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Foto: Daimler AG
Der Mercedes-Benz eActros LongHaul bietet eine  Reichweite von etwa 500 Kilometer mit einer Batterieaufladung.

Lkw + Bus

Güterfernverkehr unter Strom

Zeit ist Geld – das gilt insbesondere im Schwerlastfernverkehr. Batterieelektrische Antriebe mit langen Ladezeiten galten daher dafür als ungeeignet. Neue Konzepte mit mehr als 1000 Volt und bis zu 4,5 Megawatt Ladeleistung versprechen  schnelles Nachladen der Batterie und ermöglichen eine neue Generation von lokal emissionsfreien und effizienten E-Lkw.

Während sich bei Pkw der batterieelektrische Antrieb immer mehr durchsetzt und als Quasi-Standard von morgen etabliert, ist die Frage nach dem künftigen Konzept bei Nutzfahrzeugen nach wie vor offen. Der Elektroantrieb mit Brennstoffzelle und der mit Batterie liefern sich dabei ein enges Kopf-an-Kopf-Rennen. Zwar sprechen für die Brennstoffzelle ihre hohe Energiespeicherdichte und kurze Tankzeiten, durch ständige technische Weiterentwicklungen scheint die Batterie allerdings mit großer Geschwindigkeit aufzuholen. „Um die Kohlendioxid-Emissionen auf dem Mobilitätssektor weiter zu reduzieren, werden künftig auch schwere Nutzfahrzeuge mit elektrischen Antrieben ausgestattet. Die Industrie hat entsprechende batterieelektrische Modelle in der Entwicklung“, so Egbert Fritzsche vom Verband der Automobilindustrie (VDA).

E-Lkw sind günstiger und umweltfreundlicher

Aus Sicht des Nutzfahrzeugherstellers Traton – zu dem unter anderem MAN und Scania gehören – werden batterieelektrische im Vergleich zu Wasserstoff-Lkw gerade auf der Langstrecke künftig in den allermeisten Fällen die günstigere und umweltfreundlichere Lösung sein. „Denn der Wasserstoff-Lkw hat gegenüber dem ausschließlich batterieelektrischen E-Lkw einen gravierenden Nachteil: Nur ein Viertel der Ausgangsenergie fließt am Ende in den Antrieb, drei Viertel gehen von der Energiequelle bis zur Straße verloren – beim E-Lkw ist das Verhältnis umgekehrt“, so Traton-CEO Matthias Gründler. Die oft geäußerte Meinung, Wasserstoff-Lkw seien etwas für die Langstrecke und E-Lkw nur für die Kurzstrecke, ist für Gründler nicht zutreffend. Entscheidend für die Wirtschaftlichkeit eines E-Lkw und die Amortisierung seiner Batterien wäre vielmehr eine regelmäßige, intensive Nutzung, die gerade im Fernlastschwerverkehr gegeben sei.

Auch Daimler Trucks arbeitet an rein batterieelektrischen Fernverkehrs-Lkw – neben der Entwicklung von Lösungen mit Brennstoffzelle. Kürzlich hat der Stuttgarter Hersteller die Pläne zur Markteinführung vorgestellt. Der batterieelektrische Mercedes-Benz eActros LongHaul geht demnach Mitte des Jahrzehnts und damit noch vor seinem Pendant mit Brennstoffzelle in Serie. Solange noch nicht ausreichend viele öffentliche Ladesäulen zur Verfügung stehen, sollen die E-Lkw regelmäßige Fahrten auf planbaren Routen abdecken. Der im Vergleich zum Actros mit Brennstoffzelle geringeren Reichweite steht dabei nach Angaben von Daimler Trucks eine hohe Energieeffizienz gegenüber, sodass Transportunternehmen aufgrund niedriger Energiekosten signifikante Vorteile hätten. Die nötige Ladeinfrastruktur könne in einem ersten Schritt von den Transportunternehmen selbst schnell und vergleichsweise kostengünstig auf ihren Betriebshöfen aufgebaut werden.

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In der Betriebspraxis von Transporteuren erfordert ein großer Teil der Fernverkehrsanwendungen allein aufgrund der Strecke ohnehin keine größere Reichweite als die etwa 500 Kilometer, die der eActros LongHaul mit einer Aufladung ermöglichen soll. Zusätzlich beschränken gesetzliche Lenkzeitvorgaben teilweise die Notwendigkeit größerer Reichweiten; in der EU beispielsweise müssen Lkw-Fahrer nach spätestens 4,5 Stunden Lenkzeit mindestens 45 Minuten Pause einlegen. In dieser Zeit kann ein großer Teil der Energie für die Weiterfahrt nachgeladen werden, so die Erwartung von Daimler Trucks.

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Foto: Daimler AG
Aktuell noch Standard beim Laden von E-Lkw: das CCS-Ladesystem.

Megawattladen spart Zeit

In Zukunft wird dann das Laden an öffentlich zugänglichen Stationen entlang zentraler Verkehrsachsen eine immer wichtigere Rolle spielen. „Traton setzt klar auf den Elektro-Lkw. Der Umstieg wird nicht von heute auf morgen erfolgen. Aber Schritt für Schritt. Nachhaltig und im Einklang mit dem nötigen Netzausbau. Denn ohne Ladeinfrastruktur wird es nicht funktionieren“, sagt Gründler. Ein wichtiger Baustein ist dabei das sogenannte Megawattladen: Durch hohe Spannungen von über 1000 Volt im Antriebsystem sollen Ladeleistungen von weit mehr als einem Megawatt generiert werden. Schon vor einiger Zeit gab beispielsweise der US-amerikanische Elektroauto-Pionier Tesla bekannt, seinen künftigen Elektro-Sattelzug auf diese Weise innerhalb von 30 Minuten für eine 600-Kilometer-Distanz laden können. Dabei setzt Tesla wie bei den Pkw auf eine Insellösung. Andere Unternehmen bevorzugen einen internationalen Standard, der die Kompatibilität im weltweiten Güterverkehr gewährleisten soll. Beispielsweise haben der VDA und der Verband der Elektrotechnik, Elektronik und Informationstechnik (VDE) im Jahr 2020 eine strategische Kooperation vereinbart, um der Normung und Standardisierung des Megawattladens mehr Gewicht zu geben. Technische Eckpunkte des gemeinsam verfolgten Konzepts sind Ladeleistungen von mindestens einem Megawatt und Ladespannungen bis zu 1200 Volt.

„Soweit technisch möglich, wollen wir die Maximalanforderungen erfüllen, um sektorenübergreifende Stecker zu realisieren, beispielsweise für den maritimen Bereich, den elektrischen Luftverkehr oder Baumaschinen“, erläutert Dr. Ralf Petri, Leiter Mobilität und Logistik im VDE. Allerdings bedarf es für den Durchbruch noch weiterer technischer Lösungen. „Die derzeit im Pkw-Bereich über das Combined Charging System (CCS) erreichbaren Ladeleistungen erfüllen nicht in allen Anwendungsfällen die Anforderungen von Nutzfahrzeugen“, so Petri. Die Lösung des Problems könnte das sogenannte Megawatt Charging System (MCS) bringen, ein international standardisierter Ladestecker für Ladeleistungen bis zu 4,5 Megawatt (3000 Ampere bei 1500 Volt). Im September 2020 hat die sogenannte Charging Interface Initiative (CharIN), ein Zusammenschluss von mehr als 200 Unternehmen, Institutionen und Verbänden, erste Entwürfe des MCS-Steckersystems getestet.

Wann das MCS allerdings alle technischen und regulatorischen Hürden weltweit genommen hat, lässt sich derzeit noch nicht absehen. Als Zwischenschritt verfolgt ein branchenübergreifendes Konsortium aus 16 Partnern aus Industrie und Forschung den Ausbau einer Demonstrationsstrecke für batterieelektrische Lkw im Fernverkehr. Ziel des Projekts „Hochleistungsladen im Lkw-Fernverkehr (HoLa)“ sind Planung, Errichtung und Betrieb einer Hochleistungs-Ladeinfrastruktur an einer Autobahnstrecke zwischen Berlin und dem Ruhrgebiet. Konkret sollen an vier Standorten entlang der Autobahn A2 je zwei Hochleistungsladepunkte aufgebaut, betrieben und im realen Logistikbetrieb angewandt werden. In einer ersten Phase kommen dabei noch CCS-Ladesäulen für Lkw zum Einsatz, bevor in der zweiten Phase die Installation und Inbetriebnahme des leistungsfähigeren MCS-Systems erfolgen soll. Das Konsortium wird vom Fraunhofer-Institut für System- und Innovationsforschung ISI geführt. Partner von Seiten der Nutzfahrzeughersteller sind MAN und Scania, Volvo sowie Daimler Trucks. In der Planung wird von einer Projektlaufzeit von dreieinhalb Jahren ausgegangen, mit der Aufnahme des Realbetriebs im Herbst 2023. Damit können rechtzeitig die Weichen für die Erfüllung der anspruchsvollen CO2-Anforderungen im Jahr 2025 gestellt werden, so der VDA.

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