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Mann + Hummel

Neue Märkte, neue Produkte

Werner Lieberherr, neuer CEO bei Mann + Hummel, stellt sich den Fragen der amz-Redaktion: Im Fokus stehen neue Geschäftsfelder, auch geänderte Vertriebsstrukturen sind kein Tabu.

Alle reden von Krise – wie schätzen Sie die Lage ein?

Werner Lieberherr: Ich bin überzeugt, dass wir die Spitze des globalen Wachstums überschritten haben. Wir sehen jetzt eine eher moderate Phase, jedoch noch keine Rezession. Das Wachstum wird kleiner sein als der Durchschnitt der letzten fünf Jahre. Meiner Meinung nach bewegt sich die Wirtschaft seitwärts, auch wenn die Risiken eher gewachsen sind, beispielhaft sind hier die Handelskonflikte und der Brexit zu nennen. Aufgrund der makroökonomischen Umstände und einem nicht zufriedenstellenden Geschäftsergebnis 2018 haben wir ein Restrukturierungsprogramm aufgelegt und in diesem Zuge reduzieren wir die weltweiten Personalkosten um 60 Millionen Euro pro Jahr und sparen zusätzlich rund 40 Millionen an Sachkosten ein. Gegenüber dem letzten Jahr erwarten wir ein Wachstum von ein bis zwei Prozent.

Traditionell stark sind Sie ja in Deutschland.

Lieberherr: Das ist richtig, wir sind jedoch generell in Europa und auch in den USA stark aufgestellt. Ausbaupotenzial sehen wir im asiatischen Raum, wo mit 4,6 Milliarden Menschen circa 60 Prozent der Weltbevölkerung leben. Der Ausbau unserer asiatischen Marktposition ist eines unserer strategischen Ziele.

Wenn neue Märkte eine Linie sind, wie sieht es bei den neuen Technologien in den Fahrzeugen aus? Batterieelektrische Fahrzeuge haben keinen Verbrennungsluftfilter, keinen Kraftstofffilter und keinen Ölfilter.

Lieberherr: Wir haben größere Anstrengungen unternommen, um neue Produkte wie Ölfilter für die E-Achse oder Lüftungsfilter für die ­Batterien zu entwickeln. Außerdem ist auch hier unser Bremsstaubpartikelfilter einsetzbar und wir sind hierzu in fortgeschrittenen Gesprächen mit einem OEM. Zusätzlich haben wir den Bereich Life Science & Environment in den Fokus genommen, wo wir zur Zeit unter zehn Prozent des Umsatzes generieren. Das werden wir deutlich ausbauen. Unser Ziel ist, bei Filtrationstechnik nicht nur im Bereich Auto­motive Marktführer zu sein, sondern diese Kompetenz auch in den Bereichen Wasser oder Luft anzuwenden. Wir dürfen natürlich auch nicht vergessen, dass circa 55 Prozent unseres gesamten Geschäfts im Aftermarket generiert werden. Und hier lassen die Zahlen optimistisch in die Zukunft blicken: Derzeit sind circa 1,47 Milliarden Fahrzeuge mit Verbrennungsmotor auf der Straße. Im Jahr 2030 werden wir etwa 1,95 Milliarden Fahrzeuge mit ­dieser Technologie inklusive Hybriden auf den Straßen finden. Mit anderen Worten: Der Aftermarket wird auch mittelfristig weiter wachsen.

Wie viel Prozent des Automotivebereichs entfallen auf den Verbrennungsmotor, wie viel auf den Rest, also zum Beispiel ­Filter für Innenraumluft oder Getriebeöl?

Lieberherr: Leider kann ich Ihnen hier keine genauen Zahlen nennen. Wir sind jedoch überzeugt, dass wir auch zukünftig mit innovativen Produkten Veränderungen im Markt kompensieren werden, wie zum Beispiel mit Lösungen für alternative Antriebe und auch mit Innenraumluftfiltern.

Auf der Automechanika klang bereits an, dass sich Mann + Hummel jetzt auch um Gebäudefiltration kümmert.

Lieberherr: Richtig – das ist ein Teil unseres Life-Science-&-Environment-Segments. Neben Produkten in diesem Bereich bieten wir vielfältige Filtrationslösungen für weitreichende Anwendungsfelder des täglichen Lebens an, zum Beispiel Filtrationsanwendungen für Krankenhäuser, wozu OPs, aber auch die Filtration von Blutplasma zählen. Reinräume sind aber auch bei der Herstellung von Mikrochips essenziell, welche in jedem Mobiltelefon stecken. Wir haben eine klare Perspektive. Mit unserem strategischen Transformationsprozess „The Future Is Green“ und der vorangegangenen Restrukturierung haben wir bereits gute Fortschritte verbuchen können.

Können Sie das konkretisieren?

Lieberherr: Ja, wir haben konkrete strategische Ziele definiert. Diese beinhalten das Bestreben nach innovativen Produkten, die zusätzlich den Anspruch haben, digital­fähig und vor allem kostenkompetitiv zu sein.
Wir müssen uns in einem stets verändernden Marktumfeld agil an neue Gegebenheiten anpassen können. Im Bereich Life Science & Environment wollen wir in den jeweiligen Märkten zur Nummer eins oder zwei avancieren und sind überzeugt, dass wir dies in den nächsten Jahren erreichen werden. Eine weitere wichtige Komponente ist darüber ­hinaus das Thema E-Commerce. Zudem binden wir die Mitarbeiter in diesen Prozess aktiv ein und ­verstehen Strategie und deren Implementierung als etwas, das von allen zusammen getragen und gelebt werden muss, um nachhaltig erfolgreich zu sein.

Werden Sie Ihre Vertriebsstruktur ändern? Bislang verkaufen Sie doch primär über den Großhandel.

Lieberherr: Die Ansprüche der Kunden verändern sich und damit auch die Vertriebsstrukturen. In einem von E-Commerce geprägten Umfeld ist es zunehmend wichtig, dass wir in der Lage sind, kleine Mengen zu liefern und Retouren effizient abzuwickeln. Das heißt, dass wir unsere Logistik, Supply Chain und Produktionsprozesse entsprechend ausrichten müssen. Wir sind in Gesprächen mit E-Commerce- Plattformen und konnten hier schon erste Erfolge verbuchen.

Wäre es denkbar, dass ich als Werkstattbesitzer im Jahr 2025 einen Luftfilter über Aliexpress statt über Matthies oder WM bestelle?

Lieberherr: Durchaus, das hängt natürlich auch immer von der Struktur des jeweiligen Marktes und der Region ab. Der Kunde erwartet insgesamt mehr Komfort und reibungslose Prozessabläufe aufseiten der Dienstleister. E-Commerce wächst über die nächsten Jahre weltweit im zweistelligen Bereich und eine Batterie, ein Reifen oder eben ein Filter sind Dinge, die man im Internet gut handeln kann. Mit anderen Worten: E-Commerce wird im Filtrationsbereich stark an Relevanz gewinnen und wir stellen uns darauf ein, diese Kundenbedürfnisse auch in einem sich verändernden Umfeld vollumfänglich zu bedienen.

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