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Schloss vor Tastatur

Kundenakquise

Werkstattportale: Tore geschlossen?

Kfz-Servicebörsen werben mit Onlinebuchung zu Festpreisen. Marketinghilfe für die einen, unmoralisches Angebot für die anderen. Aktuell geht einigen die Puste aus, während andere Betreiber investieren.

Vor rund fünf Jahren fragte die Unternehmensberatung Roland Berger „Wer wird der Google für Werkstattdienstleistungen?“. In einer Studie analysierten die Münchner die Nachfrage nach Kfz-Dienstleistungen im Internet sowie den so genannten Netzwerkeffekt. Internetportale neigen demnach zur Monopolbildung. Beispiele gefällig? Bei der Internetrecherche verwenden viele Surfer nur eine Suchmaschine. Wer einfach und schnell ein Hotelzimmer buchen will, hat nur wenig mehr Optionen. Mit Verzögerung, so die Annahme der Marktforscher, greift diese Regel auch in der Kfz-Branche. Nicht der einzige Denkfehler: Im Ergebnis der Roland Berger-Analyse schnitten mit den Werkstattportalen von Autoscout24 und der Bosch-Marke Drivelog zwei Angebote am besten ab, die es in dieser Form heute nicht mehr gibt.

Konzentration auf Fahrzeughandel

Autoscout24 verbuchte zwar Erfolge mit dem Gebrauchtwagen-Onlinemarktplatz, mit der Nachfrage nach Kfz-Dienstleistungen verhält es sich hingegen anders. Die Münchener Scout24-Gruppe, die jüngst Autoscout24 an den Finanzinvestor Hellman & Friedman verkauft hat, schaltete das Werkstattportal im Herbst 2019 ab. „Obwohl das Portal profitabel ist, blieb die Entwicklung hinter unseren Erwartungen zurück. Wir konzentrieren uns künftig noch stärker auf unser Kerngeschäft und die Services rund um den Besitzwechsel von Fahrzeugen“, erklärte eine Autoscout24-Sprecherin auf amz-Anfrage. Mit dem Werkstattportal habe Autoscout24 im Jahr 2011 zwar einen neuen Markt erschlossen. „Über seinen eigentlichen Zweck hinaus hat uns das Portal wertvolle Zusatzinformationen über die Entwicklung von Gebrauchtwagen und deren Wartung gebracht, die wir für die Weiterentwicklung der Services von Autoscout24 nutzen konnten“, so die Abschlussbewertung aus München.

Etwa ein Jahr früher beurteilte die Robert Bosch GmbH die Chancen für das eigene Angebot Drivelog ähnlich: Der Unternehmensbereich Bosch Mobility Solutions stellte das Onlineangebot ein und veräußerte das Portal schließlich im Frühling 2019: Seither hält Added Value Unlimited die Markenrechte. Dem Vernehmen nach verfolgt der neue Eigentümer, der auch das Onlineportal Autohupe und damit einen Webshop betreibt, neue Ziele im Bereich E-Commerce.

Säule der Mehrmarkenstrategie

Anders bewertet die PSA-Gruppe die Chancen einer Onlinevermarktung von Werkstattleistungen. In seinem Strategieplan „Push to Pass“ hat sich der Konzern das doppelte Ziel gesetzt, zu einem führenden Autobauer sowie zum beliebtesten Anbieter für Mobilitätsdienstleistungen zu werden. Für die Mehrmarkenstrategie des Herstellers, die auch die Säulen Distrigo, Mr. Auto und Euro Repar Car Service umfasst, scheint die 2016 übernommene Plattform Autobutler zentral: Das Portal dient den Angaben zufolge als Kundengenerator für Werkstätten, hieß es aus Köln. „Langfristig werden Autobesitzer digital - es ist nur eine Frage der Zeit“, erklärte PSA-Deutschland-Chef Heiko Otto. Dies zeige ein Blick auf die Veränderung anderer Branchen durch Online-Marktplätze, beispielsweise im Bereich Flugtickets oder Hotels. „In Ländern wie Skandinavien, in denen Digitalisierung und digitale Dienste sich bereits deutlich stärker als in Deutschland durchgesetzt haben, sehen wir positive Ergebnisse für Marktplätze wie Autobutler – und erwarten die gleiche Entwicklung in Deutschland.“

Autobutler startete 2010 in Dänemark, wenig später folgte Schweden. Seither fungiert der skandinavische Markt als Autobutler-Testlabor. Gegenwärtig konzentriert sich der Marktplatz auf die drei größten Automärkte in Europa: Deutschland, Großbritannien und Frankreich. „Seit dem 1. Januar 2019 haben 3.967.729 Nutzer die nationalen Websites von Autobutler besucht“, erklärte Heiko Otto im November gegenüber amz. Seit 2010 sind den Angaben zufolge Millionen von detaillierten Angeboten und Aufträgen über das Portal verteilt worden. Von diesem Datenschatz möchte das Unternehmen profitieren. „Wir gehen davon aus, dass dies zu noch mehr Synergien zwischen den Aftermarket-Geschäftsbereichen der Groupe PSA innerhalb deren Mehrmarkenstrategie führen wird.“ Trotzdem reicht der Blick der Konzernmutter von Opel, Peugeot und Citroën weiter als bis zu den eigenen Vertrags-Werkstätten. So soll Autobutler „als unabhängiges Unternehmen mit vollständiger Autonomie in seiner Geschäftstätigkeit“ innerhalb der PSA-Gruppe geführt werden.

Hilfe bei der Digitalisierung

Werkstätten benötigen hochspezialisierte digitale Servicepartner, die eine professionelle Kundenerfahrung rund um die Uhr ermöglichen, ist man sich bei PSA sicher. Autobutler ist ein Beispiel für einen solchen Partner. „Wir glauben, dass ein zu 100 Prozent digitales Unternehmen wie Autobutler klare Wettbewerbsvorteile gegenüber herkömmlichen Partnern hat - und unsere Investition und unser Engagement in solche digitalen Unternehmen sind entscheidend für die langfristige Strategie von PSA.“

Auch die Deutsche Automobil Treuhand (DAT) möchte Werkstätten bei der Auffindbarkeit im Internet unterstützen. Daher setzt das Unternehmen weiterhin auf die Onlineplattform Fairgarage. Immer mehr Werkstätten vertrauen auf Fairgarage oder nutzen das mit der gleichen Technologie arbeitende WebKit, hieß es aus Ostfildern bei Stuttgart. „Längst hat sich erwiesen, dass die Entscheidung für Fairgarage genau richtig war, denn das Portal ist rechtzeitig in den Markt gestartet und bietet heute eine beeindruckende Auffindbarkeit z.B. über Google bei allen Servicethemen rund um das Automobil. Dieser Punkt ist für uns entscheidend, denn wir können unseren Kunden heute eine etablierte Such- und Buchungsfunktion anbieten“, erklärte ein Unternehmenssprecher.

Interessen der Kfz-Branche schützen

Um den Einstieg der DAT bei Fairgarage im Jahr 2013 zu verstehen, muss man sich die Gesellschafterstruktur vor Augen führen: Das Unternehmen wird von ZDK, VDA und VDIK getragen. Das Onlineportal spielt demnach eine strategische Rolle, die Maximierung von Gewinnen sei kein Thema, hieß es gegenüber amz: „Mit Fairgarage gibt es ein Werkstattportal in der Hand des Kfz-Gewerbes, welches für Innungsbetriebe angeboten wird und dessen Leistungen dauerhaft zu moderaten Konditionen verfügbar sind.“ Man habe reagieren müssen, da sich zu Beginn Internetanbieter mit ihrem Angebot zwischen die Kfz-Betriebe und deren Kunden gedrängt hatten – mit ungünstigen Auswirkungen auf die Preise und die Marge. Eine weitere Motivation der DAT: Man wolle Kunden bei der Digitalisierung zur Seite stehen und unterstützen, „in die digitale Lernkurve einzusteigen, d.h. Erfahrungen zu sammeln bei der Bewerbung und der Buchung von Werkstattleistungen im Internet“. Deshalb sei Fairgarage kein kurzfristiges Engagement, sondern ein langfristiges.

Conti startet Brummi-Börse

Schwerer zu knacken ist offenbar das Nutzfahrzeug-Segment. Offene Servicebörsen suchte man lange Jahre vergebens. Eine Ursache liegt sicherlich in der unterschiedlichen Struktur auf Halterseite: Lkw gehören zumeist Fahzeugflotten an und seltener einem einzelnen Halter bzw. Privatpersonen. Zudem setzt sich der Fuhrparkt häufig aus neuen Fahrzeugen zusammen, die Flottenmanager binden sich größtenteils an die Hersteller-Serviceorganisationen. 2018 startete mit der Werkstatt-Vermittlungsplattform TruckOn trotzdem ein Angebot für den Nutzfahrzeugbereich. Laut den Verantwortlichen von Continental können Fuhrparkmanager und Speditionen europaweit und rund um die Uhr den nächsten Werkstatt-Service terminieren und buchen. Auf diese Weise könnten Disponenten die Ruhezeiten ihrer Fahrer – eine weitere Besonderheit im Nfz-Geschäft – für Wartung und Reparatur nutzen. Werkstätten unterstützt TruckOn beim Onlinemarketing, der Neukundengewinnung über die Heimatregion hinaus sowie bei der Auslastung, verspricht Conti.

„Königsdiziplin des E-Commerce“

Wie wird sich die Onlinevermarktung für Serviceleistungen weiter entwickeln? Christian Koeper von der Saitow AG hält diese für die “Königsdisziplin im automobilen E-Commerce“. Als COO des Unternehmens aus Kaiserslautern betreut er das Portal Autoreparaturen.de. Dennoch ist er beim Thema Internet-Werkstattportale aus drei Gründen skeptisch, wie er im amz-Interview erklärte. Autoreparaturen.de sei bisher nicht aus dem Stadium eines für die Saitow AG sehr interessanten Experiments herausgekommen. Koeper zufolge ist es sehr schwierig, ein E-Commerce-Portal zu erschaffen und zu betreiben, das die Tiefe und Breite des Servicegeschäfts abdeckt. „Dazu werden Mengen von Daten aus zahlreichen Datenquellen benötigt, die es zu verbinden gilt. Stichworte sind hier Serviceintervalle, Serviceumfänge, Stücklisten, Teilepreise, Arbeitswerte, Füllmengen und dergleichen mehr. Diese miteinander zu verknüpfen, zu aktualisieren und letztendlich E-Commerce-fähig zu machen ist enorm aufwändig.“

Punkt zwei: Werkstätten beklagen die Mehrarbeit, beispielsweise die Beantwortung von Kundenanfragen, die Terminkoordination per E-Mail oder das „Nachjustieren von Angeboten aufgrund fehlender Detailangaben“. Ursächlich ist Problemfeld Nummer drei: der Autofahrer als Kunde. Halter müssen zahlreiche und teilweise sehr fachspezifische Fragen zu Fahrzeug und Servicehistorie beantworten können. „Hier steigen viele Autofahrer aus, da sie die Antworten nicht kennen“, so der Manager.

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Konzentration auf das Kerngeschäft

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Der Kölner Teilegroßhändler Hess erweitert mit der Übernahme des Autoteilegeschäfts der Bielefelder Werthenbach-Gruppe sein Geschäftsgebiet nördlich des Ruhrgebietes bis hin nach Sachsen-Anhalt. Der Kauf umfasst insgesamt acht Standorte.

    • Teilegroßhandel
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Neuer Untermieter

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Ab sofort können A.T.U-Kunden Autoglasreparaturen von Carglass durchführen lassen. Dafür mieten die Scheibenspezialisten in 30 A.T.U-Filialen Arbeitsplätze an. Carglass empfiehlt seinen Kunden wiederum die Leistungen der Werkstattkette.

    • Markt
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Garantien und Reparaturkostenversicherungen bieten eine Absicherung vor unerwarteten Kosten für Kunden und Kundinnen. Servicebetriebe dienen die Policen als Marketinginstrument und ermöglichen Zusatzgeschäfte.

Versicherungen

Gebrauchtwagenhandel: Garantierte Geschäfte

Neue rechtliche Vorgaben verändern den Markt der Gebrauchtwagen-Garantien und Reparaturkostenversicherungen für freie Betriebe. Dennoch bleibt der Schutz ein wichtiges Mittel zur Kundenbindung. Die wenigen Anbieter liefern dazu verschiedene Lösungen.

    • Markt, Unternehmensführung
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Vernetzung

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Die Deutsche Automobil Treuhand steigt beim Start-up High Mobility ein. Als neutraler Lieferant will man auch Werkstätten den digitalen Draht ins vernetzte Fahrzeug sichern.

    • Elektronik + Digitalisierung, Telematik