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Reifentest auf dem Nokian-Testgelände im arktischen Teil Finnlands.  
Foto: GTÜ
Reifentest auf dem Nokian-Testgelände im arktischen Teil Finnlands.  

Ganzjahresreifen

Nicht perfekt, aber überwiegend empfehlenswert

Wie gut sind Ganzjahresreifen für Kompakte, Kleinwagen und Kompakt-SUV? Die GTÜ Gesellschaft für Technische Überwachung mbH hat gemeinsam mit den Automobilclubs ACE und ARBÖ neun Allrounder der Dimension 205/55R 17 sowohl im Winter wie auch im Sommer getestet.

Längst sind Allwetterreifen keine Randerscheinung mehr, sondern Trendsetter: Ihr Marktanteil liegt mittlerweile bei 27 Prozent. Für sie sprechen einige praktische Gründe wie der Entfall des Reifenwechsels im Frühjahr und Herbst. Auch die Einlagerung von Winter- oder Sommerreifen gehört der Vergangenheit an. Dennoch müssen Ganzjahresreifen grundlegend das schaffen, was Winter- und Sommerreifen leisten: sicheres Fahren über verschneite, regennasse oder trockene Straßen.

Ganzjahresreifen sind immer ein Kompromiss, da sie die unterschiedlichen Eigenschaften von Sommer- und Winterreifen vereinen. Diese erhalten die Reifen im Wesentlichen durch ihre Gummimischung und das Profil auf ihrer Lauffläche. Beide beeinflussen die Haftung und damit auch das Fahr- und Bremsverhalten. Sommerreifen müssen mehr Wasser beiseite schaufeln und haben deshalb mehr und breitere Längsrillen als Winterreifen sowie ein gröberes Profil und eine härtere Gummimischung für einen geringeren Abrieb auf trockener Fahrbahn. Winterreifen hingegen trumpfen auf mit weicherer Gummimischung und Zusatzstoffen wie Silica. Die machen die Reifen bei Kälte elastisch und lassen sie nicht spröde werden. Ein Profil mit ausgeprägter, feiner Lamellenstruktur sorgt für besseren Grip auf verschneitem Untergrund und Eis.

Die Eigenschaften von Ganzjahresreifen liegen irgendwo dazwischen, sie sind nicht so gut wie jeweils die von Winter- oder Sommerreifen. Je nach Materialmix und Profilstruktur haben manche Ganzjahresreifen Stärken im Sommer, andere im Winter. Tendenziell werden Allwetterreifen aber immer besser.

Im Schnee

Die Schneetests von GTÜ, ACE und ARBÖ in Finnland zeigen, wie viel Winterreifen tatsächlich in Allwetterreifen steckt – oder auch nicht. Die Reifen von Michelin, Nokian und Continental stechen hier besonders hervor. Sie liefern in jeder Winterdisziplin ordentliche Ergebnisse: Der Michelin bietet mit 16,5 Metern aus 38 km/h den kürzesten Bremsweg, dicht gefolgt vom Nokian (16,6 Meter) und vom Continental (17,0 Meter). Sie alle fahren sich zudem griffig im Schnee, haben also eine gute Seitenführung. Souverän ist auch ihr Lenkverhalten und die Kontrollierbarkeit. Das reduziert bei Kurvenfahrten deutlich die Gefahr eines ausbrechenden Hecks (Übersteuern) oder dass die Vorderräder die Bodenhaftung verlieren (Untersteuern). Bis auf einen Pneu befinden sich alle anderen fahrtechnisch im Mittelfeld, wobei beim subjektiven Handling der Toyo, gefolgt vom Berlin, am meisten Abstriche bei der Seitenführung zu verzeichnen hat und schneller ins Übersteuern gerät. Schlusslicht ist der Bridgestone. Er hat den mit Abstand längsten Bremsweg (19,0 Meter) und zeigt im subjektiven Handling gravierende Mankos: unpräzise im Gesamten, schwache Seitenführung, und der Testfahrer muss beim Beschleunigen gegen das ausgeprägte Untersteuern ankämpfen.

Bei Nässe

Für die Sommertests hat sich das Team Monate später auf dem neuen Nokian-Testgelände „Hakka-Ring“ im spanischen Tarancón getroffen. Hier wurden die Reifen erneut durch die Testszenarien geschickt. Beim Nassbremsen aus 80 km/h zeigt der Bridgestone mit 27,9 Metern die beste Leistung und ist damit nah an der Sommerreifenreferenz (27,4 Meter). Es folgen Vredestein (28,2 Meter) und Continental (29,5 Meter). Überhaupt ist das hier das Metier des Bridgestone, der im Gegensatz zum Wintertest die beste Performance abliefert. Ganz im Gegensatz zum Toyo, der beim Aquaplaning und beim Handling zusammen mit dem Berlin schwächelt: Sie legen ein unpräziseres Lenkverhalten als der Rest des Testfelds an den Tag, fahren sich viel unsicherer und neigen beim Beschleunigen zum Untersteuern. Der Toyo neigt zum deutlichen Übersteuern bei Lastwechseln, wenn in Kurven Gas weggenommen wird.

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Die Sommertests fanden auf dem Nokian-Testgelände „Hakka-Ring“ im spanischen Tarancón statt. 
Foto: GTÜ
Die Sommertests fanden auf dem Nokian-Testgelände „Hakka-Ring“ im spanischen Tarancón statt. 

Auf trockener Piste

Bei den Trockentests liegen die Testreifen dichter beieinander. Beim Bremsen aus 80 km/h zeigte der Michelin den kürzesten Bremsweg (24,4 Meter) und der Toyo den längsten (29,2 Meter). Die meisten Reifen bieten eine gute Kurvenfestigkeit, präzises Lenkverhalten und sind gut kontrollierbar zu fahren. Der Bridgestone liegt in der Spitzengruppe, zeigt aber beim Handling, dass er bei Lastwechseln etwas mehr zum Übersteuern neigt. Die Reifen von Continental und Toyo liegen beim Handling im Mittelfeld. Letzterer neigt aber wieder zum Übersteuern bei Lastwechseln. Während die Reifen von Cooper und Berlin beim Bremsen keine Besonderheiten zeigen, ist ihr Handling auffällig: Sie haben am wenigsten Grip, geraten dadurch mehr ins Rutschen und schneller in ein Unter- oder Übersteuern.

Fazit

Den perfekten Ganzjahresreifen gibt es nicht. Aber durchaus gute, die für durchschnittliche mitteleuropäische Wetter- und Witterungsverhältnisse geeignet sind. Testsieger wird der Michelin Crossclimate2. Er zeigte keinerlei gravierende Schwächen und war bei Schnee, Nässe und auf trockener Strecke souverän, ausgewogen und gut fahrbar. Auf Platz zwei und drei landen der Continental AllSeasonContact und der Nokian Seasonproof. Der Bridgestone Weather Control hatte zwar die Nässe am besten im Griff und zeigte eine gute Performance auf trockener Fahrbahn, aber im Bereich Winter war er der Schwächste. Auch die Reifen von Cooper und Berlin sind in Summe nicht herausstechend und erreichen nur ein „bedingt empfehlenswert“. Der Testverlierer ist der Toyo Celsius, der als einziger Reifen im Test ein „nicht empfehlenswert“ bekam.

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