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Ist der Turbolader ausgefallen, sollte die Werkstatt unbedingt die Ursache dafür finden – und nicht nur den Lader austauschen.
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Ist der Turbolader ausgefallen, sollte die Werkstatt unbedingt die Ursache dafür finden – und nicht nur den Lader austauschen.

Ursachenforschung

Schmierstoffmangel: Der Ausfallgrund Nummer eins beim Turbolader

Schäden am Turbolader werden häufig auf Verschleiß oder Materialfehler geschoben. Dabei ist die Fehlerquelle Nummer eins die Schmierstoffversorgung, wie Turbospezialist Motair aus Köln erklärt.

Die Anforderungen an den Turbolader sind hoch: Bestenfalls soll er schon ab erhöhtem Standgas viel Druck liefern, andererseits muss er hohen Volumenströmen und Abgastemperaturen von bis zu 1050 Grad widerstehen können. Bei modernen Motoren können Turbolader Betriebsdrehzahlen von bis zu 300.000/min erreichen. Um diesen Belastungen auf Dauer standhalten zu können, ist eine optimale Schmierung der Lager des Laufzeugs – bestehend aus Turbinenrad, Welle und Verdichterrasd – unerlässlich. Die Laderwelle ist deshalb in der so genannten Rumpfgruppe hydrodynamisch in Gleitlagern gelagert. Über eine Druckölleitung gelangt Motoröl in die Lagerstellen, wo sich aufgrund des Öldrucks und der rotierenden Laderwelle ein stabiles Druckpolster aus Öl aufbaut – was eine nahezu verschleißfreie, „schwimmende“ Lagerung ergibt. Gleichzeitig kühlt das Motoröl den Lader. Entsprechend belastet ist auch der Schmierstoff. Schon kleine Störungen im Ölhaushalt können daher zum Ausfall des Laders führen.

Typische Schadensbilder respektive Kundenbeanstandungen, die auf Schmierungsprobleme hinweisen, sind beispielsweise ungewöhnliche Laufgeräusche durch erhöhtes Lagerspiel oder eine geringe Motorleistung, etwa, weil sich die Laderwelle aufgrund von Verkokung nur noch schwer dreht, sich in den Lagern festgefressen hat oder – im Extremfall – sogar gebrochen ist. Eine blau angelaufene Läuferwelle ist laut Andreas Solibieda,  Geschäftsführer des Kölner Turbolader-Spezialisten Motair, ein typisches Anzeichen dafür, dass die Kühlwirkung des Motoröls gefehlt hat.

Auf die Schmierung kommt es an

Damit der Turbolader seine vorgesehene Lebensdauer erreichen kann, gilt es laut den Turbolader-Fachleuten fünf essentielle Punkte zu beachten:

  • Betrieb mit dem richtigen Motoröl
  • Einhalten der Ölwechselintervalle
  • Sauberkeit des Motoröls
  • Korrekte Öl-Ver- und -Entsorgung des Laders
  • Kontrolle der „Ölgesundheit“ beim Turbo-Tausch

Erste der fünf Säulen ist die Temperaturstabilität. Sie ist das wichtigste Kriterium eines „turbotauglichen“ Motoröls. Turbolader-Experte Solibieda empfiehlt, bei der Spezifikation des Schmierstoffs unbedingt auf die Freigabe des Fahrzeug- oder Motorenherstellers zu achten. Minderwertiges Öl bildet bei hohen Temperaturen vermehrt Ölkohle, wodurch Lagerstellen, Ölbohrungen und -leitungen verkoken – was unweigerlich zum „Turbo-Tod“ führt.

Der zweite Punkt ist das Einhalten der regelmäßigen Wartungsintervalle, bei denen das Motoröl und der Ölfilter gewechselt werden. Mit zunehmender Einsatzdauer wird die Schmierfähigkeit des Öls zwangsläufig reduziert. Basis für den Öl- und Filterwechsel sind die vom Fahrzeug- beziehungsweise Motorenhersteller vorgeschriebenen Intervalle. Bei weit überzogenen Wechselintervallen kann es passieren, dass das Motoröl und der Ölfilter die anfallenden Schmutz- und Abriebpartikel nicht mehr aufnehmen können.

Ist der Ölfilter „zu“, öffnet das Bypassventil des Filters und die Partikel gelangen ungefiltert in die empfindlichen Lagerstellen des Motors und des Turboladers und verursachen dort einen starken Verschleiß. Bei extremen Einsatzbedingungen (überwiegender Kurzstreckenbetrieb, häufige Vollgasfahrten usw.) empfiehlt der Fachmann, die Wechselintervalle entsprechend zu verkürzen.  Der ADAC rät gerade bei Dieselfahrzeugen, die im Stadt- und Kurzstreckenverkehr eingesetzt werden, zu deutlich verkürzten Wartungsintervallen.

Der dritte Punkt für den Turbolader-Fachmann ist das Öl-Zu- und Ablaufsystem des Turboladers. „Störungen daran wirken sich fatal aus. Dabei ist ein zu geringer Ölstand in der Ölwanne ebenso schädlich ist wie ein zu hoher“, warnt Andreas Solibieda. Zu wenig Öl in der Ölwanne führt zu einer Mangelschmierung an den Lagerstellen, zudem ist die Kühlwirkung zu gering. Ein zu hoher Ölstand in der Ölwanne dagegen stört den ordnungsgemäßen Ölablauf aus den Lagerstellen. In Kombination mit hohen Temperaturen können dadurch die Ölzulaufkanäle zu den Lagerstellen verkoken und die Rücklaufleitung mit Ölschlamm und Ölkohle „zuwachsen“, zudem kann der Rückstau zu einem Ölaustritt aus dem Lagergehäuse in den Verdichter oder die Turbine führen.

Darüber hinaus kann auch ein zu hoher Druck im Bereich Ölwanne/Kurbelgehäuse, beispielsweise als Folge eines blockierten Ölnebelabscheiders, den Ölrücklauf behindern und zu einem vermeintlichen Ölverlust führen, ohne dass der Turbo selbst defekt ist. Ein zu hoher Öldruck indes stört das Druckgleichgewicht in den Lagerstellen und lässt das Axiallager schneller verschleißen, zusätzlich kann es ebenfalls zu einem Ölaustritt kommen.

Ungefiltertes Öl im Schmierkreislauf

Als viertes mögliches Problem nennt der Motair-Chef die Sauberkeit des Motoröls. Verschleißbedingter Motorabrieb, gelöste Verkokungen sowie andere abrasive Partikel, die beispielsweise von einer vorausgegangenen Motorinstandsetzung stammen können, setzen die Schmierfähigkeit des Öls herab. Zudem verstopft mit der Zeit der Ölfilter, wodurch dessen Bypass-Ventil öffnet und das Öl ungefiltert in den Schmierkreislauf gelangt. Letzteres passiert auch bei zu dickflüssigem Motoröl, entweder, weil dessen Viskosität zu hoch ist (falsche Spezifikation!), oder weil extremer Kurzstreckenbetrieb mit häufigen Kaltstarts vorliegt und das kalte Motoröl temperaturbedingt noch zäh ist. Darüber hinaus verringert sich die Schmierfähigkeit des Motoröls wenn dieses mit unverbranntem Kraftstoff (Verbrennungsstörungen, nachtropfende Injektoren), Kühlmittel (AGR-Kühler undicht, Riss im Motorblock, Zylinderkopfdichtung defekt, et cetera), Kondenswasser (extremer Kurzstreckenbetrieb) oder ungeeigneten Additiven kontaminiert ist.

Thema Nummer fünf ist laut Andreas Solibieda schließlich die Kontrolle der „Ölgesundheit“. Sie sollte erfolgen, noch bevor sich der Kfz-Fachmann am Motor oder dem Turbolader zu schaffen macht, und dann nochmals nach erfolgtem Turbo-Tausch. Diese Untersuchung lässt sich schnell und simpel mit dem „MOTORcheckUP“-Testset erledigen, das Motair jedem Ersatzturbolader beilegt. „Der Schnelltest kann zwar keine professionelle Ölanalyse in einem Speziallabor ersetzen, dennoch ist damit anhand eines Tropfens Motoröl praktisch „ein Blick in den Motor“ möglich, so dass der Werkstattfachmann einfach und schnell die meisten der beschriebenen Mängel im Schmiersystem von Benzin- und Dieselmotoren aufdecken kann“, erläutert der Kölner Turbolader-Spezialist.

Der Test gibt unter anderem auch Aufschluss darüber, ob ein Turboladertausch ohne weitere Ursachenforschung überhaupt sinnvoll ist. Ein weiterer Test erfolgt nach dem Turbo-Tausch. „Mit dem MOTORcheckUP-Test kann die Werkstatt gegenüber dem Kunden nicht nur den Erfolg ihrer durchgeführten Arbeiten nachweisen, sondern gleichzeitig auch erkennen, ob noch weitere Störungen und Mängel am Schmiersystem vorliegen“, erläutert Solibieda.

Worauf beim Turboladertausch zu achten ist

Wenn ein Turbolader ausgefallen ist, sollte die Werkstatt unbedingt die eigentliche Schadensursache in Erfahrung bringen und alle umliegenden Komponenten (AGR, Dichtheit der Verschlauchung, Ladeluftkühler etc) sorgfältig prüfen. Die Schmierölzuleitung sollte generell austauscht werden, um eine innere Verkokung auszuschließen. Eine Reinigung mit Bremsenreiniger und Druckluft ist hier nicht ausreichend. Vor dem ersten Start sollte der Turbolader mit dem Motoröl vorbefüllt sowie zunächst Öldruck ohne Motorstart aufgebaut werden –  der Wechsel des Motoröls versteht sich von alleine.

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