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Foto: Thomas Küppers

Fahrzeugüberwacher

Scanportale: Digitale Hilfe für Gutachter

Prüforganisationen setzen im GW-Geschäft auf Schnell- und Fernanalysen. Kamerabasiert ermitteln Screens, Scans oder Videoanalysen Schäden und Restwerte. Nun legt Dekra mit der Proov-Station nach.

Um den Zustand von Gebrauchtwagen festzustellen, braucht es Expertenaugen. Aus Kapazitätsgründen ist die exakte Fahrzeugprüfung manchmal schwer möglich – sei es wegen zu vieler Leasingrückläufer oder zu großer Entfernungen. Im Schadenmanagement spielen daher digitale Hilfsmittel eine große Rolle. Eine verhältnismäßig neue Entwicklung sind kamerabasierte Scanportale für die Dokumentation von Kratzern, Dellen und Kleinschäden. Überwachungsorganisationen wie TÜV Süd und TÜV Rheinland stärkten sich in letzter Zeit durch Zukäufe. Während die Münchner im vergangenen Jahr bei der Digital Vehicle Scan GmbH & Co. KG (D.V.S.) einstiegen, übernahm TÜV Rheinland im August 2019 das Bochumer Start-up Adomea. Einer aktuellen Mitteilung zufolge zieht die Dekra mit einer Pilotstudie nach und will künftig Fahrzeugscanner von Proov-Station nutzen. "Nach intensiven Untersuchungen und einer Marktanalyse unter 20 vorwiegend europäischen Anbietern haben wir unseren Partner sorgfältig ausgewählt. Wir haben zwei Scanner bestellt, die demnächst zur Nutzung bereitstehen werden", erläuterte Wim Ter Voert, Dekra Executive Vice President und Leiter der Service Division Claims & Expertise.

Ein Gerät ist für ein Fahrzeuglogistik-Terminal in den Niederlanden gedacht, ein anderes soll im Dekra-Bildungscampus in Altensteig zum Einsatz kommen. "Wir freuen uns darauf, die Systeme unter den Anforderungen unseres Alltagsgeschäfts zu testen. Wir wollen herauszufinden, wie sie uns unterstützen können, um unsere Arbeit schneller und besser zu erledigen", so Bernd Grüninger, Bereichsleiter Gutachten bei der Dekra Automobil GmbH. Die Expertenorganisation betonte, dass Sachverständige bei Schadengutachten und Zustandsberichten auch weiterhin gebraucht werden, trotzdem will Dekra digitale Technologien zur Unterstützung hinzuziehen, hieß es. "In einem Geschäft mit großen Stückzahlen können sich Unterschiede im Minutenbereich zu bedeutenden Kostenunterschieden summieren", erklärte Cédric Bernard, CEO von Proov-Station.

Die D.V.S.-Erfinder Alexander Luksch und Bernhard Wasner aus Passau hatten bei der Entwicklung ihres Fahrzeugscanners zudem Werkstätten im Blick: Beim sogenannten "Gefahrenübergang", wenn der Servicekunde sein Fahrzeug abgibt bzw. nach Reparatur oder Wartung wieder zurück erhält, dokumentieren bis zu 22 Kameras während einer 30-sekündigen Durchfahrt den Fahrzeugzustand. Das von Mercedes-Benz-Partner Paul und der Insisto GmbH entwickelte Portal untersucht auch Unterboden, Reifendruck- und -profiltiefe.

Von der Dialog- zur Digitalannahme

Scanportale stehen bereits in Sindelfingen, Augsburg, Neu-Ulm und in Bochum. Letzteres fand auf dem so genannten BaseCamp der Fahrzeug-Werke Lueg AG und in Nachbarschaft zum Amazon-Verteilerzentrum Platz. Die Logistikpartner des E-Commerce-Giganten nutzen die digitale Schadendokumentation und sind laut Lueg-Projektleiter Marcel Nölle zufolge wichtige Servicepartner für die eigene Nfz-Werkstatt. "Der Digital Vehicle Scan, kurz D.V.S., macht in kürzester Zeit hochauflösende 360-Grad-Aufnahmen von jedem möglichen Fahrzeug, vom Pkw bis zum Doppelstockbus", erklärte Martin Kusatz vom TÜV Süd im Sommer 2019. Der D.V.S.-Geschäftsführer möchte mehrere Varianten des Scanportals bieten. Auch mobile Versionen sowie an ein fest installiertes D.V.S.-Eingangstor für Autohäuser und Werkstätten sind im Gespräch.

Ebenfalls in Bochum beheimatet ist die Adomea GmbH . Das 2011 aus der TU Dortmund gegründete Unternehmen bietet als TÜV Rheinland-Tochter das so genannte MIKo-System (Mobiles Identifikationssystem für Kraftfahrzeugoberflächenfehler). Dabei handelt es sich um eine kamera- und softwarebasierte, automatisierte Begutachtungsmethode für spiegelnde Oberflächen stehender Fahrzeuge (oben im Bild). Die so genannte Streifenreflexionstechnik berechnet die lokale Oberflächenkrümmung und identifiziert Beulen, Dellen, Kratzer und Steinschläge. " Auf Basis der jeweiligen geometrischen Anordnung von Display, Kamera und Objekt lässt sich für jeden Kamerapixel der Reflektionswinkel berechnen", erklärte Geschäftsführer Rene Franke. Dies mache Variationen der Oberfläche im Mikrometerbereich sichtbar.

Unterstützung für Gutachter

Der Fahrzeugscanner kann transportiert, binnen weniger Stunden aufgebaut werden und kalibriert sich vollautomatisch. Das System unterstützt den Gutachter, wie Andreas Blecker, bei TÜV Rheinland verantwortlich für das Geschäftsfeld Autoservices und Gutachten, bei einem Presseevent in Köln ausführte: "Auch künftig ist die Expertise unserer Sachverständigen weiter gefragt – etwa, um mittels der Daten die tatsächliche Schadenhöhe festzustellen." Man arbeite an einer Weiterentwicklung zur automatisierten Ermittlung der Schadenhöhe unter Einbeziehung von Künstlicher Intelligenz.

Auch in Hannover und Kassel wird an einem neuen Workflow bei der Fahrzeugbewertung gefeilt. TÜV Nord arbeitet mit der Pixelconcept GmbH zusammen, um eine kamerabasierte, nicht aber automatisierte Analyse zu bieten. Torben Ullmann, Geschäftsführer von Pixelconcept, kommentierte die neue Partnerschaft: "Aktuell sind wir bereits in der Pilotphase für unser erstes gemeinsames Projekt, die Video-Zustandsbewertung von Gebrauchtfahrzeugen." Gemeinsam mit fünf Pilothändlern würden derzeit Ablauf und Handling getestet, hieß es in einer Mitteilung.

In Kombination mit dem "Sofort-Gutachten-System" von TÜV Nord soll bei Inzahlungnahmen mit oder ohne Vororttermin im Autohaus ein Angebot erstellt werden. Auch Endkunden können den Zustandsbericht durchführen. Dazu erhalten diese per SMS einen Link zum Videochatraum sowie Instruktionen vom TÜV-Sofort-Gutachter, um die an relevanten Stellen zu machen, hieß es. Der GW-Verkäufer könne so auch eine Bewertung vornehmen ohne auf freie Kapazitäten in der Werkstatt angewiesen zu sein, wirbt TÜV Nord. "In der Pilotphase interessiert uns, wie zufrieden beide Seiten mit der Durchführung und dem Ergebnis waren. Konnte bei der Geschäftsanbahnung mit dem Kunden Zeit einspart werden? Hat der Autohändler dank dem neuen Verfahren mehr Fahrzeuge auch überregional in Zahlung nehmen können?" so Torben Ullmann.

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