Einen festsitzenden Bolzen aus einem Zylinderkopf oder Motorblock auszudrehen, kann schnell zu einer Geduldsprobe werden – besonders wenn die Platzverhältnisse beengt sind. Will man einen solchen Bolzen mit einer herkömmlichen Zange ausdrehen, ist ein Abrutschen vorprogrammiert. Schuld daran ist die Formgebung des Zangenmauls.
Asymmetrisches Profil sorgt für Pack-an
Genau dieses Problem geht Zangenspezialist Knipex mit dem neuen Werkzeug an. Normale Kombizangen sind darauf ausgelegt, verschiedene Schlüsselweiten und Rohre oder Rundmaterial greifen zu können – entsprechend sind die Profile symmetrisch ausgelegt. Beide Maulhälften sind identisch. So werden Muttern oder Schlüsselweiten zerstörungsfrei und sicher gegriffen. Bei der neuen Frontgreifzange liegt der Fokus auf einen starken Grip, um auch schwergängige Schrauben lösen zu können. Dafür ist das Profil asymmetrisch ausgeführt. Die beiden Maulhälften sind gegeneinander versetzt, die Öffnungen der Zähne gegenläufig – so beißt sich die Zange förmlich in den Stahl der Schrauben und Bolzen fest. Das hinterlässt Spuren, was bei ohnehin defekten Schrauben aber kein Problem darstellt, sondern gewollt ist, um den Grip zu maximieren.
Stirnseitig greifen
Wenn der Platz es zulässt, lassen sich defekte Schrauben auch mit einer Wasserpumpenzange ausdrehen, oder es kann eine Mutter aufgeschweißt werden. Gerade bei defekten Bolzen und Schrauben im Motorraum ist Platz jedoch Mangelware, Schweißen verbietet sich an solchen Stellen von selbst. Genau hier soll die Frontgreifzange – der Name verrät es schon – ihre Stärken ausspielen: Mit einem stirnseitigen Greifmaul, das in die Zange eingearbeitet ist, können Schrauben sicher gepackt werden, auch hier sorgen scharfe, aggressive Zähne für viel „Pack-an“.
Harte Zähne für ein langes Leben
Wie jede Zange des Traditionsherstellers aus Wuppertal ist auch die Frontgreifzange geschmiedet und ölgehärtet. Um den Zähnen im täglichen Kampf mit harten 10.9er oder 12.9er Schrauben und Bolzen eine lange Lebensdauer zu ermöglichen, werden diese nach der eigentlichen Ölhärtung noch einmal induktiv auf ca. 61 HRC gehärtet. Das ist härter als die meisten Zahnräder, die in einem Autogetriebe zum Einsatz kommen. Die Zange gibt es derzeit nur in der phosphatierten, grauen Oberfläche (Knipex sprich vom „atramentieren“), sowie zwei Griffformen: Unser Testmodell hatte die klassischen Tauchgriffe (Nr. 8201200), der komfortablere, rot-blaue Zweikomponentengriff findet sich bei Knipex unter der Nummer 8202200. Wer gelegentlich mit „Problemkandidaten“ in der Werkstatt zu tun hat, dem reicht die einfache Griffvariante. Wer viel mit festsitzenden Bolzen und rundgedrehten Schrauben zu tun hat (Motoreninstandsetzung, Offroadtechnik), dem sei der komfortablere Griff ans Herz gelegt.
In der Praxis
Eine festgerostete Mutter stirnseitig zu greifen und loszubrechen, ist mit einer normalen Kombizange ein ziemlich hoffnungsloses Unterfangen – darum haben wir es mit der Frontgreifzange direkt ausprobiert. Obwohl Stehbolzen und Mutter kaum noch voneinander zu unterscheiden waren, war es mit der Frontgreifzange tatsächlich möglich, die Mutter zu lösen und sogar den 6er-Bolzen abzureißen. Stirnseitig gegriffen, wohlgemerkt! Auch beim Anpacken von Stehbolzen zeigt die Zange, was sie kann. Schon handfest zugegriffen hinterlässt das Gebiss schnell einen bleibenden Eindruck, auch in harten 10.9er Bolzen, und dreht diese problemlos aus. Unser Eindruck: Das Gebiss hat mehr Grip, als sich mit der recht kurzen Zange aufbringen lässt, gerade wenn man sie stirnseitig benutzt. Derartig festsitzende Bolzen, die sich auch mit der Frontgreifzange nicht mehr lösen lassen, verlangen ohnehin nach einer Behandlung mit dem Acetylenbrenner und damit anderem Kaliber. Aber gerade für rundgedrehte Inbusschrauben, Bremssattelbolzen und andere „normale“ Problemkandidaten ist sie eine gute Hilfe im Werkstattalltag – wir freuen uns jedenfalls schon auf ein längeres Modell.