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Foto: Daimler
Die Mercedes A-Klasse versagte damals im sogenannten Elchtest.

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Fünf deutsche Autoskandale

Der aktuelle VW-Skandal um die Schummel-Software in Dieselmotoren ist nur ein jüngster Höhepunkt in einer langen Reihe von Affären, die die deutsche Autoindustrie immer wieder erschüttert haben.

Deutschland Autoland. Vor allem aus wirtschaftlicher Sicht mag man die enorme Bedeutung dieses Industriezweigs hierzulande als großen Segen betrachten. Doch wo viel Geld und Machtinteressen im Spiel sind, sorgt die Gier eben oft auch für dramatische Verwerfungen. Die Geschichte der deutschen Autoindustrie und ihr Umfeld hat dafür einige besonders prominente wie erschütternde Beispiele hervorgebracht.

Als gewaltigste Verwerfung gilt die Pleite des jüngst mit chinesischem Geld wiederbelebten Herstellers Borgward aus Bremen. Anfang der 1960er-Jahre brachte sich Borgward aufgrund von Liquiditätsproblemen in die Abhängigkeit des Bremer Senats. Ein von der Bremer Politik und dem Insolvenzverwalter schlecht umgesetzter Sanierungsplan endete im Kollaps des Konzerns und in der Vernichtung von 20.000 Arbeitsplätzen. Am Ende der Insolvenz wurden allerdings alle Gläubiger ausbezahlt, was Spekulationen über die „wahren Hintergründe“ der Pleite befeuerten. Vor allem unter Borgwardianern kursierten fortan Dolchstoßlegenden, denen zufolge süddeutsche Autohersteller die Pleite des Bremer Unternehmens absichtlich herbeigeführt haben sollen.

Die Pleite Borgwards war für Konkurrent Mercedes ein großer Glücksfall, konnten die Stuttgarter doch mit der Übernahme großer Teile der Werkshallen in Bremen kräftig wachsen. Weniger Glück hatte der süddeutsche Autokonzern über 30 Jahre später hingegen mit seinen Wachstumsambitionen im Kleinwagen-Segment. Der für eine Batterie der allerdings verworfenen Elektroversion entwickelte Sandwichboden brachte die 1997 mit konventionellen Motoren ausgestattete A-Klasse spektakulär zu Fall. Ohne die schweren Akkus war die kurios hochbauende Serienversion der A-Klasse nämlich alles andere als kippsicher, was sich bei dem in Schweden obligatorischen Elchtest offenbarte. Der kleine Sternträger landete nicht nur auf dem Außenspiegel sondern auch riesengroß in den Schlagzeilen. Letztlich ging die Sache für Mercedes glücklich aus, denn der kurzerhand fertig entwickelte Schleuderschutz ESP brachte die A-Klasse wieder auf Kurs und hat durch seine massenhafte Verbreitung seither schon vielen tausend Autofahrern das Leben gerettet. Auch die A-Klasse hat sich als feste Größe im Mercedes-Portfolio etabliert.

Kein technisches, dafür menschliches Versagen hat Mitte der Nullerjahre für viel Aufhebens bei Volkswagen gesorgt. Die sogenannte Korruptionsaffäre brachte das System VW erstmals in Misskredit. Kern des Vorwurfs: Die Firmenleitung hat mit Bestechungsgeldern, Luxussausen und Prostituierten Entscheidungen des Betriebsrates korrumpiert. Eine lückenlose Aufklärung der Verstrickungen von Wirtschaft und Politik ist allerdings ausgeblieben. Bisher wurden mit Peter Hartz (der mit den Hartz-Gesetzen) und Klaus-Joachim Gebauer lediglich zwei Personen rechtskräftig wegen Untreue verurteilt.

Einer juristischen Aufarbeitung harrt noch der nicht minder erschütternde Skandal um die Vergabe des Publikums-Autopreises Gelber Engel beim ADAC. Ausgerechnet der dem Verbraucher angeblich so nahestehende Verein hat die Öffentlichkeit getäuscht und Autos als die Beliebtesten der Deutschen gekürt, die von Chefredakteur der ADAC-Motorwelt, Michael Ramstetter, dafür bestimmt wurden. Der Verdacht: Ramstetters Entscheidungsfindung könnte durch finanzielle Zuwendungen beeinflusst worden sein. Das Ansehen des ADAC mag gelitten haben, doch nach offizieller Lesart ist dieser Skandal allein den Verfehlungen einer Einzelperson zuzuschreiben und kein Beleg für strukturelle Verfilzung beim größten deutschen Automobilclub.

Ähnlich will auch VW den Super-Skandal um die Schummel-Software bei Dieselfahrzeugen kleinreden. Glaubt man den offiziellen Verlautbarungen des Konzerns, sollen nur einige eingeweihte Ingenieure von der bei einigen Dieselaggregaten eingesetzten prüfstandoptimierten Motorsteuerungsprogrammierung gewusst haben. Ob und wie viel Licht dieses Mal hinter die dunklen Machenschaften kommt, bleibt abzuwarten. Einige Vorstandsmitglieder, unter anderem der einstige Konzernlenker Martin Winterkorn, durften jedenfalls den Hut nehmen. Viel dramatischer werden jedoch die finanziellen und wirtschaftlichen Konsequenzen für den Auto-Giganten sein. Allein in den USA wird VW viele Milliarden Euro an Strafe zahlen müssen. (SP-X)

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