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Foto: FSP-Fahrzeug-Sicherheitsprüfung GmbH & Co KG
FSP-Geschäftsführer Andreas Berents (li.) und der designierte Technische Leiter Ralf Hilgers erklären im amz-Interview die neue Unternehmensstruktur und Trends der Fahrzeugprüfung.

Abgasuntersuchung

"Doppelbelastung aus Eichen und Kalibrieren"

Im amz-Interview sprachen Andreas Berents und Ralf Hilgers über das Prüfgeschäft und die neue FSP. Zudem waren Herausforderungen und Schwierigkeiten bei der Fahrzeugüberwachung Thema.

Die FSP-Unternehmensgruppe ist als deutschlandweit tätige Kfz-Überwachungsorganisation und Teil der TÜV Rheinland-Gruppe seit 30 Jahren im Prüfgeschäft tätig. In den vergangenen Monaten hat sich das Unternehmen den Angaben zufolge neu aufgestellt und sich ambitionierte Ziele gesteckt. Andreas Berents entwickelt FSP seit 2019 als Geschäftsführer weiter. Darüber hinaus leitet der ehemalige Chef von Euromaster Deutschland und Österreich die TÜV Rheinland Schaden- und Wertgutachten GmbH sowie Global Expert Franchise TÜV Rheinland International. Gemeinsam mit Ralf Hilgers als designierten Technischen Leiter der FSP Fahrzeug-Sicherheitsprüfung GmbH & Co KG beantwortet Andreas Berents im amz-Interview Fragen zu den aktuellen Herausforderungen der Fahrzeugüberwachung.

Wie lief das Geschäft im Pandemiejahr für die FSP?

Andreas Berents: In der FSP Fahrzeug-Sicherheitsprüfung GmbH & Co KG, die eine deutschlandweite Anerkennung als Überwachungsorganisation hat, konnte der Umsatz im amtlichen Geschäft gegenüber Vorjahr sogar gesteigert werden. Nach einem spürbaren Rückgang während der ersten Lockdownphase im Frühjahr 2020 haben unsere FSP-Prüfingenieure unter Berücksichtigung der Abstands- und Hygieneregeln eine phänomenale Leistung erbracht und diesen Rückstand mehr als aufgeholt. Wir sind sehr dankbar für den Einsatz unserer Partner bei allen Groß- und Endkunden. Aber auch in der Zentrale ist im letzten Jahr viel geschehen. Wir haben ein neues Managementteam etabliert und die Struktur der Führungskräfte und Teams im Rahmen von Nachfolgeregelungen deutlich verjüngt. Darüber hinaus haben wir intensiv an vielen Projekten unseres Transformationskonzepts gearbeitet, um die FSP-Unternehmensgruppe gut für eine erfolgreiche Zukunft aufzustellen. Dies alles geschah neben dem im letzten Jahr besonders anspruchsvollen Tagesgeschäft. Die Corona-Pandemie hat uns 2020 beschäftigt, aber sie hat uns nicht gebremst.

Lassen sich die zusätzlichen Aufwendungen hinsichtlich Infektionsschutz und Abstandsregelungen beziffern?

Andreas Berents: Auf den Euro genau beziffern lässt sich das in der FSP nicht. Unserer Meinung nach spielen die finanziellen Aufwendungen für die Hygiene- und Infektionsschutzmaßnahmen im Vergleich zum rücksichtsvollen Verhalten der beteiligten Personen auch eine eher untergeordnete Rolle. Und zu den beteiligten Personen zählen wir nicht nur unsere FSP-Partner und Mitarbeiter, sondern auch die Autohaus- und Werkstattbetreiber. Schließlich generieren wir den größten Teil der Umsätze an diesen Prüfstützpunkten. Hier wurde äußerst professionell miteinander – auch mit den Endkunden – umgegangen, so dass unsere Aufgabe als amtlich anerkannte Überwachungsorganisation sicher wahrgenommen werden konnte.

Über wie viele Mitarbeiter und eigene Prüfstellen verfügt die FSP? Mit wie vielen Partner arbeiten Sie zusammen?

Andreas Berents: Die FSP ist ein Franchisesystem. Wir haben ungefähr 90 Mitarbeiter in der Zentrale und 650 Franchisepartner. Wie gesagt, den Großteil unserer Umsätze machen wir in Autohäusern, Werkstätten oder bei Flottenbetreibern. Wir haben aber auch über 90 FSP-Prüfstellen in Deutschland und freuen uns über einen spürbaren Wachstumstrend. Ein Entwicklungsmodell, das wir in der Partnerbetreuung befürworten und forcieren.

Seit neustem ist FSP zertifiziertes Vollmitglied des Deutschen Franchiseverbands – inwieweit vergibt Ihre Organisation Franchises?

Andreas Berents: Nach unserem Verständnis erfüllt unser FSP-Partnermodell, also der gemeinsame Auftritt selbstständiger Partner unter einer starken Marke mit klar definierten Leistungen und Qualitätsansprüchen, die Merkmale des Franchisings. Das sehen wir übrigens nicht nur mit Blick auf unser Partnermodell so, sondern auch bei allen anderen Prüforganisationen, die mit selbstständigen Kfz-Prüfingenieuren oder Kfz-Sachverständigen arbeiten. Mit der Mitgliedschaft im Deutschen Franchiseverband e.V. und dem damit verbundenen regelmäßigen Systemcheck unterwerfen wir uns als erste Organisation ihrer Art einer zusätzlichen Qualitätsprüfung. Wir versprechen uns von der Mitgliedschaft wertvolle Impulse für die erfolgreiche Weiterentwicklung der FSP und den weiteren Ausbau unseres Netzwerks. 

2021 jährt sich der Beginn der Prüftätigkeit für die FSP zum 30. Mal – die Gründung erfolgte freilich im September 1990. Wie hat sich das Prüfgeschäft in dieser langen Zeitspanne verändert?

Andreas Berents: Im Jahr 1990 starteten wir mit 52 Prüfingenieuren und können heute nach 30 Jahren stolz auf über 650 Partner blicken. Heute ist die messbare Qualität weiter in den Vordergrund gerückt. Ein Meilenstein ist die Gründung des Vereins für Qualitätsmanagement in der Fahrzeugüberwachung e.V. im Jahr 2008 und die damit verbundene Verbesserung und Vergleichbarkeit der Qualitätsstandards der Fahrzeugüberwacher. Allerdings hat sich durch die technologische, rechtliche und damit verbundene administrative Entwicklung die Dauer einer Fahrzeuguntersuchung verlängert. Auch der Aufwand im Backoffice ist größer geworden. Insgesamt stieg damit auch der finanzielle Aufwand.

Die Themen Digitalisierung und Cybersicherheit werden in diesem Kontext immer wichtiger – welches sind die aktuell drängendsten Herausforderungen?

Ralf Hilgers: Bereits heute werden sicherheitsrelevante elektronische Systeme im Rahmen der Hauptuntersuchung geprüft. Diese Prüfung erfolgt auch über die elektronische Fahrzeugschnittstelle, die On-Board-Diagnose-Schnittstelle. Eine seit langem diskutierte Forderung ist, dass auch die Softwarestände der sicherheitsrelevanten elektronischen Bauteile und Systeme bei der Hauptuntersuchung mit geprüft werden müssen. Dazu müssen die möglichen Softwarestände dem Prüfingenieur oder amtlich anerkannten Sachverständigen durch die zentrale Stelle zur Prüfung über die elektronische Fahrzeugschnittstelle zur Verfügung gestellt werden. Und natürlich ist auch unsere Forderung nach Prüfung der Fahrzeuge auf Datensicherheit und Datenschutz aktueller denn je. Die Untersuchungskriterien "Ausführung", "Zustand", "Funktion" und "Wirkung" für sicherheitsrelevante elektronische Funktionen sind um die Kriterien IT-Security und Datenschutz zu ergänzen und eindeutig zu bestimmen. In diesem Kontext haben erste Fahrzeughersteller allerdings damit begonnen, bei neuen Fahrzeugmodellen den Zugang zur elektronischen Fahrzeugschnittstelle durch die Einführung von Schutzmechanismen zu beschränken. Die Beschränkungen führen potentiell zu erheblichen ungerechtfertigten Hürden für die Durchführung der Hauptuntersuchung.

Anfang dieses Jahres hätte die Partikelzählung die Opazimeter-Messung ablösen sollen. Der Zeitplan ist aber ein wenig durcheinandergeraten – wo liegen die Schwierigkeiten und wann erwartet die FSP die Umsetzung der Abgasrichtlinie?

Ralf Hilgers: Solange die Gerätespezifikationen noch nicht genau fixiert sind, ist ein Umsetzungstermin nur Spekulation. In diesem Zusammenhang aber auch ein Wunsch an den Verordnungsgeber: Die Doppelbelastung aus Eichen- und Kalibrieren ist für die Betreiber und die Hersteller der Geräte nicht zufriedenstellend und letztendlich geht mit dem erhöhten Aufwand kein Mehrwert für die Messgenauigkeit einher.

Gibt es bereits Partikelzähler im Markt, schließlich ist die Prüfpraxis in anderen europäischen Ländern bereits gang und gäbe?

Ralf Hilgers: Die Messprozedur, der Grenzwert, die AU-Kalibrierrichtlinie und auch der AU-Leitfaden 6 sind bereits weit vorangeschritten bzw. fertig. Auch die Messgerätehersteller haben ihre Hausaufgaben gemacht. Die Messung der Partikelanzahl wird je nach Messgerätehersteller, entweder über das Condensation Particle Counter- bzw. CPC- oder das Diffusion Charger Particle Counter- bzw. DCC-Messprinzip realisiert. Dabei werden die Partikel entweder durch Kondensation in einer gesättigten Umgebung vergrößert und dann optisch detektiert, oder aufgeladen, das heißt ionisiert, anschließend wird der elektrische Strom, welcher durch die geladenen Partikel hervorgerufen wird, gemessen. Erste Geräte für die PTI kommen unseres Wissens bereits im Frühjahr 2021 in den Niederlanden und Belgien zum Einsatz.

Wie beurteilt Ihre Gesellschaft die bereits durchgeführten Neuregelungen der vergangenen Jahre, also die Wiedereinführung der Endrohrprüfung oder die Absenkung der AU-Grenzwerte für Kohlenmonoxid bei Kfz mit Ottomotoren und die Abgastrübung bei Kfz mit Dieselmotoren?

Ralf Hilgers: Diese bisher umgesetzten Neuregelungen haben zu einer wesentlichen Verbesserung der Aussagefähigkeit der Untersuchung des Motormanagement- und Abgasreinigungssystems geführt. Man kann davon ausgehen, dass eine größere Anzahl von Fahrzeugen mit abgasrelevanten Mängeln erst durch die Wiedereinführung der Endrohrmessung und die Anpassung der Grenzwerte für CO und Partikel identifiziert werden konnte. Hochrechnungen sprechen alleine in Deutschland von circa einer Million Pkw. Die Umwelt wurde damit unnötig mit gesundheitsgefährdenden Schadstoffen belastet. Gemeinsam mit anderen Prüforganisationen arbeiten wir an der Entwicklung neuer und aussagekräftiger AU-Prüfmethoden und -inhalte für alle modernen Diesel- und Benzinfahrzeuge mit hocheffizienten Abgasreinigungssystemen ab Euro 6 und unterstützen auch die valide Überprüfung des Partikelausstoßes durch eine Messung der Partikelanzahl.

Herr Berents, Herr Hilgers, vielen Dank für das Interview!

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