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Foto: Axalta

Digitalisierung in der K&L-Branche

"Schnellere Abläufe"

Inwieweit beeinflussen digitale Prozesse ein klassisch analoges Handwerk wie die Fahrzeuglackierung? Dazu haben wir Frank Forst als Vertriebsleiter Refinish Deutschland bei Axalta befragt.

Frank Forst ist seit Februar 2020 neuer Vertriebsleiter Refinish Deutschland für den Direktvertrieb der Konzernmarken Spies Hecker und Standox. Im Interview mit amz spricht er über den digitalen Wandel in der K&L-Branche.

Mit welchen Marken ist die Axalta Coating Systems im Kfz-Markt vertreten?

Frank Forst: Die Axalta Coating Systems GmbH & Co. KG ist im deutschen Markt für Autoreparaturlacke mit den drei Marken Cromax, Spies Hecker und Standox vertreten. Darüber hinaus engagiert sich Axalta über seine Lackmarken sowohl im Werkstattsystem Identica als auch in den Werkstattnetzwerken Five Star von Cromax bzw. Repanet von Standox. Eng verknüpft mit dem Namen Spies Hecker ist zudem der Profi Club e.V. Eine deutschlandweite Gemeinschaft von Lackier- und Karosseriefachbetrieben, die immer wieder Impulse für die Branche setzt.

Inwiefern ist die Fahrzeuglackier-Branche vom digitalen Wandel betroffen?

Frank Forst; Die Digitalisierung spielt auch in der K&L-Branche eine immer größere Rolle. Mit ihren Möglichkeiten trägt sie heute in vielen Bereichen entscheidend zur Optimierung bei. Organisatorisch, in dem Arbeitsabläufe leichter koordiniert und schneller durchgeführt werden. Technisch, indem Vorgänge präziser gesteuert und Ergebnisse optimiert werden. Ökologisch, weil Verbräuche minimiert und Wege eingespart werden. Und betriebswirtschaftlich, weil jederzeit exakte Daten zur präzisen Analyse vorliegen. Darüber hinaus eröffnet die Digitalisierung aber auch im Bereich der Fortbildung neue Möglichkeiten. Digitale Lernprogramme aus der Cloud machen (Weiter-)Bildung für jeden Mitarbeiter möglich. Ohne Reiseaufwand, jederzeit, zu vertretbaren Kosten.

Welche Rolle spielt Axalta als Lackhersteller?

Frank Forst: Axalta unterstützt seine Kunden bei dem digitalen Wandel an vielen Punkten. Dies beginnt bei einer individuellen Beratung, reicht von Hardware-Angeboten bis hin zu Software-Lösungen und umfasst auch tragfähige Konzepte bei Aus- und Fortbildung. Im Mittelpunkt steht dabei immer, die Arbeitsergebnisse zu optimieren, organisatorischen Aufwand zu minimieren und betriebswirtschaftliche Verbesserungen zu erzielen. Wesentlich angesprochen werden dabei die Bereiche Schadensteuerung und -kalkulation, Farbtonfindung, Lager- und Bestellwesen, Bildung sowie betriebswirtschaftliche Auswertung.

Beobachtet man die Branche, bringt diese den digitalen Wandel längst selbst voran. Im Bereich der Farbtonmessung und Farbtonfindung – hier sind wir natürlich besonders stark involviert – arbeiten viele Werkstätten sehr fortschrittlich mit unserem Farbtonmessgerät und der dazugehörigen Software. So können sie schnell, präzise und mit wenigen Schritten den Farbton ermitteln. Nicht nur das, denn anders als in der Anfangsphase sind die Systeme längst miteinander verknüpft. Die Waage, Lager-Software, Bestell-Management und Auftragswesen – hier verfügen wir bereits über entsprechende Software-Lösungen oder Schnittstellen zu marktgängigen EDV-Lösungen.

Welche Technik verbirgt sich hinter digitalen Farbton-Tools?

Frank Forst: Digitales Farbton-Management ist heute Stand der Technik. Hierbei handelt es sich um den weitgehend automatisierten Prozess der Farbtonermittlung durch Messen des Farbtons und Ermittlung der richtigen Nuance. Die geschieht mit modernster digitaler Technologie – die Hardware besteht vor allem aus dem bereits genannten Farbtonmessgerät, die Software errechnet dazu auf Basis unserer tagesaktuellen, online basierenden Daten den korrekten Farbton und die benötigte Mischformel. Eine Technologie, in der Axalta seit über 25 Jahren führend ist.

In wenigen Schritten gelangt der Lackierer damit schnellstmöglich zum korrekten Farbton. Das Verfahren funktioniert heute sowohl über den PC wie auch – ortsunabhängig und sehr flexibel – über Tablets und Smartphones. Dazu benötigen die mobilen Endgeräte und das verknüpfte Farbtonmessgerät lediglich eine WLAN-Anbindung. Kommuniziert wird über die Cloud. Vorhandene digitale Dosiersysteme wie z.B. Daisywheel ermöglichen auf Basis der ermittelten Daten sogar das vollautomatische Einwiegen des Farbtons.

Kunden, die auf diese digitale Weise arbeiten, profitieren von der schnellen und präzisen Farbtonfindung auf Basis unserer umfassenden Datenbank, in der sich mittlerweile hunderttausende Formeln verbergen – und die wir ständig erweitern. Das moderne, digitale Farbton-Management verhilft dem Kunden zu schnellem und somit wirtschaftlichen Arbeiten im Bereich der Farbtonfindung – von der Messung bis hin zur Lackierung. Und darüber hinaus, denn die vorhandenen Daten können für die elektronische Lagerhaltung und das digitale Bestellwesen eingesetzt werden. Sie finden sich in der Kalkulation von Angeboten wieder. Und schaffen nicht zuletzt in den betriebswirtschaftlichen Daten Klarheit über Materialeinsatz und -verbrauch.

Während sich der Lackierprozess noch weitgehend analog darstellt - inwiefern helfen digitale Prozesse und Tools bei Vorbereitung, Lackieren und Finish?

Frank Forst: Der eigentliche Lackierprozess ist klassisch analog. Ein handwerklich anspruchsvoller Vorgang, der eine mehrjährige Ausbildung, viel Erfahrung und manuelles Geschick erfordert. Denn von der Vorbereitung bis zum Finish kann nur der Experte den Prozess technisch hochwertig und gleichzeitig wirtschaftlich effizient gestalten. Darum sehen wir es als unserer Aufgabe an, dem Lackierer zusätzlich zu seiner betrieblichen und ggf. schulischen Ausbildung regelmäßig aktuelles Wissen zu Materialien und Prozessen anzubieten. Dies immer stärker als digitales, cloudbasiertes Lehrangebot. Wir ermöglichen unseren Kunden kostenloses e-Learning, erweitern ständig unsere Schulungsvideos, setzen zunehmend Webinare ein und können auch konkrete individuelle Hilfestellung unserer Experten per webbasierenden Kommunikations-Tools leisten.

Darüber hinaus greifen digitale Prozesse allerdings auch unterstützend in den Lackiervorgang ein. So hilft die Farbtonermittlung unserem Kunden insofern, als er nicht mehr selbst eine Entscheidung anhand von Paspeln oder Musterkarten treffen muss. Er kann sich auf die Technik des Geräts und die Software verlassen. Eine sehr gute Vorbereitung der Messstelle und eine fachgerechte Lackierung genau nach den jeweiligen Vorgaben vermeiden dabei Fehler im Verlauf der Reparatur. Dies vermindert manuelles Nacharbeiten und beschleunigt den gesamten Vorgang.

Aber auch Faktoren wie die ständig besser werdenden Kabinen und deren digitale Steuerung minimieren Lackierfehler. Präziser Luftstrom, zuverlässige Staubfreiheit und die exakte Temperatureinhaltung – gerade auch bei Trocknern – sind Beispiele für den Fortschritt, der allein mit analoger Technologie so nicht möglich wäre. Nur einzelne Punkte, die anschaulich verdeutlichen, wie die Digitalisierung im Lackiererhandwerk für eine geringere Fehlerquote und damit schnellere, effizientere Abläufe sorgt. Bis hin zum Finish. Denn wo bereits weniger Fehler bei Lackiervorbereitung und Lackauftrag gemacht werden, braucht es am Ende auch weniger Aufwand beim Finish.

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