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Foto: ProMotor/Volz
Mittlerweile keine Seltenheit mehr: Ein E-Fahrzeug in der Kfz-Werkstatt.

Elektromobilität

Mit Vorsicht zu behandeln: Lithium-Ionen-Akkus im Werkstattalltag

Die Arbeit an E-Autos stellt Kfz-Werkstätten vor neue Herausforderungen. Vor allem bei der Fahrzeugsystemüberprüfung inklusive der Lithium-Ionen-Akkus sind wichtige Punkte zu beachten, um nicht mit BG-Vorgaben, Transport- und Abfallgesetzen in Konflikt zu geraten.

In modernen Elektroautos sind Lithium-Ionen- bzw. Lithium-Polymer-Akkus mit hoher Energiedichte und Leistung verbaut. Abhängig von Laufleistung und Art der Ladezyklen liegt ihre Lebenszeit bei etwa acht Jahren, bevor sie getauscht werden müssen. Bei Unfalleinwirkung kann ein Tausch auch schon eher anstehen. Da E-Autos mit sehr hohen elektrischen Spannungen betrieben werden, schreibt der Gesetzgeber vor, dass nur Personen an Fahrzeugen und unter Spannung stehenden Komponenten arbeiten dürfen, die eine „Hochvolt-Schulung“ absolviert haben.

Diese ist immer dann nötig, wenn an Fahrzeugen gearbeitet wird, deren Spannungen oberhalb von 25 V AC und 60 V DC liegt. Nur speziell ausgebildete Mitarbeiter (Hochvoltschulung oder alternativ dazu ein Gesellenbrief im Kfz-Handwerk ab dem Jahr 2013) dürfen an Elektrofahrzeugen arbeiten. Überdies müssen diese Mitarbeiter auch in der Lage sein, mögliche Gefährdungen zu erkennen und geeignete Schutzmaßnahmen zu treffen.

Sorgfältiger Umgang

Elektroautos haben weniger Verschleißteile als Fahrzeuge mit konventionellen Verbrennungsmotor uns sind hinsichtlich der Antriebseinheit wartungsärmer. Gleichwohl muss der empfindliche Akku abhängig von Wartungs- und Serviceplan des Herstellers, aber mindestens einmal jährlich, einer Inspektion unterzogen werden. Dies geschieht meist an einem speziell dafür eingerichteten Arbeitsplatz. Vor allem die Dichtheit der Akkus bzw. seiner einzelnen Zellen muss dabei geprüft werden. Der Vorteil, dass Lithium sehr reaktionsfreudig ist, birgt nämlich die Gefahr einer hohen Entzündlichkeit, wenn das Zelleninnere mit Feuchtigkeit und Luft in Berührung kommt. Das Fachpersonal muss daher auf Beschädigungen des Gehäuses, Korrosion an den Anschlüssen sowie geknickte und abisolierte Kabel achten.

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Foto: amz – Schoch
E-Arbeitsplätze müssen in der Werkstatt gesondert ausgewiesen und gesichert sein.

Lassen sich Beschädigungen nicht sicher feststellen, sollten E-Fahrzeuge nicht in der Kfz-Werkstatt, sondern immer auf gesonderten Parkplätzen abgestellt werden, wo sie im Brandfall keine weiteren Schäden verursachen können. Dies gilt insbesondere für verunfallte Stromer. Die Spannungsfreiheit des Fahrzeugs muss dabei gewährleistet sein. Hat der Airbag ausgelöst, liegt diese bereits vor. Auch sollte die Temperatur des Akkus mit einem IR-Messgerät im Auge behalten werden. Steigt diese in der Batterie sprunghaft auf über 65 Grad, ist von einem beginnenden Brandfall auszugehen. Also vom Start einer thermisch-chemischen Reaktion.

Die Prüfverfahren zur Klassifizierung von Lithium-Metall- und Lithium-Ionen-Zellen und -Batterien auf Beschädigungen und wie diese zu beurteilen sind, werden in Abschnitt 38.3 der „Empfehlungen für die Beförderung gefährlicher Güter – Handbuch über Prüfungen und Kriterien“, New York und Genf 2017, Deutsche Übersetzung, Geänderte und ergänzte Fassung, 2018 dargelegt. Die Bundesanstalt für Materialforschung und -prüfung (www.bam.de) erstellte die deutsche Version des Handbuchs und aktualisiert den Inhalt fortlaufend.

Schwieriger Transport

Für verbrauchte Lithium-Ionen-Akkus mit einem Gewicht von über 500 Gramm gelten strenge gefahrgutrechtliche Vorschriften. Als sogenannte Mono-Sammlung dürfen sie nur zusammen mit anderen Lithium-Ionen-Akkus in geeigneten separaten Behältern aufbewahrt und befördert werden. Gebrauchte und unbeschädigte Blöcke können dann unter den gleichen international gültigen Sicherheitsanforderungen (UN3480) wie neue Akkus transportiert werden. Dabei ist lediglich darauf zu achten, dass die Pole gegen Kurzschluss isoliert und lose Kabelenden abgeklebt werden. Auch müssen die Akkus so verpackt sein, dass Verrutschen nicht möglich ist.

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Foto: amz – Schoch
Beschädigte LI-Akkus sollten in solchen Brandschutz-Containern gelagert werden.

Bei beschädigten Lithium-Batterien gelten zusätzliche Anforderungen nach dem Gefahrgutrecht (Gefahrgut der Klasse 9), da selbst im entladenen Zustand die Restenergie noch für einen Brand ausreicht. Insbesondere bei größeren Akkus braucht es unter anderem einen Hitzeschutz bzw. eine Isolierung gegen die entstehende Hitze, die bei einem thermischen Durchgehen, wie es in der Fachsprache heißt, entsteht. Gegebenenfalls ist es notwendig, die Akkus auszusortieren und separat zu befördern.

Der Transport solcher beschädigter Akkus ist in Deutschland nur unter den von der Bundesanstalt für Materialprüfung (BAM) festgelegten Bedingungen und nach den internationalen Richtlinien für den Transport von Gefahrgütern (ADR) erlaubt. Zudem muss der Transport dort angemeldet sein. Maßgeblich sind hier die ADR 2015, 3.3, SV 376 und die geltenden Vorschriften der UN-Nummern 3090, 3091, 3480 und 3481 (mit Ausnahme der Sondervorschrift 230). Die Zellen und Batterien müssen dann mit der Aufschrift „Lithiumbatterien zur Entsorgung“ oder „Lithiumbatterien zum Recycling“ gekennzeichnet sein. Beim Verpacken sind hier noch die Verpackungsanweisung ADR P 908 des Unterabschnitts 4.1.4.1 bzw. LP 904 des Unterabschnitts 4.1.4.3 zu beachten.

In unklaren Fällen wird dringend empfohlen, das weitere Vorgehen vorab mit dem Entsorger, alternativ dem Fahrzeughersteller oder gegebenenfalls mit der Feuerwehr abzustimmen.

Lagerung von unbeschädigten LI-Akkus

Der Umstand, dass Lithium-Ionen-Akkus auch über längere Zeit hinweg nur eine geringe Selbstentladung, vereinfacht die Lagerung von unbeschädigten Stromspeichern. Ein Nachladen ist meist nicht nötig. Jedoch ist bei Lithium-Ionen-Akkus auf eine gemäßigte Lagertemperatur zu achten: kühl, aber frostfrei. Kurzfristig darf sich die Lagertemperatur zwischen -10 und +50 Grad bewegen, ohne dass der Akku Schaden nimmt.

Leichte Rückgabe

Für Kfz-Werkstätten ist es wichtig zu wissen, dass für alle Batterien (auch LI-Akkus) das Batteriegesetz (BattG gemäß Richtlinie 2006/66/EG) und die Durchführungsverordnung (BattGDV) gelten. Demgemäß sind Endnutzer (Privathaushalte, Gewerbe, Industrie) verpflichtet, Altbatterien an die Erfassungsberechtigten nach § 11 BattG abzugeben. Die Vertreiber (Händler) von Batterien sind im Gegenzug verpflichtet, Altbatterien (Geräte-, Fahrzeug- und Industriebatterien) unentgeltlich vom Endnutzer zurückzunehmen. Die Hersteller sind wiederum verpflichtet, die bei den Vertreibern gesammelten Altbatterien unentgeltlich zurückzunehmen (Rücknahmepflicht auch nach § 5 Abs. 2 BattG).

Flächendeckende Rücknahme- und Entsorgungssysteme für Lithium-Batterien, auch aus Elektrofahrzeugen, werden seit einigen Jahren u.a. von der GRS Service GmbH angeboten. Hier werden auch von der BAM geprüfte Transportsysteme zur Verfügung gestellt, so dass auch die Entsorgung beschädigter großer Lithium-Batterien sicherstellt ist. Noch sind aus Unfallfahrzeugen beschädigte Akkus selten, etwa 15 bis 20 Fälle schätzt das BAM. Doch das könnte sich ändern, falls der E-Fahrzeug-Bestand weiter zunimmt.

Die Ausbildung: Schulung in drei Stufen

Drei Stufen der Hochvolt-Ausbildung werden aufbauend auf der DGUV Vorschrift 1 „Grundsätze der Prävention“, der DIN VDE 0105-100, der DIN VDE 1000-10 und der DGUV Information 200-005 unterschieden. Nur wer diese Voraussetzungen vollständig erfüllt (Stufe 3), darf an Hochvolt-Fahrzeugen arbeiten.

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Foto: Gedore
Dies ist nur eine kleine Auswahl an speziellen E-Handwerkzeugen, die benötigt werden, um an E-Fahrzeugen sicher arbeiten zu können.
  • Hochvolt-Schulung Stufe 1: Diese Unterweisung zur „EuP-Hochvoltfahrzeug“ (Elektrotechnisch unterwiesene Person) richtet sich an Personen, die Fahrzeugpflege, Karosseriearbeiten, Testfahrten und leichte Servicearbeiten, wie Öl- und Radwechsel, durchführen.
  • Hochvolt-Schulung Stufe 2 (DGUV 200-005; diese Schrift befindet sich derzeit in Überarbeitung): Diese meist mehrtägige Schulung richtet sich u.a. an alle Kfz-Elektriker, -Mechatroniker und -Mechaniker. Die Lehrinhalte sind das Freischalten des Fahrzeuges, das Feststellen der Spannungsfreiheit und Sicherungsmaßnahmen gegen Wiedereinschalten. Auch Beschäftigte, die die Hochvolt-Schulung Stufe 3 abschließen möchten, müssen diese Qualifikationsstufe vorher absolvieren.
  • Hochvolt-Schulung Stufe 3: Hier werden in mehrtägigen Aufbauseminaren und Weiterbildungskursen die Kenntnisse zur Fehlersuche an HV-Systemen, das Wechseln von Bauteilen unter Spannung und die Übernahme von Fach- und Führungsverantwortung im Unternehmen vermittelt.

 

Alternativ hierzu genügt es, wenn ein Gesellenbrief im Kfz-Handwerk ab dem Jahr 2013 erworben wurde. In einem solchen Fall muss der Unternehmer abschätzen, ob er den Mitarbeiter für geeignet hält, an Hochvoltsystemen zu arbeiten, oder ob noch ggf. weitere Schulungen notwendig sind. Darüber hinaus können zusätzlich Hersteller-Schulungen notwendig sein. Zum Teil sind diese sogar zwingend vorgeschrieben.

Schulungsangebote für Mitarbeiter in Kfz-Werkstätten

  • www.dekra-akademie.de
  • www.hv-schulungen.de/
  • www.kfz-innung.de
  • www.tak.de
  • www.tuev-nord.de
  • www.tuvsud.com
  • https://vadotech.com
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