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Mittels gekapselter Räder und Bremsen lässt sich der Bremsstaub messen – wie hier an einem Fahrzeugprototypen des DLR.
Foto: DLR
Mittels gekapselter Räder und Bremsen lässt sich der Bremsstaub messen – wie hier an einem Fahrzeugprototypen des DLR.

Bremsanlage

Euro-7-Norm: Bremsstaub im Visier

Die vermutlich letzte Revision der Euro-Norm nimmt nun auch den Bremsabrieb ins Visier. Welche Auswirkungen dies für den Aftermarket haben wird, klären wir im Gespräch mit den Experten von TMD Friction.

Die Euronorm zur Reduktion von Emissionen von Kraftfahrzeugen war stets dem Zeitgeist unterworfen. Zunächst stand die Verringerung von unverbrannten Kohlenwasserstoffen im Vordergrund (Kaltlaufregler), anschließend sollte CO2 reduziert werden, in den letzten Versionen standen hauptsächlich der Dieselmotor und dessen spezielle Abgasproblematik (Stickoxide, Feinstaub, Trübung) im Fokus. Nun der Bremsstaub.

Wenig bekannt ist, dass rund 80 Prozent des Feinstaubausstoßes eines modernen Pkw nicht über den Verbrennungsmotor erfolgen, sondern über den Abrieb von Rädern und Bremsen. Legt man 2,5 Sätze Bremsscheiben sowie die nötigen Bremsbeläge zu Grunde, so bleiben im Laufe eines Fahrzeuglebens schnell 10 Kilogramm Material im wahrsten Sinne des Wortes „auf der Strecke“. Verständlich, dass nun die schon enorm hohen Grenzwerte nur noch ein wenig verschärft wurden – sie befinden sich mittlerweile an der Grenze zu dem, was technisch machbar und gerade noch bezahlbar ist.

Als Grenzwert stehen derzeit sieben Milligramm Material pro einhundert Kilometer Fahrstrecke zur Diskussion – eine finale Entscheidung ist in Brüssel noch nicht gefallen.

Wie funktioniert die Messung des Bremsabriebs?

Dass eine Überprüfung solcher Werte im Rahmen der Hauptuntersuchung nicht realistisch ist, liegt auf der Hand. Vielmehr wird der Grenzwert bei der Homologation eines neuen Fahrzeugs geltend gemacht werden. Hierfür wird das Fahrzeug während der Real Driving Emissions-Testfahrt (RDE) auf dem Prüfstand überwacht: Vier überdimensionale Sauger kapseln jeweils einen Reifen samt Bremsanlage ein. Während der Prüffahrt wird so der anfallende Bremsstaub direkt abgesaugt und anschließend gemessen.

Konflikte bei der Reduzierung

Für die Fahrzeughersteller ergeben sich durch die verschärften Grenzwerte neue Zielkonflikte. So erzeugen härtere Materialien – egal ob Bremsbelag oder Reifen – zwar weniger Stäube, weisen jedoch meist eine reduzierte Performance und/oder ein höheres Geräuschlevel auf. In diesem Konflikt muss nun abgewogen werden, welche Eigenschaften die höchste Priorität haben. Mit der Weiterentwicklung von Komponenten lassen sich zwar manche Prozente heben, in der Regel werden aber auch die betroffenen Teile teurer.

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Der Bremsstaubfilter für Pkw (links) oder Nfz (Mitte) fängt einen Großteil des Staubes. Komplett gekapselte Systeme (rechts) binden (fast) alles.
Foto: Mann + Hummel
Der Bremsstaubfilter für Pkw (links) oder Nfz (Mitte) fängt einen Großteil des Staubes. Komplett gekapselte Systeme (rechts) binden (fast) alles.

Neben geänderten Reibbelagmischungen gäbe es noch eine weiter Möglichkeit, die Emissionen der Bremse zu reduzieren: Und zwar mit Filtertechnik, die anfallenden Staub direkt bindet. Filtrationsspezialist Mann+Hummel zeigte bereits auf der IAA 2019 einen Bremsstaubfilter, der auf den ersten Blick wie ein übergroßer Bremssattel anmutet. Ein innenliegendes Filterflies, welches passend zur Rotationsrichtung der Räder gefaltet wird, fängt den Abrieb von Scheiben und Belägen auf. Derartige Lösungen bieten den Vorteil, die bekannten Mischungen und Materialien an der Bremse nicht verändern zu müssen. Allerdings brauchen derartige Filtrationslösungen viel Bauraum, die größere Räder und Spurweiten nötig machen – die Kosten für das Filtersystem und den Filter selbst verteuern das System „Bremse“ zudem. Wahrscheinlicher ist es daher, dass die Hersteller zunächst die Karte der Mischungsänderung ziehen. So lange sich mit wenig finanziellem Aufwand hier noch Potenziale heben lassen, ohne zusätzliche Bauteile nötig zu machen, werden die Hersteller auf derartige Lösungen setzen und die konventionellen Systeme weiterbauen.

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Die Bremse ist ein „schmutziges“ Geschäft. Künftige Mischungen sollen den Abrieb deutlich reduzieren. 
Foto: Adobe Stock / Oscar
Die Bremse ist ein „schmutziges“ Geschäft. Künftige Mischungen sollen den Abrieb deutlich reduzieren. 

Worin besteht aktuell die größte Herausforderung bei der Entwicklung neuer Bremsbeläge im Hinblick auf die Bremsstaubreduzierung?

Philipp Nyhof (Development Engineer bei TMD Friction): „Eine große Herausforderung dabei ist, dass wir bereits heute starten, ohne dass die Grenzwerte final festgelegt worden sind. Um keine Zeit zu verlieren, arbeiten wir bereits in die Richtung, die mit hoher Wahrscheinlichkeit zu erwarten ist. Im ersten Schritt untersuchen wir, durch welche Rohstoffkombinationen in Verbindung mit speziell beschichteten Bremsscheiben die Emission von Bremsstaub reduziert werden kann.

Wie sieht der Zeitplan für die Regulierung aus?

Philipp Nyhof: Die Euro-7-Norm soll frühestens 2025 für alle neuzugelassenen Pkw gelten. In der Arbeitsgruppe Particle Measurement Programme ist im Juni 2022 ein erster Entwurf für eine sogenannte globale technische Regulierung (GTR) vorgestellt worden. Darin werden die Messmethodik, der Testzyklus und der Prüfstandaufbau exakt definiert, um Bremspartikel einheitlich, zuverlässig und reproduzierbar messen zu können. Die offizielle GTR soll idealerweise Anfang 2023 veröffentlicht werden. Dann hätte die Industrie etwa zwei Jahre Vorlauf, bevor die Euro-7-Norm in Kraft tritt.

Wenn wir an den freien Ersatzteilmarkt denken, welche Auswirkungen wird die Euro-7-Norm hier auf Bremsbeläge zum Austauschen und Nachrüsten haben?

Vincenzo Di Caro: Zunächst einmal keine direkten, denn die Euro-7-Vorschrift gilt ja voraussichtlich ab 2025 für alle neu zugelassenen Pkw. Bis diese Fahrzeuge dann in die freien Werkstätten kommen, vergehen ja mindestens ein bis zwei Jahre. Trotzdem muss natürlich sichergestellt werden, dass die Bremsbeläge auf dem Ersatzteilmarkt auch die aktuellen Emissionsgrenzwerte erfüllen. Ich halte es für sehr wahrscheinlich, dass hierbei die Richtlinie ECE-R-90 entsprechend erweitert wird. Diese würde dann nicht nur – wie bisher – fordern, dass Aftermarket-Bremsbeläge bzw. -Bremsscheiben in Leistung und Bremsverhalten den Originalprodukten entsprechen müssen, sondern dass zusätzlich auch die Bremsstaubgrenzwerte eingehalten werden. Für uns würde das dann bedeuten, dass wir ein Reibmaterialkonzept finden müssen, das sowohl die bereits bestehenden R90-Anforderungen erfüllt und darüber hinaus noch die Grenzwerte in Bezug auf Bremsstaubemissionen einhält.

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