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Foto: amz / Simon Bäumer
Mit modernen 2k-Klebern lassen sich viele Kunststoffe-Bauteile stabil dauerhaft instand setzen

Kunststoffteile richtig kleben – statt austauschen

Egal ob in Form einer Stoßstange, einer Spiegelklappe oder einer Unterbodenverkleidung – Kunststoffe am Auto kennen alle Farben und Formen. Wie man diese richtig und dauerhaft klebt, soll unser Praxistipp zeigen.

Ganz gleich ob der Schaden durch unsanftes Einparken und Kontakt mit dem Bordstein, durch einen Parkrempler oder bei der falschen Demontage in der Werkstatt entstanden ist – Gründe etwas zu kleben gibt es so viele wie Kunststoffteile am Auto. Anhand einiger Beispiele zeigen wir, wie die professionelle Kunststoffreparatur aussieht.

Kunststoff ist nicht gleich Kunststoff Damit das Ergebnis der Reparatur auch dauerhaft und haltbar ist, ist es wichtig, sich zunächst mit den Arten der verschiedenen Kunststoffe zu beschäftigen. Unterteilen lassen sich die Kunststoffe zunächst in grobe Gruppen, die verschiedene Eigenschaften aufweisen. Neben den „puren“ Formen, wie etwa „PA“ für Polyamiden, finden sich in der Praxis – und gerade am Auto – häufig verstärkte Kunststoffe, denen mit Glasfasern zusätzliche Stabilität und Steifigkeit ein gehaucht wird. Solche Kombinationen hören etwa auf den Namen „PA-GF30“, wobei der erste Teil für die Grundsubstanz steht – in diesem Falle weiterhin Polyamid, der zweite Teil für den sekundären, Verstärkungsanteil – hier Glasfaser. Die Zahl hinter dem Zusatz gibt die Menge der Beimischung an, GF30 bedeutet ein 30-prozentigen Anteil an Glasfasern am Gemisch – ein hochgradig verstärkter Kunststoff.

Zur Einordnung eine Übersicht:

  • Weiche / elastische Kunststoffe PU/PUR = Polyurethane PA = Polyamide EPDM = Ethylen-Propylen-Dien-Kautschuk
  • Mittelharte Kunststoffe ABS = Acrylnitril-Butadien-Styrol
  • Harte Kunststoffe PS = Polystyrol Hart-PVC = Polyvinylchlorid

Wie unterscheiden? In der Praxis bringt alles Kunststofffachwissen nichts, wenn man nicht weiß, woraus das Bauteil besteht. Hier beginnt die Detektivarbeit: Auf den allermeisten Bauteilen ist aus Recyclinggründen die Art des Kunststoffs eingeprägt – man muss die Beschriftung nur finden. Sollte es sich tatsächlich um ein Teil ohne Markierung handeln, hilft ein genauer Blick auf den Schaden: Ist die Bruchkante sauber und glatt, handelt es sich zumeist um Kunststoffe ohne Glasfaserzusatz. Ist kein Bruch vorhanden, kann auch die Schleifprobe an unauffälliger Stelle Indizien liefern: Flexible und halbstarre Kunststoffe setzen die Schleifscheibe zu, glasfaserverstärkte Kunststoffe stauben - Atemschutz tragen!

Reparaturvorbereitungen

Sauberkeit ist auch beim Kleben das A und O. Da die zu klebenden Teile meist aus dem Außenbereich des Fahrzeugs stammen, bietet es sich an, diese vor der Reparatur mit dem Hochdruckreiniger oder Dampfstrahler zu „kärchern“.

Risse ausbohren

Wie bei Rissen in Metall, sollten diese auch in Kunststoffen jeweils am Enden ausgebohrt werden, um ein weiterreißen zu verhindern.

Einkerbungen und Risse grob anschleifen

Damit größere Risse wieder sicher zusammenhalten, gilt es, diese grob anzuschleifen. Je rauer der Untergrund, desto besser hält der Kleber. Nach Möglichkeit sollten Risse V-förmig ausgeschliffen und mit Kleber ausgelegt werden. Anderenfalls läuft man Gefahr, dass der Kleber nur oberflächig aufgetragen wird, und beim anschließenden Schleifen vor der Reparatur wieder komplett abgetragen wird.

Verstärkungen vorbereiten

Sind belastete Teile gerissen, etwa Stoßfänger die dem Fahrtwind trotzen müssen, oder die Schraubhalterung am Scheinwerfer abgebrochen, so sollte man sich nicht auf eine kleine Klebestelle verlassen, sondern zusätzliche Verstärkungen in die Klebestelle einbringen. Dazu eigenen sich spezielle Verstärkungsfolien, aber auch artgleiche Kunststoffe oder Edelstahlnetze, die flächig hinter die oder auf der eigentlichen Klebestellen aufgebracht werden, um die wirkenden Kräfte auf einen größeren Bereich zu übertragen und somit die vom Riss geschwächte Stelle zu entlasten. Während das Verstärken mit weiteren Kunststoffteilen aus dem Schrottcontainer oder Metallnetzen eine sehr preiswerte Möglichkeit bietet, so sind diese aus optischen Gründen oder wenn sehr wenig Platz vorhanden ist, nicht überall einsetzbar. Hier sollte man keine Kosten scheuen, und großflächig mit Verstärkungsfolie die betroffene Stelle armieren.

Sauber, trocken, fettfrei

- so sollte die ideale Klebestelle direkt vor dem Kleben aussehen. Nach der groben Vorreinigung mit Druck und Wasser, steht das Entfetten an. Damit die Klebstoffe ihre volle Wirkung entfalten können, dürfen keine Fette oder Silikone mehr an der betreffenden Stelle zu finden sein – schon ein Wisch mit dem Finger, um die letzten Plastikkrümel zu entfernen, kann die erfolgreiche Verklebung zunichtemachen. Wir haben an dieser Stelle den Plast-O-Fix Reiniger – ein Reiniger auf Polymerbasis von Berner – verwendet. Alternativ können Klebestellen auch miz Silikonentferner entfettet werden, im äußersten Notfall auch mit Bremsenreiniger. Wenn das Reinigungsmittel aufgetragen und abgewischt wurde, die Klebestelle ausreichend lange lüften lassen, oder mit ölfreier Luft trocknen.

Letzte Vorbereitung: Primern

Damit der getrocknete Kleber nach dem Aushärten nicht abplatzt, und um die Verbindung zum Kunststoff zu verbessern, sollte zusätzlich ein Haftvermittler in Form von Primer verwendet werden. Diese sind in der Regel lösungsmittelbasiert und lösen den Kunststoff oberflächig minimal an und rauen ihn so weiter auf, damit der Kleber sich mit dessen Struktur bestmöglich verbinden kann.  Damit kann es an Kleben gehen!

Kleben

Beim Kleben kommen 2k-Klebstoffe zum Einsatz – diese bestehen aus Harz und Härter, die in zwei getrennten Kartuschen aufbewahrt werden, und erst beim Austreten aus einer Mischerdüse oder dem manuellen Vermischen miteinander reagieren, und den Aushärtungsprozess starten. Hier liegen die Hauptunterschiede in der Reaktionsgeschwindigkeit: Während super schnelle Kleber wie der „Berner Super Speed“ dem Anwender nur 20-30 Sekunden Zeit gewähren, um die Klebestelle auszurichten, so dauert es mit Standard-Epoxydharzklebern wie dem „Berner Standard Uni“ etwa 5 Minuten, bis der Kleber sich nicht mehr verarbeiten lässt. Die Auswahl des Kleber sollte daher abhängig davon erfolgen, wo zu kleben ist: Bei einer senkrechten Verklebung an der Stoßstange würde „langsamer“ Kleber nur hinunterlaufen und Nasen bilden, während bei komplizierten Brüchen eine gewisse Bearbeitungszeit durchaus vorteilhaft sein kann, um den Kleber überall auftragen zu können und noch Zeitreserven zum Ausrichten zu haben – sonst ist man noch nicht am Ende der Klebestelle angekommen , während der Kleber am Anfang schon ausgehärtet ist.

Fazit

Mit guten Klebern lässt sich vieles reparieren und retten, was für den Kunden teuer und aufwendig in der Beschaffung gewesen wäre. Wer weiß wie er mit einer Klebestelle richtig umgeht, erhält eine Verbindung, die dem Original in nichts nachsteht und genauso stabil ist. Dafür ist eine saubere Vorarbeit und Grundwissen zu den Kunststoffsorten die verklebt werden sollen nötig. Aus unserer Sicht ist 2k-Kleber aus dem Werkstattalltag nicht mehr wegzudenken – und viele benutzen ihn schon lange – schöpfen aber noch nicht sein volles Potenzial aus.

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