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Foto: Simon Bäumer
Zahnriemen mit Karies – die Ursache war eine nicht korrekt montierte Hochdruckpumpe

Hochdruckpumpe killt Zahnriemen

Ein Motorschaden ist ärgerlich genug – wenn das gleiche Fahrzeug zum dritten Mal innerhalb eines Monats deshalb in die Werkstatt muss, gilt es dringend die Ursache zu finden.

Der Peugeot Boxer ist als Nutzfahrzeug fest etabliert – seit einigen Jahren kommen auch Dieselmotoren aus der Gemeinschaftsentwicklung von Ford und der PSA Gruppe zum Einsatz – so auch in diesem Fall. Gemeinsam mit Motoreninstandsetzung Streit, Mitglied in der Gütegemeinschaft der Motoreninstandsetzungsbetriebe (GMI), haben wir einen Blick auf den Schaden und die eigentliche Ursache geworfen.

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Foto: Simon Bäumer
Der Motor ist eine gemeinsame Entwicklung von Ford und der PSA Gruppe

Der 2.0 HDI Motor im Peugeot Boxer 3 leistet 163 PS, die Nockenwellen werden mittels Zahnriemen angetrieben – dieser wurde dem Motor aus unserem heutigen Fall zum Verhängnis.

Die Vorgeschichte

In einer freien Werkstatt bekam der Transporter eine neue Zylinderkopfdichtung nach deren Ausfall. Hierfür wurde der Zylinderkopf samt Hochdruckpumpe, die bei diesem Motor rückseitig montiert ist, demontiert. Anschließend wurde der Motor wieder montiert und das Fahrzeug mit neuer Zylinderkopfdichtung dem Kunden übergeben. Dieser stieg frohen Mutes in sein Fahrzeug und staunte nicht schlecht, als er eine Woche später erneut mit einem lauten Krachen beim Startvorgang liegen blieb – der Zahnriemen hatte einige Zähne verloren, entsprechend kollidierten Zylinder und Ventile.

Der Wagen wurde wieder in die Werkstatt geschleppt, die die Zylinderkopfdichtung initial tauschte. Dort wurde der Motor zerlegt, defekte Kipphebel und verbogene Ventile getauscht und der Block wieder zu Montage hergerichtet. Die Monteure machten sich zudem auf die Suche nach der Schadensursache – denn der Riemen war ja fachgemäß nach Autodata Anleitung montiert worden. Diese Anleitung liegt der Redaktion vor, hier sind keine Hinweise auf Besonderheiten bei der Montage des Riemens zu finden. Fündig wurden die Mitarbeiter bei der Wasserpumpe – ein handfester Lagerschaden, dabei war die Pumpe im Zuge des Riemenwechsels gerade erst erneuert worden. Folglich wurde diese beim Handel reklamiert und durch eine neue Pumpe ersetzt – der Fehler schien gefunden und behoben zu sein. Glücklich das Problem nun gelöst zu haben, wurde das Fahrzeug dem Eigentümer wieder übergeben, der nach seinem zweiten Werkstattbesuch nun mit gutem Gewissen vom Hof fuhr. Etwa eine Woche später wiederholte sich die Geschichte erneut: Beim Starten des Fahrzeugs am Morgen rissen erneut die Zähne aus dem Riemen, mit den bekannten Folgen. Beim erneuten Anruf in der Werkstatt konnte sich nun niemand mehr das Problem erklären. Man griff daher zum Telefonhörer und rief beim GMI-Instandsetzungsbetrieb Streit an, der Wagen wurde in den wenige Kilometer weit entfernten Fachbetrieb geschleppt.

Der Schaden

Der HDI Motor verfügt über einen stirnseitigen Zahnriemen, der neben dem Ventiltrieb nur noch die Wasserpumpe antreibt und durch eine Umlenk- und eine Spannrolle auf den Ritzeln gehalten wird  - ein sehr einfacher Riementrieb. Die Kraftübertragung der Nockenwellen geschieht mittels einer kurzen Steuerkette, die beide Nockenwellen verbindet, die Hochdruckpumpe ist rückseitig von der durch den Zahnriemen angetriebenen Welle angebracht und wird von dieser angetrieben. Dadurch dass die beiden Nockenwellen durch ihre Steuerkette fest miteinander verbunden sind, forderte der Zahnriemenriss seine Opfer: Viele Kipphebel sind abgebrochen. Die die vor der Demontage noch intakt wirkten, stellen sich auf dem Montagetisch dann als gerissen heraus. Auf den Kolben sind deutliche  Spuren der Aufsetzer zu sehen.

Stefan Streit, Geschäftsführer von Motoreninstandsetzung Streit: „Das Schadensbild ist leider typisch für diese Motoren. Durch die Steuerkette zwischen den Nockenwellen kann der Riemen auch nicht bei Blockade springen – die Kipphebel sind in der Regel alle stark beschädigt.“ Weiter führt der Instandsetzungsexperte aus: „Glücklicherweise sind beide Schäden schon beim Anlassen aufgetreten, und nicht bei voller Fahrt, so halten sich die wirkenden Kräfte noch in Grenzen. Die Nockenwellen haben keine Schäden davon getragen, die Kolben haben zwar sichtbare Aufsetzer erlitten, jedoch keine tiefen Eindrücke. Wir kontrollieren die Teile auf Maßhaltigkeit, sofern diese gegeben ist, können die gebrauchten Teile im Sinne des Kunden weiterverwendet werden – es müssen nicht immer Neuteile sein.“

Falsche Montage trotz Anleitung

Dass der Zahnriemen zwei Mal in Folge gerissen ist, obwohl er ordnungsgemäß nach Anleitung montiert wurde, kann der Fachmann erklären: „Wir kennen das Problem und bekommen dies von Werkstätten, mit denen wir zusammenarbeiten zu hören. Schuld ist hier die Anleitung zum Zahnriemenwechsel, die keinerlei Hinweis auf die Hochdruckpumpe gibt.“ Weiter führt Streit aus: „Im Gegensatz zu den üblichen Hochdruckpumpen auf dem Markt, muss man bei diesem Modell eine besondere Einbauposition beachten, wie bei einer klassischen Einspritzpumpe von früher – dies ist jedoch nicht in der Anleitung für den Zahnriemenwechsel vermerkt, sondern nur in der (De-)Montageanleitung der Hochdruckpumpe – aber die beachten die wenigsten Werkstätten, weil die (De-)Montage an sich nichts Besonderes ist.

Faktenlage

Der Motor besitzt an seinem Nockenwellenrad zwei Bohrungen, die für die Fixierung der jeweiligen Arbeiten genutzt werden muss. Die größere, 8 mm Bohrung dient zur Fixierung der Nockenwelle für Arbeiten am Zahnriemen. Die kleinere 6mm Bohrung, die etwa 75 Grad später liegt, dient der Fixierung der Nockenwelle zum Ein- und Ausbau der Einspritzpumpe. Die Hochdruckpumpe hat ihrerseits eine Markierung auf dem Ritzel sowie dem Gehäuse, die für den korrekten Einbau fluchten müssen. Streit: „Die Schwierigkeit für die Betriebe ist es, diese Markierung zu finden. Wenn man eine gebrauchte Pumpe abbaut, dort entsprechend gebrauchtes, schwarzes Öl am Zahnrad hängt – und der Betrieb nicht von dieser Markierung weiß – dann findet man sie auch entsprechend nicht wieder. Die Werkstätten sind die Besonderheiten dieser Pumpe schlichtweg nicht gewohnt, sondern denken, es handele sich hier um eine Hochdruckpumpe, wie man sie kennt – in diesem Fall leider ein teurer Trugschluss.“

Entsprechend haben wir beim Hersteller der Hochdruckpumpe Delphi Technologies nachgefragt, was es mit der Ein-Kolben-Hochdruckpumpe auf sich hat, und warum diese auf eine spezielle Einbaulage angewiesen ist:

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Foto: Delphi Technologies
Moderne Ein-Kolben-Hochdruckpumpen kommen mit weniger Bauteilen aus, sind leichter, kompakter und günstiger in der Herstellung

Antwort des Herstellers:

„Moderne Ein-Kolben-Pumpen von Delphi Technologies sind leichter und nehmen weniger Platz im Motorraum in Anspruch als frühere Drei-Kolben-Pumpen. Trotzdem liefern sie eine Leistung, mit der man Motoren mit geringen Fördermengen ebenso versorgen kann wie solche mit bis zu 2.000 ccm – und das bei Einspritzdrücken von bis zu 2.200 bar.“

„Der Zahnriemen muss unbedingt mit Hilfe der Markierungen richtig positioniert werden. Vereinfacht gesagt ist es so, dass die Pumpe für hohe Einspritzdrücke wesentlich mehr Kraft einsetzen muss – und das noch nicht einmal über den gesamten Drehzyklus, sondern über einen Teil des Zyklus. Die größten Kräfte treten beim Anlassen auf. Der Aufbau des Zahnriemens trägt dem Rechnung und verteilt die Last optimal – jedoch nur, wenn die Markierung beim Einbau beachtet wird. Aufgrund der höheren Last ist es übrigens empfehlenswert, bei jedem Pumpenwechsel auch den Zahnriemen zu wechseln.“

Die Anlaufkraft ist beim Antrieb über einen Riemen bauartbedingt höher als bei einer Drei-Kolben-Pumpe, die direkt über die Nockenwelle angetrieben wird – um wie viel höher, ist uns leider nicht bekannt. Reißt nach einem Pumpenwechsel ein Riemen, liegt dies an einem Schaden oder einer falschen Positionierung des Riemens.

Der größte Unterschied zwischen Drei-Kolben-Pumpen und Ein-Kolben-Pumpen liegt in der Drehzahl, mit der die Pumpe arbeitet. Delphi Technologies erklärte dies auf unsere Nachfrage wie folgt:

Normale Drei-Kolben-Pumpen sind auf der Nockenwelle installiert. Auf zwei Umdrehungen der Nockenwelle kommt eine Umdrehung der Pumpe. Da die Ein-Kolben-Pumpen über den Riemen angetrieben werden, laufen viele von ihnen mit identischer Drehzahl wie der Motor. Unsere Ein-Kolben-Pumpen dagegen laufen mit Motordrehzahl und haben durch den Doppelnocken zwei Hübe je Umdrehung. Die höheren Drehzahlen bedeuten eine gewisse Mehrbelastung, aber bislang – nach zehn Jahren im praktischen Einsatz – gibt es keine Anzeichen für erhöhten Verschleiß.

Fazit

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Foto: Simon Bäumer
Der Motor ist eine Gemeinschaftsentwicklung von Ford, Peugoet und Citroen und wird in etlichen Fahrzeugen verwendet

Bei Arbeiten an Motoren mit Ein-Kolben-Hochdruckpumpen sollten Werkstätten die Werkstattliteratur genau studieren und auf solche Gegebenheiten achten, oder sich vor dem Beginn der Arbeiten mit einem Motorenexperten austauschen, um derartige Motorschäden zu verhindern. Glück im Unglück hatte der Kunde, dass die Schäden während des Startvorgangs aufgetreten sind, wo die höchsten Kräfte auf die Pumpe wirken – die mechanischen Schäden hielten sich mit den gebrochenen Kipphebels und verbogenen Ventilen noch in Grenzen.

Gütegemeinschaft der Motoreninstandsetzungsbetriebe e.V. (GMI) | Home

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Im konkreten Fall waren wir bei der Firma Motoreninstandsetzung Streit GmbH & Co. KG  in Lennestadt, Nordrhein-Westfalen, zu Besuch. Sie erreichen das Unternehmen unter 02725/247 oder per Mail an: info@streit-motoren.de.

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