestellen.

Kontrolle bei Reifenrückrufen

Auch bei den – zum Glück seltenen – Reifenrückrufen kann die Technik punkten. Bislang konnten nur einzelne DOT-Nummern aus bestimmten Produktionszeiten zurückgerufen werden. Ob der Rückruf jedoch alle Nutzer erreichte, war fraglich. Künftig werden die passenden IDs in der Datenbank „geblacklistet“, sprich es wird ein Warnhinweis hinterlegt. Wer immer auch den Reifen das nächste Mal scannt, wird sofort über den Rückruf informiert. Auch für den Hersteller hat dieses Vorgehen immense Vorteile, da bei großen Produktionszahlen selbst bei nur wenigen betroffenen Fertigungstagen oftmals mehrere tausend Reifen in das bisherige Muster fallen. Mittels RFID-Technik werden nur noch die Reifen zurückgerufen, die auf der fehlerhaft eingestellten Maschine gefertigt wurden, nicht aber die Reifen aus der Maschine nebenan.

Anpassung der Fahreigenschaften an das Fahrzeug

Nicht nur die Werkstatttechnik hat künftig Zugriff auf den Tag, sondern auch das Fahrzeug selbst. So weiß das Fahrzeug, wann Winterreifen montiert sind und drosselt die Maximalgeschwindigkeit auf die des Reifens herab. Auch eine Anpassung der Fahreigenschaften ist möglich, etwa wenn ein Sportreifen montiert wird oder ein Reifen der Originalausrüstung zum Einsatz kommt.

Hilfe bei der Runderneuerung

Bei der Runderneuerung kommt die Technik heute schon zum Einsatz. So können die Betriebe kontrollieren, wie oft eine Karkasse schon überarbeitet wurde. Auch können sie die Herstellerdaten auslesen, selbst wenn diese Informationen auf der Reifenflanke nicht mehr lesbar sein sollten. Nach der erfolgreichen Rundbearbeitung werden die Seriennummern mit dem Hinweis „rethread/runderneuert“ im System hinterlegt und sind fortan für jeden Betrieb als solche zu erkennen.

Zustandserkennung im Fuhrpark

Auch für große Fuhrparks wird die Technik an Bedeutung gewinnen. Mit Überfahrbrücken lässt sich die Profiltiefe jedes einzelnen Reifens feststellen und dokumentieren. Hier funktioniert die Technik wie folgt: Zwei seitliche Schranken, ähnlich denen aus einem Einzelhandelsgeschäft, erfassen die RFID-Sensoren im Reifen und die IDs. Über Magnetspulen lässt sich gemeinsam mit dem Stahl der Karkasse die Reifentiefe feststellen. Dafür erzeugen die Spulen ein elektromagnetisches Feld und messen die Abweichung durch den Reifen. Je weniger Profil der Reifen aufweist, desto stärker ist das zurückkommende Signal. So lässt sich die Profiltiefe auf einen Millimeter genau nachmessen – berührungslos und beim Überfahren der Brücke. Das Fuhrparkmanagement weiß so jederzeit Bescheid, wann welche Reifen fällig zum Wechsel sind.

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