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Corona-Krise

Was Arbeitgeber jetzt wissen müssen

Die aktuelle Ausnahmesituation stellt die Unternehmen im Kfz-Gewerbe vor eine schwere Belastungsprobe. Antworten auf die wichtigsten arbeitsrechtlichen Fragen gibt jetzt der Zentralverband des Kfz-Gewerbes (ZDK).

Dürfen Mitarbeiter sich weigern, die vom Arbeitgeber angeordneten Schutzmaßnahmen zu befolgen?

Der Arbeitgeber hat gemäß § 618 BGB eine dahingehende Fürsorgepflicht, dass Angestellte ihre Arbeit gefahrlos erledigen können. Maßnahmen können z.B. Vorgaben für Dienstreisen sowie das Bereitstellen von Desinfektionsmitteln auf den Sanitäranlagen oder an den Zugängen des Betriebs sein. Zur Umsetzung der beschriebenen Schutzmaßnahmen hat der Arbeitgeber ein Direktionsrecht, auch Weisungsrecht genannt. Um eine Ausbreitung des Corona-Virus zu verhindern, darf er darum auch seine Mitarbeiter dazu verpflichten, einen Mundschutz zu tragen und sich regelmäßig die Hände zu waschen oder zu desinfizieren. Diese Anweisungen sind in der aktuellen „Corona-Krise“ durchaus durch das Direktionsrecht gedeckt. Gibt es einen Betriebsrat, so ist bei solchen Maßnahmen außerdem das Mitbestimmungsrecht zu berücksichtigen (§ 87 Abs. 1 Nr. 1 Betriebsverfassungsgesetz).

Kann der Arbeitgeber bei einem Verdacht auf eine Corona-Infektion bei einem Mitarbeiter eine ärztliche Untersuchung verlangen?

Diese Frage ist eindeutig zu verneinen. Denn der Arbeitgeber darf in die Grundrechte des Arbeitnehmers (insbesondere das Recht auf körperliche Unversehrtheit) nicht massiv eingreifen. Deshalb muss der Arbeitnehmer die Anordnung seines Arbeitgebers zur ärztlichen Untersuchung nicht befolgen. Krankheit ist insoweit eine private Sache. Aus dem gleichen Grund wird der Arbeitgeber seine Arbeitnehmer auch nicht verpflichten können, sich impfen zu lassen, sobald ein Impfstoff erhältlich ist.

Müssen Mitarbeiter den Arbeitgeber von ihrer Ansteckung mit dem Corona-Virus informieren?

Zwar sind Arbeitnehmer grundsätzlich dazu verpflichtet, sich umgehend beim Arbeitgeber krankzumelden. Allerdings müssen sie im Normalfall die Art ihrer Erkrankung nicht mitteilen. Eine Ausnahme dürfte sich aber wohl für die Erkrankung mit dem Corona-Virus ergeben. Denn hierbei handelt es sich um eine hochansteckende und gefährliche Krankheit. Aus der allgemeinen arbeitsrechtlichen Treuepflicht kann man durchaus herleiten, dass Arbeitnehmer ausnahmsweise die Art ihrer Erkrankung mitteilen müssen. Denn ansonsten kann der Arbeitgeber keine der angesprochen Schutzmaßnahmen gegen die Verbreitung des Virus ergreifen. (Empfehlung: Ggf. Einführung einer betrieblichen Richtlinie zur Mitteilung von Infektionskrankheiten.)

Welche Handlungsempfehlungen gibt es für Arbeitgeber, wenn bei einem Mitarbeiter eine Corona-Infektion bestätigt wurde oder ein entsprechender Verdacht entsteht?

Ist ein Mitarbeiter am Corona-Virus erkrankt oder besteht ein begründeter diesbezüglicher Verdacht, sollte dieser Mitarbeiter und auch andere Mitarbeiter mit entsprechenden Symptomen nach Hause geschickt werden. Gleichzeitig muss der Arbeitgeber eng mit dem Gesundheitsamt zusammenarbeiten und Schutzmaßnahmen für die restliche Belegschaft ergreifen.

Hat der Arbeitnehmer einen Anspruch aus Angst vor einer Corona-Infektion zu Hause zu bleiben oder im Home-Office zu arbeiten?

Angst alleine rechtfertigt natürlich nicht, dass man zu Hause bleiben darf. Liegt kein konkreter Verdacht auf eine Infektion eines Mitarbeiters vor, müssen Arbeitnehmer grundsätzlich im Unternehmen erscheinen. Einzige Ausnahme: Der Arbeitgeber vereinbart mit seinen Mitarbeitern, dass sie im Home-Office arbeiten dürfen. Insoweit kann die Arbeit im Home-Office aber nicht einseitig angeordnet werden. Mitarbeiter, die der Arbeitgeber nur aus Vorsichtsgründen nicht im Betrieb haben möchte, muss er bezahlt freistellen. Liegt dagegen ein begründeter Verdacht einer Corona-Infektion bei einem Mitarbeiter vor, kann sich aufgrund der Fürsorgepflicht des Arbeitgebers u.U. empfehlen, solchen Mitarbeitern eine Arbeit von zu Hause aus anzubieten, deren Wohnsituation und insbesondere deren Art der Tätigkeit (z.B. im Büro) dies ermöglichen. Verweigert jedoch der Mitarbeiter aus Angst vor einer Ansteckung die Arbeit, obwohl kein Verdacht auf eine Infektion besteht, dann darf der Arbeitgeber dies abmahnen und den Arbeitnehmer im Wiederholungsfall verhaltensbedingt kündigen.

Bekommen die am Corona-Virus erkrankte Mitarbeitern weiterhin ihr Gehalt?

Ist der Beschäftigte infolge einer Infektion mit dem Corona-Virus arbeitsunfähig erkrankt und somit an seiner Arbeitsleistung verhindert, besteht ein Anspruch auf Entgeltfortzahlung im Krankheitsfall für den Zeitraum von sechs Wochen (§ 3 EFZG). Nach diesem Zeitraum haben gesetzlich Krankenversicherte grundsätzlich Anspruch auf Krankengeld.

Erhalten Mitarbeiter, die unter eine behördliche Infektionsschutzmaßnahme (Quarantäne) gestellt sind, weiterhin ihr Gehalt?

Ist der Arbeitnehmer selbst als Betroffener Adressat einer behördlichen Maßnahme, wie z.B. Tätigkeitsverbot oder Quarantäne, dann kann er einen Entgeltanspruch gegen seinen Arbeitgeber haben. Denn aus Sicht der Rechtsprechung des BGH kann in einem solchen Fall durchaus ein Entgeltfortzahlungsanspruch nach § 616 BGB bestehen – wobei immer auch der Einzelfall zu berücksichtigen ist. Allerdings ist in vielen Fällen der Entgeltanspruch im Verhinderungsfall nach § 616 BGB durch den Arbeitsvertrag oder einen anzuwendenden Tarifvertrag eingeschränkt oder ausgeschlossen. In diesen Fällen besteht dann aber für den Arbeitnehmer oft ein öffentlich-rechtlicher Entschädigungsanspruch. Personen, die als Ansteckungsverdächtige auf Anordnung des zuständigen Gesundheitsamts isoliert werden und deshalb einen Verdienstausfall erleiden, erhalten nämlich eine Entschädigung nach § 56 des Infektionsschutzgesetzes (IfSG). Die Entschädigung erfolgt in Höhe des Krankengeldes, das auch die gesetzliche Krankenkasse zahlen würde: Das sind 70 Prozent des Bruttogehalts, aber nicht mehr als 90 Prozent des Nettogehalts. Zudem ist die Summe auf 109,38 Euro pro Tag gedeckelt (Stand 2020). Gemäß § 56 Abs. 5 IfSG hat der Arbeitgeber für die Dauer des Arbeitsverhältnisses, jedoch längstens für sechs Wochen, die Entschädigung anstelle der zuständigen Behörde auszuzahlen. Der Arbeitgeber hat dann gegen die Behörde einen Erstattungsanspruch gem. § 56 Abs. 5 IfSG. Der Antrag ist gem. § 56 Abs. 11 IfSG innerhalb von drei Monaten nach Einstellung der verbotenen Tätigkeit oder dem Ende der Absonderung geltend zu machen. Gem. § 56 Abs. 12 IfSG ist dem Arbeitgeber ein Vorschuss zu gewähren. Im Übrigen wird die Entschädigung von der zuständigen Behörde auf Antrag der betreffenden Einzelperson gewährt. Nach sechs Wochen zahlt der Staat in Höhe des Krankengeldes weiter. Dagegen fallen „Corona-Erkrankte“ – wie erwähnt – nicht unter diese Entschädigungsregelung, weil diese bereits Lohnfortzahlung im Krankheitsfall und Krankengeld erhalten.

Dürfen Arbeitnehmer der Arbeit fern bleiben, wenn sie Ihren Arbeitsplatz nicht erreichen (z.B. wenn der ÖPNV nicht mehr fährt)?

Kann der Arbeitnehmer aufgrund von allgemein angeordneten Maßnahmen seinen Arbeitsplatz nicht erreichen und somit seine Arbeitsleistung nicht erbringen, hat er grundsätzlich keinen gesetzlichen Anspruch auf Zahlung der vereinbarten Vergütung. Denn der Arbeitnehmer trägt das Risiko, dass er zu seinem Arbeitsort gelangt (sog. Wegerisiko). Ggf. kann der Arbeitgeber von solchen Mitarbeitern verlangen, dass sie nacharbeiten oder für Abwesenheitszeiten das Gehalt kürzen.

Was passiert mit dem Entgeltanspruch des Arbeitnehmers, wenn dessen Kind erkrankt ist? Die gleiche Frage stellt sich, wenn die Kita/Schule des Kindes geschlossen ist und eine Betreuung nötig ist.

Ist das Kind eines Mitarbeiters allerdings am Corona-Virus erkrankt, hat der Arbeitnehmer ein Recht darauf, zu Hause zu bleiben und sein Kind zu pflegen. Je nachdem, was im Arbeitsvertrag steht, müssen Arbeitgeber ihren betroffenen Arbeitnehmern dann trotzdem weiter das Gehalt zahlen oder die Krankenkasse springt ein. Ist bei der Schließung der Kita/Schule unter Berücksichtigung des Alters der Kinder eine Betreuung erforderlich, so müssen die Eltern zunächst alle zumutbaren Anstrengungen zu unternehmen, die Kinderbetreuung anderweitig sicherzustellen (z. B. Betreuung des Kindes durch anderes Elternteil, Freunde oder Nachbarn, angebotene Notbetreuung von Kommunen, ggf. Überstunden abbauen etc.). Kann die erforderliche Kinderbetreuung auch dann nicht sichergestellt werden, dürfte in der Regel ein Leistungsverweigerungsrecht des Arbeitnehmers bestehen, da die Leistungserfüllung unzumutbar sein dürfte (§ 275 Abs. 3 BGB). Zu beachten ist jedoch, dass bei einem Leistungsverweigerungsrecht des Arbeitnehmers aus persönlichen Verhinderungsgründen nur unter engen Voraussetzungen ein Anspruch auf Fortzahlung des Arbeitsentgelts bestehen kann. Ein solcher Entgeltanspruch kann sich aus § 616 BGB für eine verhältnismäßig nicht erhebliche Zeit ergeben. Zudem kann der Anspruch aus § 616 BGB durch arbeits- oder tarifvertragliche Vereinbarungen eingeschränkt oder sogar vollständig ausgeschlossen sein.

Nimmt der Arbeitnehmer Urlaub, erhält er Urlaubsentgelt. In solchen Situationen dürfte es hilfreich sein, auch das Gespräch mit dem Arbeitnehmer zu suchen.

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