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Motorschäden am 2,5 TDI

Resistent mit Ring

Wenn der Ölstand in VWs 2,5-Liter Pumpe-Düse-Motor ansteigt, sollten alle Alarmglocken klingeln: Vermutlich verdünnt Diesel das Motoröl und bringt die Pleuellager in Gefahr.

Als VW im Jahr 2003 den Vorhang für ein neues Diesel-Aggregat lüftete, war dieser neue Reihenfünfzylinder nicht nur leicht und kompakt, sondern auch innovativ: er verfügte über ein Kurbelgehäuse aus Leichtmetall, einen schrägverzahnten Stirnradtrieb, plasmabeschichtete Laufflächen und ein Querstrom-Kopf mit geänderten Pumpe-Düse-Elementen. Der vollständig neu entwickelte Kraftspender sollte sowohl Touareg als auch Transporter effizient auf Touren bringen.

Er war für den Quer- und auch Längseinbau konzipiert und hört seitdem je nach Verwendung und Leistungsstufe zum Beispiel auf die Namen AXD (Transporter, 96 kW) oder AXE (Transporter, 128 kW). Im Touareg mit Längseinbau ist der Anlasser motorseitig verbaut - hier lautet der Kennbuchstabe BAC. Mit leichten Änderungen sind diese an sich robusten und langlebigen Motoren auch unter einigen anderen Motorkennbuchstaben im Einsatz.

Anlässlich eines Besuchs beim Motoreninstandsetzer Meyer Motoren in Bleckede bei Hamburg konnten wir eine Schwachstelle des hunderttausendfach gebauten Aggregats genauer unter die Lupe nehmen. So erreichen Fahrzeuge mit diesem Reihenfünfzylinder zwar regelmäßig hohe und sehr hohe Laufleistungen, fallen aber mitunter mit gleichbleibendem oder sogar steigendem Motorölstand auf. Reagieren Kunde oder Werkstatt nicht zügig auf dieses Phänomen, ist ein Lagerschaden wegen Ölverdünnung mit Dieselkraftstoff dann beinahe programmiert - typischerweise geben in der Folge die Pleuellager auf und fressen.

 

Die Ursache der schleichenden Ölverdünnung findet sich im Zylinderkopf, genauer: In der Aufnahmebohrung des Pumpenelements. Diese Bohrung positioniert nicht nur den Injektor, sondern leitet auch alle vom Schlepphebel auf das Element gebrachte Axialkraft in den Zylinderkopf ein. Jeder Hub des Schlepphebels wirkt also wie ein weicher Hammerschlag auf das Pumpe-Düse-Element - und wird von dessen Gehäuse in den Zylinderkopf übertragen. Das alleine wäre nicht weiter schlimm; allerdings haben die Wolfsburger Techniker den Kraftstoffvor- und Rücklauf ebenfalls in den Zylinderkopf und diese Bohrung verlegt. So wird der Kraftstoff über in den Kopf gebohrte Kanäle direkt in die Aufnahmebohrung des Pumpe-Düse-Elements geleitet. Von hier tritt er unten in das Element ein. Überschüssiger Kraftstoff fließt oben wieder heraus und gelangt später zurück in den Tank.

 

Bei dieser Konstruktion von Kopf und Injektor stellt insbesondere der obere O-Ring auf dem Pumpe-Düse-Element die einzige Barriere zwischen Kraftstoff und Motoröl dar. Das ist auch der Grund, weswegen VW in seiner Werkstattliteratur explizit und mehrfach auf die sehr sorgfältige Montage des Rings hinweist. Ein kaputter O-Ring an dieser Stelle hat schließlich immer zur Folge, dass Diesel in den Ölraum des Zylinderkopfs gelangt und das Motoröl verdünnt. Der korrekten (radialen) Ausrichtung des Pumpenelements in der Bohrung widmet VW ebenfalls viel Aufmerksamkeit: Während die Injektoren älterer 1,9 Liter-TDis mit ihrem Anschlussstecker rechtwinklig zum Kopf ausgerichtet werden müssen, verlangt der 2,5-Liter-Motor nach einem definierten Winkel zwischen Injektorgehäuse und Zylinderkopf. Weil bei einer Laufleistung von 200.000 Kilometern mindestens 150 Millionen Hübe des Elements erfolgen, wirken sich Querkräfte an dieser Stelle verheerend aus; nicht zuletzt, weil das Pumpenelement nur an einer Seite mit einem Spannklotz geklemmt wird und sein Gehäuse aus Stahl besteht. Übertrieben dargestellt, beginnt das Pumpenelement mit zunehmender Laufleistung in seiner Bohrung zu wackeln und weicht dem axialen Druck des Schlepphebels zur Seite hin aus - das harte Gehäuse des Injektors arbeitet sich in den weicheren Zylinderkopf ein, die Bohrung wird zunehmend oval. Während das der Funktion des Elements keinen Abbruch tut, kann der obere (und entscheidende) O-Ring die zunehmende Ovalität der Bohrung nur in engen Grenzen kompensieren: Mit fortschreitendem Spiel zwischen Pumpe-Düse-Element und seiner Bohrung tritt immer mehr Kraftstoff aus dem Rücklauf-Ringspalt aus.

 

Im Werkstattalltag sollte man also auf verdächtige "Ölvermehrung" bei betagten Pumpe-Düse-Motoren achten und deren Ölstand immer kritisch im Auge behalten. Dass sich zunehmender Ölverbrauch als Folge verschlissener Kolbenringe mit dieser "Vermehrung" auch die Waage halten kann, ist besonders tückisch: Hier verbrennt Motoröl einerseits und wird anderseits wieder mit Diesel "aufgefüllt". Diesem Übel lässt sich außer mit einer pragmatischen Verkürzung des Ölwechselintervalls nicht wirklich abhelfen - eine ovale Bohrung bleibt oval. Bei fortgeschrittenem Verschleiß der Aufnahmebohrung muss deswegen ein neuer Zylinderkopf her. Die Materialpaarung "hartes Pumpenelement" und "weicher Kopf" bleibt hier jedoch bestehen. Aus diesem Grund geht Serieninstandsetzer Meyer Motoren einen Sonderweg und "verstärkt" die Aufnahmebohrung des Pumpe-Düse-Elements. Hierfür werden die Aufnahmebohrungen aufbereiteter Zylinderköpfe aufgebohrt, um Platz für einen speziellen Stahlring zu schaffen. Dieser Ring wird in die Bohrung eingepresst, verklebt und anschließend auf Maß gerieben. Er führt den Injektor beim anschließenden Wiederaufbau des Zylinderkopfes dann nicht nur präzise, sondern verhindert auch das Ausschlagen der Bohrung.

 

Da die 2,5-Liter-Motoren mitunter durch abgerissene Lagerzapfen des Stirnradtriebs auffallen, werden betroffene Kurbelgehäuse auch an dieser Stelle sorgfältig wieder aufbereitet. Das gilt ebenfalls für die "Laufbüchsen", die beim VW-Original nur aus aufgespritzten und anschließend gehonten Beschichtungen der Zylinderbohrungen im Kurbelgehäuse bestehen. Diese werksseitige Beschichtung wird bei allen Motoren ausgebohrt und durch eine dünne Laufbüchse aus Stahl ersetzt. Ein solcherart aufbereiteter Motor ist dann nicht nur taufrisch, sondern sogar immunisiert. "Die Reihenfünfzylinder sind an sich sehr robust, auch ihre Köpfe neigen nicht sonderlich zur Rissbildung. Weil wir bei vielen Pumpe-Düse-Motoren aber das Problem der ausgeschlagenen Bohrungen haben, überarbeiten wir diese Bohrungen standardmäßig. Um keinen Ärger mit der Plasmabeschichtung im Alublock zu bekommen, gehört das Einziehen einer dünnen Laufbüchse ebenfalls zur Aufarbeitung. In der Werkstatt sollte man bei diesen Motoren penibel auf den Ölstand achten." so Joachim Meyer, Inhaber Meyer Motoren Bleckede.

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Gütegemeinschaft der Motoreninstandsetzungsbetriebe e.V.

In der gemeinsamen Beitragsserie von amz und GMI kommen die Motorexperten der Gütegemeinschaft der Motoreninstandsetzungsbetriebe e.V. (GMI) zu Wort. Die GMI-Fachleute berichten von typischen Schadensfällen, zeigen an konkreten Motoren Reparaturlösungen auf und geben Tipps für die nachhaltige Instandsetzung. Die GMI-Mitgliedsunternehmen stehen für eine qualitätsorientierte Motorenaufbereitung. Sie erfüllen freiwillig einen Katalog von strikten Qualitätskriterien und verpflichten sich dazu, sie regelmäßig zu überwachen und zu dokumentieren. Für ihre Produkte und Dienstleistungen dürfen sie das RAL Gütezeichen Motoreninstandsetzung (Standard RAL GZ-797) nutzen. www.gmi-ev.de
Im konkreten Fall waren wir bei der Firma Meyer Motoren in Bleckede, Niedersachsen, zu Besuch. Sie erreichen das Unternehmen unter 05852-950-0(Zentrale) oder per Mail an: info@MeyerMotoren.de.

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