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Motorschäden beim 2.2 TDCI

Im Späne-Strudel

Motorschaden als Folge verschlissener Injektoren? Wer beim rauchenden 2.2 TdCi aus der Gemeinschaftsentwicklung von Ford und des PSA-Konzern nur die Injektoren tauscht, kann auf hohen Folgekosten sitzenbleiben.

Das Problemkind liegt bereits demontiert auf der Werkbank: Ein 2.0 TdCi-Motor von Ford, ursprünglich verbaut in einem Wohnmobil auf Transit-Basis. Der Kunde brachte das Fahrzeug mit der Beschreibung: „keine Leistung mehr, raucht stark“ in die Werkstatt von Motoren Streit, einem GMI-Instandsetzungsbetrieb im Sauerland. Zum Zeitpunkt der Reparatur ist das Wohnmobil fünf Jahre alt und hat eine Laufleistung von immerhin 67.500 Kilometern auf dem Tacho. Anhand der Fehlerbeschreibung liegt die Diagnose eigentlich auf der Hand: Injektor hinüber! Schließlich führt ein kaputtes Einspritzventil schnell zu viel Rauch und/oder zu wenig Leistung. Nach einem endoskopischen Blick in den Brennraum wird allerdings schnell klar, dass es für den Kunden schlimmer und teurer kommt: Ein Kolbenboden ist gerissen und hat ein kapitales Loch. Als Schadensursache kommt eigentlich nur der Injektor in Frage - oder?

Defekter Injektor als Ursache?

Schließlich können bei defektem Injektor sowohl die Einspritzmenge als auch das Spritzbild dergestalt aus dem Kurs geraten, dass es zu lokalen Überhitzungen und vor allem Schwarzrauch kommt. Mit viel Glück raucht die Maschine nur – mit Pech gibt auch der Kolbenboden des auf Hochleistung konstruierten Motors nach. Dann mangelt es nicht nur an Kompression, sondern auch an Leistung. Wer in diesem Fall die Diagnose richtig stellt („Injektor hinüber!“) und daraufhin die fragliche Düse oder gleich alle vier Spritzbildner tauscht, hat Erfolg: Der Motor läuft wieder rund und sauber. Allerdings nicht sehr lange – nach meist wenigen tausend Kilometern kommt es zum erneuten Ausfall mit denselben Symptomen. Und spätestens jetzt ist die Reparatur ein sattes Minusgeschäft, schließlich hat man als Letzter am Fahrzeug gearbeitet und nun einen Kunden auf dem Hof, der auf die Gewährleistung pocht. Mit einer Extraportion Pech hat es zudem Löcher in einen oder mehrere Kolben gebrannt, so dass die Reparaturkosten garantiert mehrere Tausend Euro betragen.

 

Hochdruckpumpe mit Selbstauflösungserscheinungen

Was ist passiert? Das eigentliche Problem steckt bei den TdCi Motoren nicht von oben im Zylinderkopf, sondern ist stirnseitig daran angeflanscht: Die Hochdruckpumpe des Common-Rail-Systems. Sie ist Kern des Übels und führt häufig zu Problemen bei den genannten Motoren. Die Pumpe produziert nach teils sehr geringen Laufleistungen reichlich feine Späne. Dieser Abrieb breitet sich nicht nur in Richtung Rail und Injektor aus, sondern kontaminiert über die Rücklaufleitungen das gesamte Kraftstoffsystem. Die Pumpe als Auslöser saugt diesen Abrieb wieder ein und zerstört damit nicht nur sich selbst immer weiter, sondern auch die Injektoren. Hier ruinieren Abriebpartikel die geläppten Oberflächen und verändern sowohl Spritzbild als auch Kraftstoffmenge. Im ersten Moment sieht es daher so aus, als sei nur ein einzelner Injektor defekt. Bei genauem Hinsehen finden sich Abrieb und Späne jedoch in ausnahmslos allen Komponenten der Einspritzanlage wieder – was die fachgerechte Reparatur so teuer macht. Selbst vermeintlich unverdächtige Bauteile wie die Vorförderpumpe samt Tankgeber müssen ersetzt werden.

Loch im Portemonee

Hat man also einen solchen Motor mit den beschriebenen Symptomen in der Halle, hängt das weitere Vorgehen davon ab, ob die Kolben noch intakt sind und ob Späne im Kraftstofffilter zu finden sind. Falls ja, sind insbesondere die akribischen Reinigungsarbeiten arbeits- und kostenintensiv. Der Tank wird mit Hochdruck und Heißdampf ausgewaschen, alle Schlauchleitungen ersetzt, Rails und Hochdruckkomponenten im Ultraschallbad mehrfach gereinigt – ein einziger, winziger Span reicht aus, um die Anlage erneuert in den Tod zu reißen. Selbst wenn das Reinigen lange dauert, so ist das Vorgehen günstiger, als die betreffenden Teile vom Hersteller neu zu kaufen. Der nächstgrößere Schaden „Loch im Kolben“ wird automatisch zum „großen Loch im Portmonee“. Neben den Reinigungsarbeiten, vier neuen Injektoren, Filtern, einer Pumpe und Kleinteilen müssen hier sowohl Zylinderkopf als auch Kurbelwelle demontiert werden. Während Motorblock, Zylinderkopf und Kurbelwelle die Schäden meist gut wegstecken und wiederverwendend werden können, verlangt ein solcher Schaden vor allem nach neuen Kolben. Hinzu kommen allerdings auch die üblichen Verschleißteile wie Lagerschalen, Schrauben und Dichtungen. Da die Kolben dieser Motorbaureihe als anfällig gelten, sollten sie selbst bei geringen Schäden und vor allem komplett ausgetauscht werden. In GMI-Fachbetrieben werden zudem die Laufflächen vermessen, anschließend gehont und der Motor nach der Endmontage getestet.

Preise des Fahrzeugherstellers für die unterschiedlichen Teile:

  • Shortblock (ohne Kopf, ohne Anbauteile): 3.250 €
  • Longblock (mit Kopf, ohne Anbauteile) : 5.770 €
  • Hochdruckpumpe:1.000 / 700 (AT) €
  • Injektor: 390€ / Stk
  • Rail: 220 €
  • Rücklaufschlauch: 140 €
  • Hochdruckleitung Injektor an Rail: 12 € / Stk
  • Kraftstoffiltergehäuse: 60

Macht bei Longblock + Pumpe(AT) + Rail + Schläuche und Leitungen + Gehäuse Kraftstofffilter + Kraftstoffpumpe satte 8873€ nur für das Material - solche Reparaturen können schnell unwirtschaftlich werden.

 

2500€

Kosten alleine die neue Hochdruckpumpe, vier Injektoren und der Tankgeber – ein kostspieliger Schaden.

 

Motorenexperte Stefan Streit erklärt: „Das Loch im Kolben ist die direkte Folge eines defekten Injektors. Das liegt auf der Hand. Wer aber jetzt nur den Injektor tauscht und einen neuen Kolben einzieht, springt viel zu kurz. Wir können den Werkstätten nur raten: Schaut in den Dieselfilter. Sind hier Späne oder Abrieb zu finden, braucht man nicht weiter zu suchen. Vor allem muss man nun den Kunden anrufen und mit ihm das weitere Vorgehen besprechen: Eine korrekte Reparatur wird in jedem Fall teuer. Umso schlimmer, wenn ein oder mehrere Kolben beschädigt sind. Da die Kolben dieser Baureihe ohnehin relativ anfällig sind, sollte man beim Tausch gleich alle vier ersetzen, zumal der Zylinder bereits leicht bauchig eingelaufen sein kann. Das muss man allerdings von Fall zu Fall entscheiden. Möglicherweise kommt man mit einem Austauschmotor günstiger davon.“

Betroffen ist der 2,2-Liter-Motor der Jahre 2006 bis 2012 in den Leistungsvarianten 96kW (130PS) (2006-2007) und 103kW (140 PS) (2007-2014), gerade unter Wohnmobilen zwei gängige Varianten. Die geringer motorisierten Varianten mit 85 kW(115 PS) / 81 kW(110 PS) / 63 kW(85 PS) sind dagegen kaum betroffen. Verbaut wurde das Aggregat sowohl im Ford Transit, im Peugeot Boxer sowie im Citroen Jumper und hört auf die Bezeichnungen TDCi oder HDi für seine PSA-Konzernbrüder.

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