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Digitale Kameras ersetzen beim Mercedes-Benz Actros und Arocs die herkömmliche Spiegelanlage. Das ‚MirrorCam‘ genannte Spiegelersatzsystem verbessert die Verkehrssicherheit und senkt den Verbrauch.
Foto: Daimler
Digitale Kameras ersetzen beim Mercedes-Benz Actros und Arocs die herkömmliche Spiegelanlage. Das ‚MirrorCam‘ genannte Spiegelersatzsystem verbessert die Verkehrssicherheit und senkt den Verbrauch.

Kamera als Rückspiegel

Spieglein, Spieglein ...

Kamerabasierte Fahrerassistenzsysteme wie die MirrorCam von Daimler erhöhen die Verkehrssicherheit und verbessern den Bedien- und Fahrkomfort. Um perfekt zu funktionieren, müssen die Kameras kalibriert sein. Die amz erklärt, wann eine Neukalibrierung notwendig und wie dabei vorzugehen ist.

Digitalkameras gehören zu unserem Alltag: Sie ermöglichen Videokonferenzen, stöbern Störungen in engen Abflusssystemen auf und erlauben Medizinern tiefe Einblicke in den menschlichen Körper. Doch auch in modernen Nutzfahrzeugen haben sie ihren festen Platz, etwa als ‚Auge‘ kamerabasierter Fahrerassistenzsysteme. Ein Beispiel hierfür ist das ‚MirrorCam‘-System von Daimler, das bei den Modellen Actros MP5 und Arocs die herkömmliche Rückspiegel ersetzt.

Das MirrorCam-System besteht aus zwei hochauflösenden, links und rechts am Dachrahmen montierten Kameras, welche die rückwärtige Umgebung in Echtzeit auf zwei 15 Zoll große, an der A-Säule von Fahrer- und Beifahrerseite befestigte Hochkant-Monitore übertragen. Das System verbessert nicht nur die Sicht nach hinten, sondern auch im Bereich der A-Säulen, was das Ein- und Durchfahren von Kreisverkehren erleichtert. Zudem verbessert die MirrorCam durch das mitschwenkende Kamerabild den Überblick beim Rangieren, Abbiegen und Spurwechseln. Farbige Hilfs- und Distanzlinien in den Displays helfen dem Fahrer, den rückwärtigen Verkehr besser einzuschätzen. Aktiviert werden diese Linien, sobald der Trucker bei Geschwindigkeiten über 30 km/h den Blinker setzt. Ein weiterer Vorteil der MirrorCam: ihr aerodynamisches Design spart laut Daimler bis zu 1,3 Prozent Kraftstoff.

Die MirrorCam im Werkstattalltag

Die ersten Lkw mit MirrorCam sind seit etwa 2016 auf der Straße – und konfrontieren damit bei Defekten und Störungen immer öfter auch den Werkstattfachmann in freien Nutzfahrzeugbetrieben und Speditionswerkstätten. Prinzipiell handelt es sich bei der MirrorCam zwar um ein sehr zuverlässiges und wartungsfreies Fahrerassistenzsystem. Dennoch gibt es Momente, wo die Werkstatt aktiv werden muss, etwa um das digitale Spiegelersatzsystem neu zu kalibrieren. Dies ist unter anderem immer dann notwendig, wenn der Spiegelarm, die Kamera oder das MirrorCam-Steuergerät ersetzt werden müssen.

Für einen fachgerechten Kalibriervorgang sind neben einem geeigneten Diagnosegerät selbstklebende Kalibrierfolien, die auf den Monitoren angebracht werden, sowie eine spezifische Messhilfe (Messlatte), notwendig. Letztere lässt sich nach den Anweisungen der Diagnosesoftware selbst herstellen. Im Prinzip handelt es sich dabei um eine stabile Messlatte, mit deren Hilfe sich die zum Kalibrieren notwendigen Bezugspunkte zentriert zur Fahrzeug-Mittelinie am Werkstattboden mit Klebeband markieren lassen.

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Beim MirrorCam-System ersetzen Monitore an den A-Säulen die sperrigen Standard-Rückspiegel. Der Fahrer hat somit mehr Sicht, etwa beim Einfahren in einen Kreisverkehr.
Foto: Daimler
Beim MirrorCam-System ersetzen Monitore an den A-Säulen die sperrigen Standard-Rückspiegel. Der Fahrer hat somit mehr Sicht, etwa beim Einfahren in einen Kreisverkehr.

Bei den Anbietern mehrmarkentauglicher Diagnosesysteme hat der italienische Diagnosespezialist Texa als einer der ersten entsprechende Prüf-, Austausch- und Einstellroutinen in seine ‚IDC5‘ genannte Nutzfahrzeug-Software implementiert. Wie bei sicherheitsrelevanten Eingriffen an Assistenzsystemen üblich, orientiert sich der Kalibriervorgang eng an den Vorschriften des Fahrzeugherstellers, wobei die Software den Anwender Schritt für Schritt durch die Prozedur führt. So muss beispielweise nach einem Austausch die neue Kamera gegebenenfalls zuerst mit den Grundparametern konfiguriert werden. Sollte dies notwendig sein, bringt laut Texa die Diagnosesoftware einen entsprechenden Hinweis. Die Parameter der ursprünglichen Kamera lassen sich mit der Funktion ‚Vom Steuergerät laden‘ auslesen und mit der Funktion ‚Ins Steuergerät schreiben‘ auf die neue Kamera übertragen.

Messvoraussetzungen

Wie bei allen Einstell- und Kalibrierarbeiten, so sind auch beim fachgerechten Kalibrieren der MirrorCam bestimmte Voraussetzungen zu erfüllen. Das Fahrzeug muss

  • auf einem ebenen Untergrund positioniert werden,
  • die Lenkung in Geradeausstellung stehen,
  • und sich die Kameras in der Position ‚ausgefahren‘ befinden.
  •   Zudem ist die Höhe der Kameras ‚über Grund‘ festzustellen, um die entsprechenden Einstell-Range auswählen zu können.

Wichtig ist außerdem, dass immer beide Kameras zu kalibrieren sind, damit das System ordnungsgemäß funktionieren kann.

Der Messablauf

Der Kalibriervorgang an sich ist kein Hexenwerk, zudem führt die IDC5-Software den Anwender Schritt für Schritt durch die Prozedur. Diese beginnt, indem der Werkstattfachmann die Messlatte hinter den Reifen der ersten Achse platziert und diese mit Hilfe eines Maßbandes zur Mittellinie des Fahrzeugs platziert. Anschließend markiert er die in der Software angegebenen Bezugspunkte auf einem zuvor auf dem Werkstattboden angebrachten Klebebandstreifen. Als nächstes legt er die Messlatte zentriert hinter die Reifen der zweiten Achse und bringt auf dem Klebestreifen die entsprechende Markierung an. Im nächsten Schritt ermittelt er mit einem Maßband die Position des linken und rechten Zielpunktes und markiert diesen ebenfalls am Werkstattboden.

Mit dem Anbringen der selbstklebenden Kalibrierfolien – Texa bietet diese über den autorisierten Fachhandel an – sind die Vorbereitungsarbeiten abgeschlossen. Nun kommt das Diagnosegerät ins Spiel. Nachdem die Diagnoseschnittstelle ‚TXT Multi Hub‘ mit der OBD-Buchse des Fahrzeugs verbunden ist, identifiziert der Anwender in der IDC5-Software das Fahrzeug und wählt die gewünschte Funktion aus – und lässt sich dann durch den Kalibriervorgang führen.

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Die Nutzfahrzeugsoftware ‚IDC5‘ von Texa führt den Anwender Schritt für Schritt durch den Kalibrierprozess.
Foto: Screenshot: Texa/Kuss
Die Nutzfahrzeugsoftware ‚IDC5‘ von Texa führt den Anwender Schritt für Schritt durch den Kalibrierprozess.

Während der Prozedur fokussieren die Kameras jeweils die endgültigen Positionen (Klebestreifenkreuze) auf dem Werkstattboden. Im Idealfall deckt sich die Linie der Messskala auf der Kalibrierfolie mit der Bezugslinie auf dem Werkstattboden. Ist dies nicht der Fall, kann der Werkstattfachmann die Kameras über die Pfeiltasten der IDC5-Diagnosesoftware verfahren, bis die Linien der Messskala und die Kalibrierpunkte übereinstimmen. Der Kalibriervorgang ist abgeschlossen, sobald sich beide Zielpunkte auf den Kalibrierschablonen an den jeweiligen Schnittpunkten der horizontalen und vertikalen Achsen decken. Abschließend kann der Werkstattfachmann die Einstellfolien von den Monitoren entfernen.

Bei Fahrzeugen mit einer Anhängerzugvorrichtung muss der Werkstattfachmann zusätzlich noch die Anhänger-Endlinien kontrollieren und gegebenenfalls laut Fahrzeugbedienungsanleitung über das MirrorCam-Bedienmodul in der Türverkleidung neu einstellen. Sollte sich ein Versatz bei den Anhängerendlinien ergeben, sind die Kameras neu zu kalibrieren. Für interessierte Nutzfahrzeugprofis, die gerne wissen wollen, wie das digitale Spiegelersatzsystem MirrorCam bei einem Mercedes-Benz Actros MPV ‚in natura‘ zu kalibrieren ist, hat Texa auf Youtube unter https://www.youtube.com/watch?v=4G0FmeMZdbk ein Praxisvideo hinterlegt.

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