Allgemein wird unter einem Gutachten eine sachverständige, vertrauenswürdige Darstellung und Beurteilung eines Sachverhalts oder einer Fragestellung verstanden. Obwohl dem Gutachten damit ein hoher Stellenwert zukommt, ist seine Begrifflichkeit genauso wenig in Deutschland gesetzlich geschützt wie die des Sachverständigen. Im Klartext bedeutet dies, dass sich jeder mit etwas Sachverstand über eine gewisse Materie Sachverständige/r nennen und Gutachten schreiben darf.
Um keine bösen Überraschungen bei Oldtimergutachten zu erleben, empfiehlt es sich daher, entweder auf einen öffentlich bestellten und vereidigten Sachverständigen oder einen etablierten Freien Sachverständigen zurückzugreifen. Ersterer wird von einer Körperschaft öffentlichen Rechts, meist von der Industrie- und Handelskammer (IHK) oder von der Handwerkskammer (HWK) bestellt und vereidigt.
Freie Oldtimer-Sachverständige
Freie Sachverständige hingegen sind nicht öffentlich bestellt. Sie müssen dennoch Sachkunde nachweisen können und Neutralität wahren. Der wesentliche Unterschied ist jedoch, dass öffentlich bestellte Gutachter hauptsächlich für Gerichte tätig sind. Freie Sachverständige werden hingegen meist für Privatleute und Versicherungen tätig. Die überwiegende Anzahl an Oldtimergutachten, sei es Unfallschaden- oder das häufiger verlangte Wertgutachten, wird daher von freien Sachverständigen erstellt.
Für das Wertgutachten wertet der freie Sachverständige die Handelsbewegungen am Markt aus und errechnet aus den beobachteten Preisen den durchschnittlichen Marktwert für den jeweiligen technischen und optischen Zustand des Fahrzeugs. Dieser richtet sich wiederum nach dem bewährten Oldtimerbewertungssystem der Classic Data, welche den Zustand mit Schulnoten von 1 bis 5 kategorisiert (siehe: www.classic-data.de/classic-data-zustandsnoten/). Diese „kleinen“ Gutachten („Kurzbewertungen“) werden dann meist für Versicherungen benötigt, um den Kaskowert festlegen zu können.
Darüber hinaus wünschen private Oldtimerbesitzer häufig noch eine Vielzahl anderer Gutachten über ihr Fahrzeug. So werden oftmals ausführliche Dokumentationen über die Historie des Fahrzeugs oder externe Restaurierungsdokumentationen beauftragt. Beide Dokumentationsformen können einen enormen Arbeitsaufwand für den Sachverständigen bedeuten, insbesondere wenn Originalität und Echtheit mituntersucht, bewertet und dokumentiert werden sollen.
Fachlicher Beistand
Ein weiteres Aufgabengebiet für Sachverständige, das immer öfters verlangt wird, ist die Begutachtung von Oldtimern bei Kauf und Verkauf. Der Grund hierfür ist einfach: Immer mehr Oldtimerbegeisterte wollen lediglich fahren, sich aber nicht selbst um den technischen Zustand des Fahrzeugs kümmern. Deswegen fehlt häufig der technische Sachverstand bei den Käufern. Die Fahrzeuge müssen daher entsprechend technisch einwandfrei sein. Für den Sachverständigen bedeutet dies jedoch, dass er eine schnelle und hochspezialisierte Expertise zum Fahrzeug, zur Marke und Modell vor Ort leisten muss. Daher fragen Sachverständige vor der Besichtigung möglichst viele Hintergrundinformationen zum Fahrzeug an.
Hingegen kann die reine Begutachtung auf technische Mängel vielerorts sofort geleistet werden. Dies leisten aber auch die Sachverständigen der Prüforganisationen mit Angeboten vor Ort oder in den Prüfzentren. Problematisch kann es werden, wenn vor dem Kauf die Folgekosten von Restaurierungsobjekten, teilrestaurierten oder sogar zerlegten Fahrzeugen kalkuliert werden sollen. Diese können meist nur grob abgeschätzt werden, auch wenn diese oft für den Interessenten ausschlaggebend für seine Kaufentscheidung sind.
Kaum Totalschäden
Auch für Versicherungen sind freie Sachverständige im der Oldtimer-Thematik tätig. So erstellen sie im Haftpflichtschadensfall Unfallgutachten für die Regulierung. Dabei müssen sie beachten, dass für Oldtimer die sogenannte 130-Prozent-Grenze eine andere Bedeutung hat als für moderne Unfallfahrzeuge. Diese besagt, dass die Höhe des Schadens nicht mehr als 30 Prozent über dem Marktwert des betreffenden Wagens liegen darf. Ansonsten liegt ein „wirtschaftlicher Totalschaden“ vor.
Bei einem Oldtimer kann der Fall jedoch anders liegen. Speziell bei seltenen Modellen kann eine Ersatzbeschaffung deutlich schwerer sein, beziehungsweise sehr viel mehr Zeit benötigen. Auch ist dann noch nicht klar, ob die Teile dem Zustand des Unfallsfahrzeugs vor seiner Beschädigung entsprechen. Wenn dann noch die beschädigten Teile unmittelbar mit der Geschichte des Fahrzeugs verbunden sind und damit eine wertbildende Komponente darstellen, scheidet oftmals eine Ersatzbeschaffung aus und eine Reparatur muss durchgeführt werden.
Da hier Streitigkeiten programmiert sind, empfiehlt es sich für Oldtimerbesitzer, ihren Klassiker bereits im Vorfeld bei der Versicherung nicht mit dem Marktwert, sondern mit dem meist weit höheren Wiederaufbauwert oder auch Wiederherstellungswert, zu versichern. Ein entsprechendes Gutachten können freie Sachverständige problemlos erstellen.
- Note 1 „Makelloser Zustand“ Keine Mängel an Technik, Optik und Historie (Originalität). Fahrzeuge der absoluten Spitzenklasse. Unbenutztes Original (meist Museumsauto) oder mit Neuteilen komplett restauriertes Spitzenfahrzeug. Wie neu (oder besser). Sehr selten!
- Note 2 „Guter Zustand“ Mängelfrei, aber mit leichten (!) Gebrauchsspuren. Das Fahrzeug wurde original bzw. fachgerecht aufwendig restauriert. Keine fehlenden oder zusätzlich montierten Teile (Ausnahme: Wenn es die StVZO verlangt).
- Note 3 „Gebrauchter Zustand“ Normale Spuren der Jahre. Kleinere Mängel, aber voll fahrbereit. Keine Durchrostungen. Keine sofortigen Arbeiten notwendig. Nicht immer schön, aber gebrauchsfertig.
- Note 4 „Verbrauchter Zustand“ Nur bedingt fahrbereit. Sofortige Arbeiten notwendig. Leichtere bis mittlere Durchrostungen. Sofortige Arbeiten zur erfolgreichen Abnahme gem. § 29 StVZO sind notwendig. Einige kleinere Teile fehlen oder sind defekt. Teilrestauriert. Leicht zu reparieren (bzw. restaurieren).
- Note 5 „Restaurierungsbedürftiger Zustand“ Nicht fahrbereit. Schlecht restauriert bzw. teil- oder komplett zerlegt. Größere Investitionen nötig, aber noch restaurierbar. Fehlende Teile.
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