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Ein Jahr Diesel-Skandal: Wie geht es VW?

Für den Volkswagen-Konzern und den Dieselmotor waren die vergangenen zwölf Monate eine permanente Krise. Und auch der ein oder andere VW-Fahrer dürfte Grund zum Ärgern gehabt haben. Erleichterung ist in keinem der drei Fälle in Sicht.

Gerade noch auf dem Weg zur weltweiten Nummer eins, dann der tiefe Sturz. Das Bekanntwerden der Abgas-Manipulationen beim Dieselmotor im Herbst 2015 hat Volkswagen in eine existenzielle Krise gestürzt. „Dieselgate“ wird den Konzern Milliarden kosten, hinterlässt enttäuschte Kunden und wütende Aktionäre. Das ganze Ausmaß des Problems ist für alle Beteiligten auch zwölf Monate später noch nicht zu erkennen.

Wie geht es VW?

Wie teuer der Skandal für VW am Ende wird, ist immer noch nicht abzusehen. Mit einem Minus von 1,6 Milliarden Euro gab es 2015 bereits den größten Verlust in der VW-Geschichte, die Gesamtkosten dürften deutlich zweistellig werden. Experten rechnen mit bis zu 35 Milliarden Euro. Geld wollen mittlerweile nicht nur US-Behörden und VW-Fahrer, sondern auch Aktionäre und Bundesländer. Das große Problem: VW bräuchte das Geld eigentlich für seine Elektro-Offensive, an der die Zukunft des Konzerns hängt. Es gibt aber durchaus einige gute Nachrichten für VW. So hat man zumindest mit den US-Behörden einen 15-Milliarden-Vergleich geschlossen, mit dem die amerikanischen Kunden entschädigt werden. Die Schuldfrage ist indes immer noch nicht geklärt, der interne Untersuchungsbericht einer Anwaltskanzlei liegt weiterhin nicht vor. Zumindest Konzernchef Martin Winterkorn hat bereits seinen Rücktritt eingereicht, mit ihm gingen weitere Top-Manager. Branchenexperte Ferdinand Dudenhöffer wertet das auch als Chance auf einen Zeitenwende. Ohne „Dieselgate“ wäre der Konzern mit seinen autokratischen Prinzipien in der neuen Mobilitätswelt zugrunde gegangen.

Wie geht es der Kundschaft?

Bislang können sich nur die US-Kunden entspannt zurücklehnen. Sie sollen knapp 5.000 Euro Entschädigung erhalten, zudem können sie ihren Wagen umrüsten lassen oder ganz zurückgeben. Letzteres ist in Deutschland bislang nicht möglich. Zwar haben bereits mehrere Landgerichte VW zur Rücknahme von Schummel-Modellen verdonnert, die Urteile sind aber nicht rechtskräftig, weil die Fälle in die nächste Instanz gehen. Möglicherweise wird erst der Bundesgerichtshof am Ende der Instanzenkette Sicherheit schaffen können. Bis dahin müssen sich die deutschen Kunden mit Umrüstungen ihrer Fahrzeuge zufriedengeben, einige der nötigen Rückrufaktionen sind bereits gestartet. Inwieweit die Nachbesserungen Einfluss auf Verbrauch und Leistung haben ist nicht eindeutig klar. Zwar ändern sich die Laborwerte im offiziellen NEFZ-Zyklus nicht, im realen Straßenverkehr werden die Autos jedoch möglicherweise durchaus durstiger. Der ADAC hat eine geringe Abweichung um zwei Prozent festgestellt, die Zeitschrift Auto Motor und Sport hat beim Pick-up Amarok jedoch bis zu 0,7 Liter Mehrverbrauch gemessen. Unklar ist auch, welche Folgen die nun aktivierte Abgasreinigung auf die Haltbarkeit von Motor und Auspuffanlage hat.

Wie geht es dem Diesel?

In den USA hat sich das Thema Selbstzünder als Massenphänomen wohl erst einmal erledigt. Die deutschen Verbraucher hingegen lassen sich bislang eher wenig irritieren: Zwar sankt der Dieselanteil etwa im August um knapp drei Prozentpunkte gegenüber dem Vorjahr auf 45 Prozent, ein richtiggehender Einbruch ist das aber noch nicht. Der jedoch könnte kommen, denn der lange Zeit gehätschelte Diesel bekommt zurzeit Feuer von allen Seiten. Umweltschützer, Umweltbehörden und auch Politiker in ganz Europa würden den Selbstzünder ob seines Schadstoffausstoßes am liebsten heute als morgen von der Straße verbannen. Auch, weil es nicht mehr verborgen bleibt, dass längst nicht nur die VW-Diesel schmutzig sind. Die Deutsche Umwelthilfe (DUH) etwa überzieht die Kommunen mit meist erfolgreichen Klagen, die die Überarbeitung der Luftreinhaltepläne verlangen. Mögliche Konsequenz wäre ein teilweises Verbot aller Diesel-Motoren in der Innenstadt, was auch ein Effekt der weiterhin diskutierten „Blauen Plakette“ wäre.

Aber auch Experten und Entscheider der Automobilbranche billigen dem Diesel langfristig keine große Zukunft mehr zu. Selbst wenn eine leistungsfähige und funktionierende Abgasreinigung möglich sein sollte, wäre sie wohl einfach zu teuer. Dass es so, wie es läuft, nicht weiter gehen kann, zeigte zuletzt unter anderem ein Abgas-Test der DUH unter realistischen Alltagsbedingungen. Auf der Straße stießen 33 von 36 Euro-6-Testkandidaten weit mehr Stickoxide aus als eigentlich erlaubt. Betroffen waren fast alle großen Marken, auch welche deutscher Premium-Hersteller. Der Negativ-Spitzenreiter, ein Ford Mondeo, war neunmal schmutziger als der Grenzwert. VW immerhin scheint aus dem Skandal gelernt zu haben. Im Schnitt schnitten die Fahrzeuge der Marke deutlich besser ab als die Modelle anderer Hersteller, unterboten teils sogar kommende Grenzwerte. Auch die Umweltorganisation „Transport amp; Environment“ lobt die neuen VW-Diesel – nun sind sie sauberer als die Motoren der Konkurrenz. So hat Dieselgate zumindest etwas Gutes. (Holger Holzer/SP-X)

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