Schon zum Ende des 19. Jahrhunderts und sogar noch vor dem ‚Motor-Velociped‘ von Carl Benz aus dem Jahre 1886, das als ‚Urknall‘ der Mobilität gilt, zeigte Gustave Trouvé auf der Pariser Elektrizitätsausstellung im November 1881 ein elektrisch angetriebenes Coventry-Dreirad. 1882 gelang William Ayrton und John Perry mit einem von einer Planté-Batterie angetriebenen Dreirad eine technische Pionierleistung, zumal das Fahrzeug schon über eine elektrische Beleuchtung verfügte. Um die damalige Jahrhundertwende konkurrierten mit der Elektrizität, den ersten Verbrennungsmotoren und sogar dem längst bekannten Dampfantrieb verschiedene Antriebskonzepte um die Motorisierung der Mobilität. Allen gemeinsam war übrigens, dass sie als Basisfahrzeug ein Dreirad favorisierten, das sich vom zweirädrigen Fahrrad herleitete und nicht etwa von der vierrädrigen Kutsche.
Dabei wiesen die ersten Elektrofahrzeuge schon die Vorteile auf, die auch heute für diese Motorisierung sprechen: Sie waren sauberer und zuverlässiger, leichter und ungefährlicher in Gang zu setzen – ohne kurbeln! – und bedurften nur geringer Wartungs- oder Einstellungsarbeiten, sie fuhren leise und benötigten kein kompliziertes und schwer zu schaltendes Getriebe. Dazu hatten sie ein überaus positives Image, das von der laufenden Elektrizitätsrevolution aller Lebensbereiche zehrte. Die Elektrizitätsindustrie war entsprechend bereits weit entwickelt und gut vernetzt – anders als die gerade erst entstehenden, kleineren Betriebe, die auf Verbrennungsmotoren setzten. Der Elektromobilität schien eine strahlende Zukunft beschert: „Nur noch eine kurze Spanne Zeit wird es bedürfen, bis der intelligente Mechaniker wieder vom Bock seiner Benzinkutsche heruntersteigt und dem einfachen Kutscher platz macht, der ganz unbekümmert um den Wagenmechanismus sein Elektromobil durch das Straßengedränge steuert“, mutmaßte noch 1904 Hans Dominik, Autor technisch-fantastischer Romane. Es sollte dann doch noch etwas länger dauern.
In den folgenden Jahrzehnten setzten sich die Verbrennungsmotoren als Antriebstechnologie durch. Über die Gründe ist sich die historische Forschung uneins: Lag es daran, dass die komplexeren Benzinmotoren in einer patriarchalen Gesellschaft ‚den ganzen Mann‘ forderten, dass sie größere Reichweiten erlaubten und damit prädestiniert waren für virile Abenteuer unter mannigfaltigen Gefahren, während das Elektromobil als modernes und einfaches, aber eben auch eher ortsständiges Stadtauto für die feinen Damen beworben wurde? Oder scheiterte das Elektroauto schon damals an seinen Nachteilen, den Ladezeiten der Akkus oder ihrer seinerzeit noch geringen Haltbarkeit? Ausgetragen wurde die Konkurrenz der Systeme auf der Rennstrecke: Über mehrere Jahre lieferten sich Dampf-, Benzin- und Elektromobile verbissene Duelle um den Geschwindigkeitsrekord. Die 100 km/h-Marke knackte 1899 ein Elektromobil…
Doch auch wenn sich der Elektroantrieb damals nicht durchsetzte, verschwand er nie ganz aus der Welt. Wie es mit ihm weiterging, welche Blüten die Entwicklungen zu verschiedenen Zeiten und in verschiedenen Regionen trieb, das erzählt anschaulich und sehr lesenswert der Band „Zeiten der Elektromobilität – Beiträge zur Geschichte des elektrischen Automobils“ (ISBN 978-3-8007-4430-5) aus dem VDE-Verlag. Die darin versammelten Essays basieren überwiegend auf Fachvorträgen, werden aber nie zu technisch, so dass sich dieser handliche Band aus Sicht der Redaktion hervorragend als spannende und mitunter sehr erhellende Lektüre an kalten Winterabenden anbietet.