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Gemäß GVA-Präsident Thomas Vollmar sind Teilehändler sehr wohl in der Lage, die Internet-Konkurrenz zu parieren. Auch als langjähriger Carat-Chef lernte er zu schätzen, dass Monopole „selten gut oder richtig“ sind und Konkurrenz das Geschäft belebt.
Foto: Carat
Gemäß GVA-Präsident Thomas Vollmar sind Teilehändler sehr wohl in der Lage, die Internet-Konkurrenz zu parieren. Auch als langjähriger Carat-Chef lernte er zu schätzen, dass Monopole „selten gut oder richtig“ sind und Konkurrenz das Geschäft belebt.

GVA-Präsident im Interview

Thomas Vollmar: „Teilehändler sind Teilespezialisten“

Lieferengpass, Kostenexplosion und neuer Wettbewerb – der Druck im Großhandel steigt und die Marge sinkt. Warum aber beispielsweise E-Commerce-Konkurrenten den GVA-Präsident kalt lassen, erklärt er im Interview.

Thomas Vollmar vertritt seit Mai als neuer Präsident des Gesamtverbands Autoteile-Handel die freien Marktteilnehmer. Damit knüpft der Manager an seine letzte Position, als Leiter von Carat, an und setzt sich für die Interessen des Independent Aftermarkets (IAM) ein. Aktuelle Herausforderungen der Verbandsmitglieder umfassen – neben dem stetigen Streben nach Chancengleichheit gegenüber den Fahrzeugherstellern – Lieferschwierigkeiten, Preissteigerungen und neue Wettbewerber in Gestalt von Teile-Marktplätzen sowie Onlinehändlern. Im amz-Interview gibt sich Thomas Vollmar unbeeindruckt und sieht den traditionellen Teilehandel in einer stabilen Situation.  

amz: Wie entwickelt sich die Teilemarge im Ersatzteilhandel?

Thomas Vollmar: Durch die steigenden Beschaffungskosten, durch z.B. gestiegene Rohstoffpreise und Energiekosten aber auch Lieferkettenprobleme, gerät die Teilemarge unter Druck, wenn die gestiegenen Kosten nicht auch über die Verkaufspreise weitergegeben werden können. Der GVA-Betriebsvergleich zeigt im Teilehandel eine einigermaßen stabile Teilemarge.

amz: Im Ersatzteilbereich herrscht mitunter Begriffs- und Definitionswirrwarr. Welche Begrifflichkeiten sollten Werkstätten, aber auch Endkunden kennen, um beispielsweise auf E-Commerce-Marktplätzen die Spreu vom Weizen zu trennen?

Thomas Vollmar: Die Definition von Teilebegriffen fußt auf der sogenannten Aftermarket-GVO. Sie ist aber nur im Zusammenhang mit gesetzgeberischer Regulierung zugunsten des Wettbewerbs von Belang und regelt z.B. nicht, wer welche Begriffe wie in der Werbung verwenden kann. Demnach gilt eine Komponente als „Originalteil“, wenn sie den Spezifikationen und Produktionsnormen entspricht, die der Fahrzeughersteller für die Fertigung von Teilen für den Bau des entsprechenden Fahrzeugs vorschreibt. Neben „Originalteil“ definieren die begleitenden Leitlinien der Aftermarket-GVO auch den Begriff „qualitativ gleichwertiges Teil“. Darunter versteht man Komponenten, die so hochwertig sein müssen, dass ihre Verwendung das Ansehen des OE-Vertriebsnetzes nicht gefährdet.

Der Fahrzeughersteller darf den Betrieben seines Servicenetzes nicht untersagen, „Originalersatzteile“ oder „qualitativ gleichwertige Ersatzteile“ des freien Marktes zu verwenden. Die gesetzliche Gewährleistung oder vertragliche Garantiezusagen dürfen vom Fahrzeughersteller nicht verweigert werden, wenn im Gewährleistungszeitraum Qualitätsteile des freien Marktes verbaut wurden. Lediglich im Rahmen von Rückrufaktionen, Fehlerbeseitigung oder Kulanz, darf der OEM seiner Werkstatt vorgeben, Teile des OEM zu verwenden. Die Teilehersteller können bescheinigen, dass die von ihnen gelieferten Teile Originalersatzteile bzw. qualitätsgleiche Ersatzteile im Sinne dieser Definitionen sind. Bis zum Beweis des Gegenteils darf ein Fahrzeughersteller seinen Vertragswerkstätten nicht untersagen, derartige Ersatzteile im freien Teilehandel zu beziehen. Für den Adressaten von Werbung muss allerdings klar ersichtlich sein, dass es sich nicht um ein Produkt des Fahrzeugherstellers handelt. Dass der Begriff „Originalteil“ lediglich wie in der Aftermarket-GVO verwendet wird, kann durch einen erläuternden Zusatz klargestellt werden.

amz: Vor einigen Jahren trieben Tech-Konzerne wie Amazon und Ebay Motors die Kfz-Branche um. Auch der GVA befasste sich regelmäßig mit der vermeintlichen Konkurrenz durch Internet-Giganten. Wie ist die Situation aktuell?

Thomas Vollmar: Das Motto des Gesamtverband Autoteile-Handel e.V. ist „Handeln für Wettbewerb“. Das meinen wir auch so. Der Kfz-Aftermarket ist ein sehr bedeutender Markt mit Milliardenumsätzen. Dass neue Anbieter versuchen auf diesem Markt Fuß zu fassen, ist dementsprechend logisch. Teilehändler sind heutzutage nicht nur Weiterverkäufer eines Teiles, sondern Teilespezialisten. Gerade Kfz-Ersatzteile sind oft technisch anspruchsvoll und beratungsintensiv. Deshalb wird der Teilegroßhandel trotz bekannter Marktplätze auch in Zukunft eine unentbehrliche Rolle spielen. Der Teilegroßhandel hat nicht nur die Funktion der Logistik, es zählen z.B. auch Qualitätssicherung und Schulungen zum Aufgabenbereich.

amz: Handelsunternehmen nutzen E-Commerce-Marktplätze zunehmend als zusätzliche Verkaufsplattform oder bauen teils selbst entsprechende Plattformen auf. Welche neuen Kunden sollen angesprochen werden?

Thomas Vollmar: In welchem Umfang Handelsunternehmen E-Commerce-Marktplätze nutzen ist eine rein unternehmerische Entscheidung. Jedes Unternehmen definiert Distributionswege und Kundenzielgruppen selbst.

„Die Branche ist komplex“

amz: Verschwimmen die Grenzen zwischen Privat- wie Gewerbekunden?

Thomas Vollmar: Je einfacher und weniger technisch anspruchsvoll bzw. beratungsintensiv das Produkt für den Endverbraucher, umso eher wird es als B2C vertrieben.

amz: Können E-Commerce-Anbieter überhaupt Werkstatt? Die Ansprüche von Autohalter, DIY-Schraubern und Servicebetrieben unterscheiden sich doch sicherlich…

Thomas Vollmar: Die Branche ist komplex. Zahlreiche Vorschriften sind auch beim Ersatzteilvertrieb zu beachten, sei es der Umgang mit Gefahrengut, die Rücknahme etwa von Altöl und vieles mehr. Wer ein umfassendes Sortiment anbieten will, muss sich schon gut auskennen.

amz: Können Preisvorteil, Retourenmanagement und digitale Nutzerfreundlichkeit auf Seiten der Plattformbetreiber die Kernkompetenzen des traditionellen Teilehandels ausgleichen?

Thomas Vollmar: Das müssen die Endverbraucher entscheiden. Der Teilehandel ist oft regional verwurzelt und zeichnet sich durch eine sehr solide Lieferfähigkeit bei gleichzeitiger hoher Beratungskompetenz aus. Das auszugleichen sollte doch sehr schwierig werden. Die Eigenschaften Preisvorteil, Retourenmanagement und digitale Nutzfreundlichkeit sind dem stationären Teilehandel nicht fremd. Im Gegenteil: Der traditionelle Teilehandel zeichnet sich durch wettbewerbsgerechte Preisbildung, professionelles Retourenmanagement und digitale Angebote aus.

amz: Apropos Kompetenz: Welche konkurrenzlosen Elemente beinhaltet der Komplettservice der GVA-Mitgliedsunternehmen für Werkstätten? Die Teilehändler sehen sich schließlich als Systemanbieter…

Thomas Vollmar: Konkurrenzlose Angebote sind Monopole und selten gut oder richtig. Die Werkstätten wissen selbst am besten, welche Angebote sie benötigen. Wie vorher beschrieben ist der Teilehändler ein Teilespezialist, der der Werkstatt das nötige Know-How direkt mitliefert.

amz: Herr Vollmar, danke für die Antworten!

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