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Fahrzeughersteller 26. April 2024

ADAC sieht chinesische Autos auf Augenhöhe mit der Konkurrenz

Nio, BYD, MG und unzälige andere – bei E-Autos erzielen die chinesischen Hersteller bereits beachtliche Marktanteile. Der ADAC bescheinigt den Newcomern mittlerweile auch eine gute Qualität. Nur die Bedienung und die Assistenzsysteme seien noch ausbaufähig

Der Asiate lernt schnell: Anders als noch vor einigen Jahren erzielen Produkte der chinesischen Autohersteller bei den ADAC-Tests mittlerweile gute Ergebnisse. 
Der Asiate lernt schnell: Anders als noch vor einigen Jahren erzielen Produkte der chinesischen Autohersteller bei den ADAC-Tests mittlerweile gute Ergebnisse. 

Autos von chinesischen Herstellern machen in der Öffentlichkeit immer häufiger von sich reden. Ihr Marktanteil ist vor allem im E-Auto-Segment in den letzten Jahren sprunghaft gestiegen. Knapp neun Prozent der batterieelektrischen Fahrzeuge in Deutschland kommen von Nio, BYD, MG und Co. „Für uns ist es deshalb umso wichtiger, auch diesen neuen Marken genauso gründlich auf die Finger zu schauen – sei es im Rahmen von Euro NCAP oder unseren eigenen Verbraucherschutz-Tests“, betont ADAC Technik-Präsident Karsten Schulze.

Die ADAC Autotest-Ergebnisse von 13 Modellen aus den letzten drei Jahren zeichnen dabei ein klares Bild: Chinesische Fahrzeuge sind ernstzunehmende Konkurrenten und überzeugen in vielen der Testkategorien. Bis auf zwei Ausnahmen erreichten alle Pkw fünf von fünf Sternen im Euro NCAP-Crashtest. Auch im Ausweichtest, bei dem das Sicherheitsverhalten und das ordnungsgemäße Funktionieren des ESP überprüft werden, gaben sich die Testkandidaten keine Blöße. Viele Fahrzeuge europäischer Hersteller fuhren den Angaben zufolge sogar schlechtere Ergebnisse ein. Die ADAC Experten erkannten zudem eine „größtenteils gute Materialqualität“ sowie eine „versierte Verarbeitung von Karosserien und Innenräumen“. „Unsere Tests zeigen: Die chinesischen Hersteller haben in den vergangenen Jahren stark aufgeholt und können mit etablierten Marken inzwischen mithalten“, so ADAC Technikpräsident Schulze.

Assistenzsysteme bereiten Probleme – noch

Ein wiederkehrendes Manko sah der Mobilitätsclub hingegen bei den Assistenzsystemen. Verkehrszeichenerkennung, Spurhalte- und Abstandssysteme funktionierten oftmals nur unzuverlässig. Hier würden europäische Hersteller von ihrer jahrzehntelangen Erfahrung mit diesen in der Abstimmung hochkomplexen Systemen profitieren. Allerdings sehe man auch, wie schnell chinesische Hersteller auf Kritik reagieren: In neueren Modellen etwa von Nio zeigten sich die Systeme laut ADAC schon deutlich verbessert.

Auch bei der Bedienung läuft nicht immer alles reibungslos, was vor allem an der starken Fokussierung auf Touchscreens liegt. Komplexe Menüstrukturen in Kombination mit teils träge reagierenden Displays, Softwarefehlern und falschen Übersetzungen sorgen immer wieder für Probleme bei der Steuerung von Klimaanlage, Navigation oder Entertainment, so der ADAC.

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Reparaturkosten noch unklar

Preislich unterbieten chinesische Modelle europäische Hersteller beinahe immer, oft um mehrere tausend Euro. Allerdings könnte sich ein Auto mit günstigem Anschaffungspreis später doch als teurer herausstellen, etwa durch unerwartet hohen Wertverlust oder Reparaturkosten, unterstreicht der Automobilclub. Außerdem ist das Händlernetz teilweise noch nicht so dicht wie bei der etablierten Konkurrenz. Während BYD, Maxus und MG breit aufgestellt sind, ist es z.B. bei Aiways aktuell unklar, wie ein Neufahrzeug ausgeliefert wird. Für Wartungen und Reparaturen kooperieren die chinesischen Hersteller häufig mit Anbietern wie ATU und Euromaster. Einen eigenen Weg geht hier Nio, die wie Tesla auf mobile Servicepartner setzen.

Dem medial oft vermittelten Bild von einer „Überschwemmung des europäischen Marktes“ widerspricht Florian Hördegen, Leiter Fahrzeugtechnik im ADAC Technikzentrum Landsberg: „Gemessen an den gesamten Verkäufen machen chinesische Pkw in Deutschland aktuell weniger als zwei Prozent aus.“ Allerdings sei die Grenze zwischen europäischen und chinesischen Herstellern ohnehin nicht mehr so eindeutig wie noch vor einigen Jahrzehnten. BMW und Citroën etwa lassen manche ihrer Modelle komplett in China fertigen und die Marke Smart ist in einem Joint Venture von Mercedes-Benz und Geely neu aufgegangen.

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