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Handwerkzeug im Praxistest

Halbzollknarren: Außenseiter - Spitzenreiter

Knarren kauft man in der Regel beim Großhändler. Dass neben Markenware aber auch Außenseiter Spitzenreiter sein können, zeigt unser Test.

Als die Planungen für diesen umfangreichen Test in Kooperation mit der AutoBild konkret wurden, stand schnell fest: Marke allein reicht nicht. Neben den üblichen Verdächtigen sollen auch unbekannte und Newcomer ins Boot. Und alle zusammen sollen nicht nur ins Boot, sondern auch kunstvoll zerstört werden. Die Auswahl ist wegen der Zusammenarbeit mit AutoBild etwas "Consumer-lastig", was im Ergebnis jedoch erstaunlich wenig ausmacht.

Wie schon im vorigen Artikel erläutert, kann ein solcher Test nur ein erweitertes "Hands-on" bieten und den Zerstörungs-Versuch unternehmen. Er sagt naturgemäß z.B. nichts über die Dauerhaltbarkeit aus. Auch scheiden sich am Design von Ratsche und Nuss die Geister - klobige Griffe sind möglicherweise nicht jedermanns Sache, eine ringeförmige Umschaltung vielleicht ebenso wenig. Ein abgewinkelter oder voll gummierter Griff kann in einem Fall Vorteile haben, im anderen Nachteile. Und ob Flankengriff-Profil "A" dem Profil "B" im Grenzfall überlegen ist, dürfte eine eher akademische Frage sein. Im Folgenden besprechen wir alle Hersteller einzeln und alphabetisch.

Blackspur

Foto: Jens Meyer

Knarre kurz, Griff piepelig und kaputte Verchromung ab Werk: Dieses Artefakt Werkzeug zu nennen, ist gewagt. Bei der Vor-Alterung auf der Drehbank rieselte bronzefarbener Staub aus dem Knarrenkopf: Hat der Chinese die Getriebe-Komponenten aus Messing gefertigt? Im Drehmoment-Test hielt dieses Getriebe immerhin der Belastung von 160 Nm stand, schwächster Punkt war der Griff. Er machte bei diesem Wert die sprichwörtliche Biege, dass die DIN mit ihren 512 Nm in weiter Ferne blieben. Pluspunkte: Der schmale Kopf sowie die fehlende Gummierung, die sich deswegen auch nicht in Benzin auflösen ließ. Die Stecknuss überlebte das Drehmoment von 150 Nm nur mit Ach und Krach, zeigte deutliche Spuren am Sechskant. Unsere Meinung: Selbst wenn der Preis von knapp 15 Euro für einen ganzen Kasten lächerlich günstig ist - das auf Wunsch der Kollegen mit in den Test geholte Material taugt schlicht nichts. Bestenfalls legt man es dem verhassten Kunden als Weihnachtsgeschenk unter den Baum, damit er sich am abplatzenden Chrom die Hände aufschneidet.

Gedore red

Foto: Jens Meyer

Mit dem Modell R80000027 von Gedore red liegt der Archetyp einer klassischen Umschaltknarre auf dem Tisch. Dabei bietet die Zahnteilung von 72 pro Umdrehung genügend Reserven bei beengtem Bauraum, das Werkzeug liegt gut in der Hand. Beim Drehmoment-Test verformte sich der Stiel bei 620 Nm plastisch, so dass der Test für Gedore an dieser Stelle zu Ende war. Das übrige Testfeld hielt hier teilweise länger durch. Im Benzinbad quoll der Griff auf und verfärbte sich; die mit einem Flankengriff-Profil versehene Nuss ließ sich nicht sprengen und blieb heil. Unsere Meinung: Mit einem Straßenpreis von knapp 23 Euro macht man mit Gedore Red nichts verkehrt. Mit einem maximalen Drehmoment von 620 Nm zählt Die R80000027 allerdings auch nicht zu den Spitzenprodukten.

Hazet

Foto: Jens Meyer

Die Hazet 916 HP punktet als einzige Knarre im Test mit einer extrem feinen Verzahnung von 90 Zähnen pro Umdrehung. Rein konstruktiv ist so eine feine Teilung eine Herausforderung - die Remscheider versprechen, dass der Kopf damit sogar brutale 1.000 Nm heil überstehen soll. Im Test konnten wir das leider nicht nachvollziehen; der Stiel verformte sich ab 690 Nm plastisch und blieb auch leicht verbogen. Das Benzinbad beeindruckte den Griff ebenfalls nachdrücklich - auf den Fotos gut zu sehen. Als eine der wenigen Ratschen im Test verfügte dieser Kandidat nicht über einen Auswerfer.Die Nüsse sind gerändelt und greifen die Schraube mit einem Flankengriff-Profil. Unsere Meinung: Hazets 916 HP sammelte Pluspunkte. Neben der feinen Verzahnung lässt sich mit diesem schlicht gestalteten Werkzeug dank der wirksamen Länge von rund 250mm ordentlich hebeln und werken; ob der Kopf die versprochenen 1.000 Nm hält, konnten wir nicht nachvollziehen. Der schlanke Griff liegt gut in der Hand, reagiert allerdings allergisch auf Benzin. Nachteile? Der Preis - mit wenigstens 55 Euro ist Hazet einsamer Spitzenreiter.

JMP

Foto: Jens Meyer

Unter seiner Hausmarke "JMP" bringt der Hamburger Werkstattausrüster Matthies diese Knarre mit Drehrad-Umschaltung in den Handel. Neben der ungewohnten Umschaltung fällt der damit einhergehend schlanke Kopf, das geringe Gewicht und ein beinahe bionisches Design des Stiels auf. Im Drehmoment-Test wurde klar, warum dessen Querschnitt nicht rund, sondern elliptisch gestaltetet wurde: Er hält satten 720 Nm stand - dem Wert, bei dem unsere Prüfvorrichtung versagte. Der Stiel blieb kerzengerade, allein der Griff quoll im Benzinbad etwas und klapperte nach dem Trocknen. Die Stecknüsse zeigen ein ungewöhnliches Flankengriff-Profil, das insbesondere beim Umgang mit rundgenudelten Sechskanten Vorteile haben könnte. Eine Rändelung macht das Drehen von Hand einfacher. Unsere Meinung: Bei dieser unscheinbaren Knarre haben die Konstrukteure einiges richtig gemacht. Und wer drüber nachdenkt, muss zugeben, dass sich elliptische Querschnitte besser eignen als runde, um hohe Kräfte zu übertragen. Mit einem Preis von 35 Euro liegt die JMP-Knarre im Mittelfeld, das extreme Flankengriff-Profil ist eine nähere Untersuchung wert.

Kunzer

Foto: Jens Meyer

Ausrüster und Importeur Kunzer legt mit seiner 7SS150-KN12 eine klassische Umschaltknarre auf den Tisch. Im Unterschied zu vielen Konkurrenten ist der Stiel nicht gerade, sondern gekröpft. Die Verzahnung fällt mit 72 Zähnen eher fein aus, der Griff hingegen klobig. Wie auch dem Modell von JMP haben die Konstrukteure dem Stiel dieser Ratsche ein elliptisches Profil mitgegeben. Im Drehmoment-Test bleibt der deswegen kerzengerade, während das Griffgummi zerquetscht und den Test damit bei 670 Nm beendet. Das anschließende Benzin-Bad setzte dem Griff weiter zu und ließ ihn nicht nur aufquellen, sondern auch ausbleichen. Die Nüsse verfügen über ein enges Flankengriff-Profil und lassen sich dank Rändelung gut anfassen. Unsere Meinung: Bei einem Straßenpreis von 25 Euro macht man mit dieser Knarre nichts verkehrt. Die Kröpfung des Stiels ist Geschmackssache - was in einigen Fällen vorteilhaft sein kann, ist bei knappem Montageraum ein Nachteil. Insgesamt gute Standardware.

Proxxon

Foto: Jens Meyer

Proxxons Dreh-Umschaltknarre 23096 ist ein Designklassiker, den jeder irgendwo schon einmal gesehen hat. Dabei ist die Gestaltung nicht nur ungewöhnlich, sondern macht das Werkzeug dank des Stiels im Rechteck-Profil auch außerordentlich steif. Das maximale Drehmoment von 670 Nm konnte ihm nichts anhaben - vielmehr zerquetschte das Griffgummi. Das nachfolgende Benzin-Bad gab diesem Griff dann den Rest - er quoll deutlich auf und ging aus der Form. Mit einer Teilung von nur 48 Zähnen ist Proxxons Ratsche kein Experte, wenn es um enge Bauräume geht; die Flankengriff-Nüsse besitzen keine Rändelung. Eine glatt-zylindrische Nuss mit öligen Fingern zu drehen, fällt damit schwer. Unsere Meinung: Die 23096 ist bereits für 13 Euro zu haben - ein echter Kampfpreis. Wer den problematischen Griff und die grobe Verzahnung in Kauf nehmen kann, bekommt mit diesem Gerät viel Knarre für wenig Geld.

Rothewald

Als Händler für Motorradkleidung und Zubehör hat sich Detlev Louis aus Hamburg einen Namen gemacht. Unter der Marke "Rothewald" bringt er auch Werkzeug ins Land, dass er in Sortimentskoffern vertreibt. Das hier vorgestellte, gerade und mit Knebel umzuschaltende Knarren-Exemplar fällt eigentlich durch gar nichts auf. Im Drehmoment-Test verbiegt der Griff bei 670 Nm, der Aufdruck "Rothewald" löst sich im Benzin-Bad auf wundersame Weise auf. Die Flankengriff-Nüsse haben keine Rändelung und sitzen knapp. Unsere Meinung: Geht man davon aus, dass dieses Produkt aus Fernost kommt, so lässt sich festhalten: China kann auch Qualität. Und dass eine Knarre durch nichts Negatives auffällt, ist schließlich auch etwas.

Sonic

Foto: Jens Meyer

Der niederländische Anbieter Sonic Equipment hat sich auf komplett eingerichtete Werkzeugwagen spezialisiert und drängt seit einigen Jahre auch auf den deutschen Markt. Mit seiner geraden Knebel-Umschaltknarre legt er schlichtes Stück Maschinenbau auf den Tisch, dass in unserem Test durch nichts auffiel. Der runde Stiel verbog sich lediglich elastisch, der Drehmoment-Test war bei 670 Nm zu Ende, weil das Griffgummi zerquetschte. Im Benzin-Bad qoll der Griff etwas auf, schlug sich aber wacker. Die Flankengriff-Nüsse verfügen über eine Rändelung. Auffallend: Der mit einer Breite von 43mm recht klobige Kopf, in dessen ein Zahnrad mit einer Teilung von nur 45 Zähnen steckt. Unsere Meinung: Mit einem Straßenpreis von knapp 40 Euro ist die Sonic-Knarre beileibe kein Schnäppchen; ihr Kopf ist im Vergleich zu anderen Testkandidaten recht klobig und nicht eben für filigrane Arbeiten gemacht, die eher grobe Teilung bekommt keinen Pluspunkt.

Sotech

Foto: Jens Meyer

Das auf Wunsch der Kollegen mit in den Test genommene "Sotech"-Sortiment versteckt seine gerade 1/2´´-Knarre in einem 108-teiligen Sortimentskasten und sieht zahlreichen No-Name Zwillingen auf www.alibaba.com zum verwechseln ähnlich (siehe auch „Tectake“). Neben einer sehr groben Verzahnung mit nur 24 Zähnen pro Umdrehung fällt der breite Kopf auf: Er misst satte 46 mm. Im Drehmoment-Test verbiegt der Stiel, bei 600 Nm zerbricht die Sperrklinke im Kopf. Damit überspringt dieser vermutlich aus Fernost stammende Vertreter durchaus die DIN-Anforderung, setzt aber kein Glanzlicht. Im Benzin-Bad quillt der Griff, die Nüsse mit Rändel und Flankengriff-Profil sind unauffällig. Unsere Meinung: Nimmt man diese Ratsche als Beispiel für die unterste Kante akzeptabler China-Qualität, so zeigen die Asiaten, was für sehr wenige Euro möglich ist: Eben noch brauchbare Ware, die eine gewisse Zeit durchhält. Nichts für den Werkstattalltag, aber eine Kampfpreis-Ansage.

Stahlwille

Foto: Jens Meyer

Der Traditionshersteller Stahlwille schickt seine 512 2K ins Rennen: Diese in ihrer Grundform seit Jahrzehnten produzierte Knarre fällt durch ihre Unauffälligkeit auf. Mit einer Knebelumschaltung, einem stabilen Griff sowie dem rechten schlanken Kopf ist auch sie ein Archtyp der klassischen Knarre. Im Drehmomenttest biegt der Stiel, bei 670 Nm bricht die Verzahnung im Kopf. Damit erreicht sie locker den DIN-Wert, springt beim Drehmoment aber nicht auf den Spitzenplatz. Bei den Nüssen geht Stahlwille einen Sonderweg und bietet gerändelte Exemplare mit 12-kant-Profil an. Als einzige Kandidatin überlebt die 512 2K den Benzin-Test fast schadlos - der Griff quillt nur sehr wenig und bleibt so, wie er war. Unsere Meinung: Die Knarre von Stahlwille ist nicht sonderlich aufregend, wohl aber sehr beruhigend. Mit einem Preis von rund 40 Euro bietet das Gerät klassischen Maschinenbau, der zwar nicht mit extremen Werten brilliert, aber im täglichen Leben überzeugt.

TecTake

Foto: Jens Meyer

Ein Doppelgänger in blau? Die ebenfalls in einem Sortimentskasten versteckte Knarre von Tectake sieht dem Exemplar von Sotech zum Verwechseln ähnlich. Allerdings ist das Gerät länger und im ziemlich breiten Kopf verstecken sich 44 statt 24 Zähne. Dieses „mehr“ an Zähnen scheint auf Kosten der Qualität zu gehen; im Drehmoment-Test leidet die Sperrklinke bereits bei 470 Nm unter Parodontose und erreicht so nicht den in der DIN geforderten Wert. Weil der Test bei diesem Wert zu Ende war, litt der Griff unter dem Drehmoment nur bedingt - der Schaden wurde im Benzinbad nicht wirklich schlimmer. Die Nüsse sind mit Flankengriff und Rändelung unauffällig. Unsere Meinung: Durchgefallen. Weil bei Bruch des Materials immer üble Verletzungsgefahr besteht, sollte so etwas auch nicht als Backup-Werkzeug in Frage kommen.

Vigor

Foto: Jens Meyer

Nach eigenen Angaben bedienen sich die Produktmanager des Remscheider Unternehmens bei ihrer Suche nach neuen Produkten nicht nur des deutschen Marktes. Die kunststoffummantelte Umschaltknarre V6012 liegt mit ihrer Kröpfung und mit dem schlanken Kopf gut in der Hand, ist mit 72 Zähnen fein geteilt und verfügt über einen Auswerfer-Knopf. Im Drehmoment-Test war bei 600 Nm Schluss - bei diesem Wert verbog sich der Stiel, das Griffgummi zerquetschte. Als Alleinstellungsmerkmal sind die Vigor-Nüsse nicht nur gerändelt, sondern auch glanzverchromt. Unsere Meinung: Die V6012 ist mit 35 Euro nicht ganz billig. Dafür gibt es jedoch eine schlanke, gekröpfte Knarre mit einem Design, dass einem irgendwie bekannt vorkommt. Das maximale Drehmoment von 600 Nm ist nicht umwerfend, der Sinn der Glanzverchromung fraglich.

Wera

Foto: Jens Meyer

Weras 8000 Zyklop ist in vielerlei Hinsicht besonders. Das fängt mit dem Schraubenzieher-Griff an, geht mit dem drehbaren Kopf weiter und hört auch bei der Dreh-Umschaltung nicht auf. Bei 260mm wirksamer Länge ist dieser Design-Außenseiter das längste Exemplar im Testfeld und steckte ein Drehmoment von 690 Nm klaglos weg, bevor der Griff zerquetschte. Im anschließenden Benzin-Bad war eben dieser Griff die einzige Schwachstelle - er qoll auf und verlor etwas an Form. Die Flankengriff-Nüsse sind gerändelt und (noch eine Besonderheit) farbig markiert. Unsere Meinung: An dieser Knarre schieden sich in der Redaktion die Geister. Schließlich macht die Dreh-Option den Kopf nicht nur schwer, sondern auch breit. Anderseits mag es Montage-Situationen geben, in denen dieses Feature willkommen ist. Ob es dafür jedoch einen Schraubenzieher-Griff braucht, ist eher fraglich. Mit einem Preis von 45 Euro ist das Design eher teuer bezahlt. Glanzpunkt: Die Farbmarkierung der Nüsse.

Test, Text & Bilder: Jens Meyer

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